Der verkaufte Tod
Fahrer der Welt oder nicht, Sir?« fragte er.
»Sie sind unvergleichlich«, sagte Burten und meinte das ernst. So einen Fahrer gab es nicht wieder. Kein anderer fährt zwischen den Beinen des Todes hindurch.
Burten gab dem vor Staunen stummen Inder zehn Dollar, ließ seinen Koffer in die Eingangshalle der Klinik tragen und atmete tief aus, als der Taxifahrer zu seinem lebensgefährlichen Auto zurückkehrte.
Aus einem gläsernen Zimmer kam ein Mädchen in weißer Schwesterntracht auf ihn zu und musterte ihn kurz mit ihren großen braunen Augen. »Guten Tag. Sind Sie angemeldet, Sir?« fragte sie. Ihre Stimme war wie ein Gesang.
»Ja.« Burten warf einen bewundernden Rundblick durch die Halle. Leybourg hatte nicht übertrieben: Das war mehr ein indischer Palast als ein Krankenhaus. Marmor, Glas, Mosaiken, geschnitzte, vergoldete Rundbögen, ab und zu ein in Weiß gekleideter Mensch, der lautlos dahinhuschte. »Dr. Banda erwartet mich.«
»Ihr Name, Sir?«
»Edward Burten aus New York.«
Das Mädchen lächelte mit einem umwerfenden Charme. »Kommen Sie bitte mit, Sir.« In dem gläsernen Zimmer öffnete sie einen Karteischrank, dessen Schlüssel sie an einer Kette in der Kitteltasche trug. Sie fand sofort die Karteikarte von Edward Burten, hielt sie ihm vor die Augen und schien sich wie ein Kind über ein Geschenk zu freuen. »Da haben wir sie«, sagte sie. »Sie beziehen Zimmer Nummer 9 im ersten Flur. Ein sehr schönes Zimmer mit einer eigenen kleinen Terrasse zum Park.« Sie drückte auf einen Knopf der Telefonanlage. »Schwester Myriam wird sofort kommen, Sir. Sie wird Sie von jetzt an betreuen.«
Und wirklich: Plötzlich stand lautlos eine andere Frau im Raum, ebenso schön wie das Mädchen vom Empfang. Dr. Banda wußte, was eine schnelle Heilung positiv beeinflußt. Auge, Herz und Seele sind oft wichtiger als Medikamente und Injektionen. Auch wenn Dr. Bandas Schwestern unangreifbar waren – Jeff hatte das natürlich ausprobiert und sich nur ein Lachen eingehandelt, das Tödlichste, was einem Mann passieren kann –, allein die Gegenwart dieser immer lächelnden Engel weckte neuen Lebensmut.
Zimmer 9 war von der Art, wie ein Radscha es sich wünschte. Der Blick in den tropischen, üppigen Park mit einem hohen Springbrunnen, die Terrasse, die gesamte Einrichtung aus handgeschnitzten Möbeln, die Teppiche und seidenen Vorhänge – es war ein Luxus, den Burten in dieser Art noch nicht gesehen hatte. Nur eines störte: das Bett. Es war ein Roll- und Hebebett, mit einem chromblitzenden Galgen für Infusionen und einem Hochziehbügel, ein Krankenbett, wie es in allen großen Krankenhäusern steht. Es war das einzige Möbelstück, das daran erinnerte, daß man in einer Klinik war.
Burten trat auf die Terrasse und blickte in den Park hinein. Die Luft flimmerte vor Hitze, und ab und zu leuchtete der Wasserstrahl der Fontäne in den Regenbogenfarben, wenn das Wasser wie ein glitzerndes Gespinst in das Brunnenbecken zurückfiel.
Burten dachte daran, daß er Lora versprochen hatte, sofort nach seiner Ankunft in Kalkutta anzurufen, und kehrte ins Zimmer zurück. Dort stand, neben der Sitzgarnitur, bespannt mit schwerer Brokatseide, ein junger, hochgewachsener Mann im weißen Arztkittel.
Er verneigte sich leicht und stellte sich vor. »Ich bin Dr. Sedha Entali. Ich stehe Ihnen für die Zeit Ihres Aufenthaltes bei uns jederzeit zur Verfügung, Sir. Ich werde Sie nach der Operation betreuen.«
»Das freut mich.« Burten gab dem jungen Arzt die Hand. Donnerwetter, dachte er dabei. Eine Schwester und ein Arzt für mich allein, das gibt's auf der ganzen Welt nicht wieder. »Wann geht's los?«
»Heute sollen Sie sich erholen und akklimatisieren, Sir.« Dr. Entali zog einen Zettel aus der Tasche. »Morgen beginnen die Labortests, am Nachmittag Dialyse.«
»Stimmt! Die ist ja fällig.«
»Übermorgen Untersuchungen durch den Chef, wenn wir alle Laborwerte vorliegen haben. Der Chef entscheidet dann über die Operation.«
»Vorher sehe ich Dr. Banda nicht?« Burten war ein wenig enttäuscht. Er hatte gehofft, den Wunderchirurgen heute noch zu sehen.
»Der Chef ist heute und morgen auf einem Kongreß in Delhi.« Dr. Entali sagte das so voller Ehrfurcht, daß Burten die Augenbrauen hob. »Er hält einen Vortrag über neue Operationstechniken bei Dickdarmkrebs.«
»Das operiert er auch?« Burten sah Dr. Entali verblüfft an. »Ich denke, Dr. Banda ist ein Nierenspezialist.«
»Der Chef ist ein Spezialist auf allen
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