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Der verhängnisvolle Urlaub

Der verhängnisvolle Urlaub

Titel: Der verhängnisvolle Urlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verstummte, winkte nachsichtig mit der Hand. Karin nickte dankbar.
    »Ich bin müde«, sagte sie.
    Das konnte Johannes M. Markwart nicht ernst nehmen. Eine Tasse Kaffee werde das rasch ins Lot bringen, meinte er.
    Karin schüttelte den Kopf. Nein, hieß das.
    »Doch, doch«, blieb Markwart hartnäckig, faßte sie unter und bat sie, die Herrschaft über ihr ›Königreich‹, wie er sich pathetisch ausdrückte, anzutreten.
    Unwille zeigte sich in Karins Miene.
    »Nein«, wiederholte sie, »ich bin wirklich müde. Lassen Sie mich in mein Hotel gehen. Morgen können Sie über mich verfügen. Jetzt aber möchte ich schlafen.«
    »Aber Gnädigste, das geht doch nicht!« Markwart hob entsetzt die Arme. »Der Film, die Reporter, das Publikum, alle wollen Sie sehen und –«
    »Morgen, alles morgen«, unterbrach ihn Karin Fabrici, ließ ihn stehen, stieg mit raschen Schritten die Stufen des Podiums hinunter, ging vorbei an erstaunten Männern, die sich genähert und gehofft hatten, ihre Bekanntschaft zu machen, und schlug die Richtung zu ihrem Hotel ein, in dessen Eingang sie bald verschwand, gefolgt von den Blicken all der Sprachlosen, denen sie entwichen war. Auch der Portier im Hotelinneren, an dem sie im Bikini – und deshalb etwas geniert – vorübereilte, fand keine Worte. Er stand mit offenem Mund da und war sich im klaren darüber, daß er das größte Wunder seit Jahren erlebte – eine frisch gewählte ›Miß Nickeroog‹, die ihre Ruhe haben wollte.
    In ihrem Zimmer legte sich Karin so, wie sie war, auf das Bett und starrte empor zur Decke. Sie fragte sich, was mit ihr los war. Gefühle, die sie bisher nicht gekannt hatte, machten ihr zu schaffen. Sie spürte ihr Herz und verstand das nicht. Natürlich war sie realistisch genug, ihre Unsicherheit und Ungewißheit mit jenem Mann in Zusammenhang zu bringen, den sie doch kaum kennengelernt hatte, den sie sich abwechselnd selbst abzulehnen befahl und dann wieder in wachsendem Maße innerlich an sich zog. Aber daß ihr ganzer Zustand etwas völlig Unerwartetes war, etwas Verrücktes, daran zweifelte sie jedenfalls nicht.
    Am besten wäre es, sagte sie sich, ihn nicht wiederzusehen. Dann würde es keine Probleme geben. Probleme wünschte sie sich nämlich keine.
    Karin Fabrici hatte nichts dagegen, mit einem Mann zu schlafen. Dazu sei für sie die Zeit einfach reif, hatte sie schon in Düsseldorf geglaubt. Das müsse jetzt – oder bald – über die Bühne gehen. Ein modernes junges Mädchen könne sich solchen Entwicklungen nicht verschließen.
    Aber Liebe? Im Zusammenhang mit Defloration? Gleich beim erstenmal?
    Nein – nur das nicht!
    Genau das verstand nämlich Karin unter ›Problemen‹.
    Sie wollte sich doch nicht selbst mit ihrer Großmutter in einen Topf werfen, die vor urdenklichen Zeiten …
    Was denn?
    Nun, die vor urdenklichen Zeiten, so ging das Gerücht in der Familie Fabrici, den ersten Mann, mit dem sie schlief, geheiratet hatte, und zwar vorher schon, weil sie ihn liebte. Heiliger Strohsack! Die arme Frau!
    Karin Fabrici, die vielversprechende Enkelin jener Unglücklichen, führte wieder ein lautloses Selbstgespräch.
    Wozu bin ich denn hierhergekommen nach Nickeroog? Warum fuhr ich nicht mit den Eltern nach Kärnten?
    Klare Sache, wozu. Dazu braucht es aber einen Mann. Die Eltern wären dabei nur im Wege gewesen. Das habe ich doch schon oft genug erlebt.
    Einen Mann, ja, den braucht es dazu.
    Einen richtigen.
    Keinen falschen; nicht den nächstbesten; keinen, der einen Buckel hat, schielt oder sich nicht wäscht.
    Aber auch keinen allzu richtigen.
    Keinen, der ›Probleme‹ mit sich bringt.
    Keinen Walter Torgau.
    Also ist es wirklich am besten, ihn nicht wiederzusehen. Doch wie soll das gehen? Nickeroog ist zu klein, als daß man sich nicht unvermeidlich immer wieder über den Weg laufen würde. Es sei denn –
    Karin empfand einen bösen Stich.
    Es sei denn, er ist abgereist.
    Nein!
    Doch!
    Weiß ich denn, ob sein Urlaub nicht schon zu Ende ist?
    Oder ob er ihn nicht vorzeitig abbricht, weil ich ihn vor den Kopf gestoßen habe?
    Aber dann müßte er mich …
    Was denn?
    Lieben?
    Lieben.
    Karin saß plötzlich aufrecht im Bett, wußte nicht, wie das vor sich gegangen war, schlang die Arme um die angezogenen Knie und setzte ihren inneren Monolog fort.
    Ich bin verrückt.
    Wie käme er dazu, mich zu lieben?
    Mich Kratzbürste.
    Und überhaupt, er kennt mich so wenig wie ich ihn. Er weiß nicht, woher ich komme und was ich mache.
    Was mache ich

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