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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Amerikaner, und da er kein Gepäck schleppte, nahm jeder an, er sei nur schnell mal weggegangen und kehre jetzt in die Reihe zurück. So protestierte auch niemand, sondern man ärgerte sich nur über die langsame Abfertigung am Schalter.
    Tawan war bis in den letzten Muskel gespannt wie eine Schlange kurz vor dem Biß. Dreimal wartete er, als die Jacke wieder hochrutschte; beim vierten Mal zuckten seine Finger zu, zogen die Geldbörse aus der Gesäßtasche und ließen sie in seinem Seidenanzug verschwinden. Der fröhliche Amerikaner bog sich gerade vor Lachen über einen von ihm erzählten Witz, die Umstehenden lachten mit, die Ablenkung war vollkommen.
    Ruhig, in vornehmer Gelassenheit, verließ Tawan die Reihe, durchquerte die Abflughalle, trat auf die Straße und lief erst dann auf Subhashs Taxi zu. Es wartete mit offener Tür und laufendem Motor.
    Subhash machte einen rasanten Start und gliederte sich dann in den dichten Straßenverkehr ein. Das Wichtigste war, vom Flughafen wegzukommen. Jetzt, im Gewühl der anderen Fahrzeuge, war man sicher.
    »Wie war's?« fragte Subhash über die Schulter hinweg.
    »Leicht wie immer.«
    »Wieder zur Punjab National Bank?«
    »Wie immer. Du fragst jedesmal das Gleiche.«
    »Wieviel ist es?«
    »Das wird die Bank zählen. Auf jeden Fall hat es sich gelohnt.«
    Am Schalter im Flughafen entstand plötzlich Bewegung. Der Amerikaner sagte gerade: »Und jetzt zeige ich euch meine Frau. Wenn keine Sonne scheint, lasse ich sie durchs Haus gehen, und alles glänzt!« Lachen, Händeklatschen. Der Witzeerzähler griff in seine Gesäßtasche, um das Portemonnaie, in dem auch ein Foto der schönen Frau stak, herauszuholen, und griff ins Leere. Er stutzte einen Augenblick, griff noch einmal zu und wurde plötzlich hochrot im Gesicht. »Man hat mich beklaut!« schrie er. »Mein Portemonnaie ist weg! Vor einer Viertelstunde habe ich mir noch eine Cola gekauft, da war's noch da! Man hat mich bestohlen! Polizei!«
    »Lassen Sie das.« Ein Mitreisender legte die Hand begütigend auf den Arm des Bestohlenen. »Die Polizei nutzt Ihnen gar nichts. Die lächelt nur. Der Dieb ist längst verschwunden. Sie werden nur ein Name in einer langen Liste sein. Beruhigen Sie sich.«
    Der Amerikaner aber beruhigte sich nicht. »O dieses Kalkutta!« brüllte er. »Dieses Scheiß-Kalkutta! Was bin ich froh, morgen wieder in New York zu sein!«
    Der Kassierer der Punjab National Bank war schon unruhig geworden, weil sein guter Kunde Alipur noch nicht gekommen war. Er strahlte über das ganze Gesicht, als er ihn jetzt die Bank betreten sah. Alles in Ordnung. Er ist nicht krank geworden. »Guten Tag, Sir!« rief der Kassierer. »Ich habe Sie schon vermißt. Was kann ich für Sie tun?«
    Tawan schob ihm das Bündel Dollarscheine zu, das er seinem Portemonnaie entnommen hatte.
    Der Kassierer zählte schnell durch. »Fünftausendsiebenhundertfünfundvierzig Dollar«, sagte er dann. »Ein guter Tag, Sir.«
    »Ja. Die Börse war heute sehr lebhaft«, antwortete Tawan in näselndem Ton.
    »Wieder wechseln in Rupien?«
    »Natürlich, wie immer.«
    »Ich mache Sie noch einmal darauf aufmerksam, daß ein Devisenkonto –«
    »Ich weiß, ich weiß. Ich möchte es aber in Rupien.«
    Der Kassierer nickte. Er war etwas irritiert. Ein so erfolgreicher Börsenspekulant und dann so kurzsichtig! Wie paßte das zusammen? Er stellte die Einzahlungsquittung aus und sah Tawan mit einem Kopfschütteln nach, als dieser die Bank verließ.
    Der obligatorische Blick in seine alte Behausung an der Hauswand der Bank brachte Tawan nichts. Shakir, der zerlumpte Student, war nicht unter dem Holzdach. Ein Leichtsinn! Wie einfach war es, jetzt Kochtopf oder Kocher zu stehlen, die Öllampe oder die Decken. Tawan widerstand der Versuchung, den Kochtopf mitzunehmen, zwar nur als Warnung, denn er würde ihn morgen zurückbringen, aber dann sagte er sich, daß er als ein vornehmer Mann unmöglich in einem Seidenanzug mit einem zerbeulten, alten Kochtopf unter einem Holzdach hervorkommen konnte. Um aber zu zeigen, daß er hier gewesen war, legte er einen Zehn-Rupien-Schein in den Topf.
    Subhash fuhr mit seinem Taxi zum Fluß und hielt dort an einer Hafenanlage. Um sie herum ragten die Kräne wie stählerne Totenfinger in den Himmel.
    »Wieviel?« fragte Subhash.
    »Fünftausendsiebenhundertfünfundvierzig Dollar.«
    »Gratuliere. Der bisher beste Fang.« Subhash rieb sich die Hände. »Wenn das so weitergeht, kaufe ich mir einen zweiten Wagen und werde

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