Der verhängnisvolle Urlaub
in die Hände fiel, denken sollst.«
Krahn nickte und blickte Mimmi Fabrici an.
»Eine Karriere beim Film ist natürlich etwas sehr Verlockendes, Frau Fabrici«, meinte er dann, nachdem er sich noch einmal geräuspert hatte, und es war ganz offensichtlich, daß er von ihr Widerspruch erwartete, als er dies sagte. Doch ein solcher kam nicht.
»Ich könnte es von einem Mädchen verstehen, wenn es dem gegenüber alles andere zurückstellen würde« unternahm er einen zweiten Anlauf, der jedoch auch zum Scheitern verurteilt war.
»Sprechen Sie von meiner Tochter?« antwortete Mimmi kühl.
»Natürlich, Frau Fabrici, von Karin.«
»Dann ist es ja gut.«
»Was ist gut?«
»Das sie das von ihr verstehen werden.«
Geschlagen verstummte Peter Krahn, der tüchtige junge Metzger, der eine Schweineschulter von einem Schlegel zu unterscheiden wußte, aber Tolstoi nicht von Dostojewski, und dadurch nicht den Ansprüchen Mimmis genügte. Sein Blick wanderte hilfesuchend zu Paul Fabrici, dessen Zigarre dicke, drohende Wolken aussandte, wenn er an ihr zog.
In diesem Augenblick schellte das Telefon im Arbeitszimmer. Man hörte es durch zwei Türen. Automatisch erhob sich Paul Fabrici, der immer dazu neigte, auf einen geschäftlichen Anruf zu schließen, den er nicht versäumen wollte. Auch Peter Krahn wollte aufstehen, um mit Fabrici das Zimmer zu verlassen, wurde jedoch von diesem daran gehindert.
»Du bleibst sitzen«, sagte Paul zu ihm. »Ich bin gleich wieder da.«
Die Gelegenheit schien Mimmi günstig, dem jungen Mann die Illusionen, die er immer noch hegen mochte, zu zerstören.
»Herr Krahn«, sagte sie frei heraus, »Karin ist keine Frau für Sie. Es ist wirklich das beste, wenn Sie das möglichst rasch einsehen.«
Stumm blickte er sie an.
»Sie können so viele Mädchen haben«, fuhr sie fort. »Sie sind jung, gesund, tüchtig, sehen gut aus, haben Geld, ihnen steht die Welt offen, Sie gehören zu den begehrtesten Junggesellen Düsseldorfs – also greifen Sie doch zu, wählen Sie!«
»Das will ich ja, Frau Fabrici«, sagte Peter errötend.
»So?« Mimmi freute sich, weiterer Bemühungen enthoben zu sein. »Wen denn?«
»Karin.«
Mimmis Miene verschattete sich wieder.
»Aber ich sage Ihnen doch, daß das nicht in Frage kommt.«
»Warum nicht? Ihren eigenen Worten nach bin ich doch eine Partie, die –«
»Herr Krahn«, unterbrach ihn Mimmi, »zwingen Sie mich nicht zu einer Deutlichkeit, die ich gerne vermieden hätte.«
Langsam schwoll auch ihm der Kamm. Er hatte es nicht nötig, sich hier so behandeln zu lassen.
»Nur raus mit der Sprache, Frau Fabrici!« stieß er hervor.
»Lieber nicht.«
»Doch, doch, ich kann mir ja denken, was Ihnen auf der Zunge schwebt.«
Mimmi zögerte nur kurz, ehe sie erwiderte: »Also gut, ich habe Ihnen gesagt, daß Karin keine Frau für Sie ist. Ich hätte aber besser sagen sollen, daß Sie kein Mann für Karin sind. Der Maßstab, den meine Tochter anlegen kann, ist einfach … für den sind Sie einfach … sind Sie einfach …«
Das Wort wollte ihr nun doch nicht über die Lippen, aber er half ihr, indem er einfiel: »… zu primitiv, nicht?«
Getreu dem Sprichwort, daß keine Antwort auch eine Antwort sei, blickte sie ihn schweigend an.
»Aber Ihrem Mann, Frau Fabrici«, sagte er nach einer Weile, »bin ich das nicht.«
»Was sind Sie dem nicht?«
»Zu primitiv.«
»Bei meinem Mann«, scheute sich Mimmi nicht zu sagen, »ist das kein Wunder. Wenn er nicht ständig zwischen Ihnen und Karin sozusagen am Einfädeln wäre, säßen Sie ja gar nicht hier. Dann wären Sie überhaupt noch nie auf die Idee gekommen, sich meine Tochter in den Kopf zu setzen …«
Ein Wasserfall löste sich in Mimmi. Sie sprudelte los: »Sind Sie sich denn im klaren, was das heißt? Die größte deutsche Illustrierte bringt eine solche Veröffentlichung. Millionen sehen die Fotos von Karin, lesen, was sich ereignet hat. Sie sind entzückt. Der Nachweis ist geliefert, daß Karin eines der schönsten Mädchen ist, die's überhaupt gibt. Daß sie daneben auch ein intelligentes, gebildetes Mädchen mit Abitur ist, erfährt die Öffentlichkeit ebenfalls. Jederzeit, wenn sie will, kann sie ihr Studium fortsetzen. Ich bin so stolz auf sie, und ich weiß, daß es jetzt darauf ankommt, aufzupassen, daß sie ihren Weg macht, einen anderen, als es der meine war. Erst stand ich jahrelang hinter dem Ladentisch, dann verlangte mein Mann sogar auch noch, daß ich Buchhaltung nachlernte, damit eine
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