Der verkaufte Patient
wollten, dass der handelnde Vorstand mit offenkundiger politischer Rückendeckung Millionenprojekte anschob, ohne den »Aufsichtsrat« über die Geschäftsvorgänge zu informieren. Man war dem Vorstand – man kann es nicht anders ausdrücken – auf die Schliche gekommen …
Hassobjekt KV
Ich kenne kaum eine Organisation, die bei denen, die sie vertreten soll, eine solche Bugwelle von Antipathie auslöst wie die Kassenärztliche Vereinigung bei den Kassenärzten. »Wie denn das?«, lautete vor einem guten Jahr meine erste Frage an Ärzte: »Ist das denn keine Standesvertretung?« Ich musste den Kopf einziehen – so sehr wurde ich überschüttet mit Fakten, Vermutungen und Belehrungen, die vorerst allerdings nur in einer Erkenntnis mündeten: Dort steht der Feind!
Von Lämmern und Schlachtern
Ich machte mich ein wenig schlau und erfuhr, dass eine KV eine Einrichtung ist, zu der automatisch alle Ärzte und psychologischenPsychotherapeuten gehören, die zur ambulanten Behandlung zugelassen sind. Es gibt 17 regionale Kassenärztliche Vereinigungen (etwa KV Bayern) und eine Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die allerdings keine Weisungsbefugnis hat. Alle KVen in den Bundesländern unterstehen der Aufsicht der Ländersozialministerien, die Bundesvereinigung dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG).
Die Hauptaufgabe einer KV besteht nach § 75 SGB V in der »Sicherstellung der ambulanten kassenärztlichen Versorgung« sowie in der »Vertretung der Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen« und in der »Überwachung der Pflichten der Vertragsärzte«. In dieser Aufgabenbeschreibung erkennt man schon, dass sich hier nicht die
Sänger
im
Sängerbund
finden. Insofern ist der Name irreführend. In der Sache handelt es sich nämlich weniger um eine
Kassenärztliche Vereinigung
als um eine
Kassenärztliche Kontrollbehörde
. Wiewohl von Ärzten geführt, mit Ärzten bestückt und von Ärzten mit nicht unerheblichen Mitteln direkt finanziert, wird die KV von Kassenärzten als »die andere Seite« wahrgenommen – das politisch-strategische Instrument, das sich gegen die eigenen Leute kehrt, »die willfährigen Vollstrecker« des Bundesministeriums für Gesundheit.
Die Kontrolletis von der KV punkten aber auch sonst nicht berauschend. Und das, obwohl sie sich an einer anderen Ecke Freunde bei den Ärzten machen könnten: Eine weitere Aufgabe der KVen besteht nämlich darin, per Vertrag mit den gesetzlichen Krankenkassen für eine angemessene Honorierung der freien, niedergelassenen Ärzte zu sorgen. Dieser Aufgabe scheinen die KVen nicht sonderlich zufriedenstellend nachzukommen. Unter heftigem Kopfnicken und Beifallsbekundungen anwesender Kollegen formulierte ein Arzt das Bonmot: »Wir freien, niedergelassenen Ärzte sind die einzigen Lämmer, die gezwungen werden, ihren Schlachter zu finanzieren.«
KV-Mann zu sein – ein hartes Los. Nicht einmal die Politik mag sie so richtig vorbehaltlos. Bei den KVen, heißt es schon einmal von Politikerseite, handle es sich um »Wettbewerb verhindernde Monopole und Kartelle«.
Hintersinniger Ausflug in die Juristerei
Was sind das denn nun wieder für Begriffe aus den halbkrimininellen Randbezirken der Volkswirtschaft? Bei einer KV handelt es sich eindeutig um eine
Körperschaft des öffentlichen Rechts
und nicht um einen zweifelhaften, gierig die Märkte erobernden und beherrschenden Trust. Für uns Nichtjuristen habe ich schnell nachgeschaut: Eine KöR verdankt ihre Rechtssubjektivität nicht der Privatautonomie, sondern einem
hoheitlichen Akt
. Wow! Will sagen: Karl und Lieschen können gründen, was sie wollen – eine KöR wird es nie und nimmer! Vater Staat selbst muss in einem
hoheitlichen Akt
eingreifen, er ist letztlich der Träger der Gewalt; ja auch in Körperschaften der Selbstverwaltung, in denen Betroffene (etwa in Gemeinden oder Kammern) ihre Dinge selbst regeln, insofern sie keine direkten Organe des Staates sind, sind die Träger dieser Selbstverwaltungsaufgaben
Teil der öffentlichen Gewalt
. KöRs – so kann man es vielleicht sagen – sind Treuhänder; sie dürfen keine Geschäfte betreiben und keine Gewinne machen. Sie sollen einfach anvertrautes Gut sachgerecht verwalten. (Ich langweile Sie mit diesen Spitzfindigkeiten übrigens nur, weil es spitze ist, was ich gefunden habe – Sie werden schon noch sehen!) Die Kehrseite der Medaille: Der Staat hat eine ganz besondere
Rechtsaufsicht
über diese Einrichtungen. Er steht im
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