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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein vollgültiger Mensch. Die Slums klebten nicht mehr an ihm. »Was kann denn noch geschehen?«
    »Vieles. Eine Infektion, Wundfieber, innere Blutungen, wenn eine Ligatur nicht richtig sitzt, Entzündungen – es ist vieles möglich, auch wenn Sie unter den besten Bedingungen, wie sie sogar amerikanische Kliniken nicht haben, operiert wurden. Der Mensch ist kein genormtes Wesen, jeder reagiert anders.«
    Auch wenn Tawan nur die Hälfte davon verstand, was der Arzt sagte, er nickte und war glücklich, daß ein so kluger Mann mit ihm sprach, als sei er seinesgleichen. Er dachte an die beiden rüpelhaften Pfleger, die er bei seinem Kommen erlebt hatte, überlegte, ob er sich über sie beschweren solle, aber dann drückte er den Gedanken weg. Es bringt nur Ärger, und geschehen wird nichts. Verlaß die Klinik wie ein Herr und strafe diese kleinen Quäler mit Mißachtung.
    Als er wieder zurück in seine Abstellkammer gerollt wurde, wirkte das Glücksgefühl, ein Mr. Alipur zu sein, noch nach. »Ein freundlicher Arzt«, sagte er zu dem Pfleger. »Wie heißt er?«
    »Dr. Sudra Kasba. Warum?«
    »Ich will ihm etwas schenken. Er ist so anders als die anderen Ärzte.«
    »Dr. Kasba wurde in den Slums geboren«, sagte der Pfleger. »Er hat das nicht vergessen.«
    »In den Slums! Und er ist Arzt geworden? Wie geht das?«
    »Ein englischer Offizier, der Liebhaber seiner Mutter, hat ihn mit vier Jahren zu sich genommen und wie den eigenen Sohn erzogen. Dr. Kasba hat im Cambridge, Paris, Boston und Freiburg – das liegt in Deutschland – studiert.«
    »Und so ein großer Mann ist ein einfacher Arzt bei Dr. Banda?«
    »Schicksal.« Der Pfleger hob bedauernd die Schultern. »Dr. Kasba hat einen Fehler, den bisher keiner heilen konnte, er säuft! Er ist ein Alkoholiker. Es gibt Tage, da liegt er irgendwo herum, sinnlos betrunken, als wäre er noch in den Slums. Und dann, von heute auf morgen, ist er wieder das Genie und operiert fast so gut wie der Chef. An die versoffenen Tage kann er sich nicht mehr erinnern. Wir alle bedauern ihn.«
    Am vierten Tag nach der Operation bewies Chandra Kashi, daß er doch ein guter, ehrlicher Mensch war, denn Unehrlichkeit spricht sich sehr schnell unter den Ärmsten herum, den Lieferanten für Kashis Organhandel. Wenn keiner mehr kam, um seine Niere zu verkaufen oder seine Augenhornhaut, konnte Kashi sein ›Labor‹ schließen.
    Ein Angestellter Chandra Kashis erschien in der Klinik, fragte nach Tawan Alipur, zeigte einen Ausweis, ausgestellt von der Banda-Klinik, und wurde von einer Schwester unters Dach zu der staubigen Kammer geführt. Tawan saß im Bett, gestützt durch das hochgeklappte Rückenteil des Bettes, und langweilte sich sehr. Bis auf den Pfleger, der ihm das Essen brachte, war er den ganzen Tag allein und unterhielt sich damit, daß er sich immer wieder ausmalte, wie in Kürze das Leben sein würde, ohne schwere Arbeit, ohne Vinjas Betteln und ohne das Durchwühlen der Müllberge.
    »Einen schönen Gruß von Chandra Kashi«, sagte der Angestellte, als die Schwester die Kammer verlassen hatte. Er griff in seine Rocktasche und legte ein Kuvert in Tawans Schoß. »Die vereinbarte Summe. Zähl nach, und dann unterschreib eine Quittung.«
    Mit zitternden Händen öffnete Tawan das Kuvert. Er hatte noch nie so viel Geld zwischen den Fingern gehabt, selbst in seinen Träumen nicht, in denen immer wieder das Bild eines wohlhabenden Mannes geisterte. Der Traum aller Slumbewohner war, in einem richtigen Zimmer und in einem richtigen Bett zu schlafen. Aber Geld, viel Geld in den Händen zu halten, das hatte er nie geträumt.
    Da er nicht lesen und nicht schreiben konnte, tat Tawan so, als könne er zählen, und ließ die Scheine durch seine Finger gleiten. Es war ein Genuß, sie zu fühlen und sich dabei zu sagen: Sie gehören mir! Mir allein! Niemand kann sie mir mehr wegnehmen! Ist es nicht merkwürdig, daß so ein paar Stückchen bedrucktes Papier ein neues Leben bedeuten?
    Chandra Kashis Bote stand ungeduldig neben dem Bett und wartete, bis Tawan mit dem langsamen Zählen zu Ende war. Er zückte einen Briefbogen und schob ihn Tawan zu. »Es muß alles seine Ordnung haben«, sagte er dabei. »Unterschreib die Quittung.«
    Tawan nahm den ebenfalls dargebotenen Kugelschreiber und starrte auf das Papier. »Ich kann nicht schreiben«, sagte er zögernd. »Ich habe es nie gelernt. Ich mußte schon als kleines Kind arbeiten, um nicht zu verhungern. Sattsein war wichtiger als die Schule.«
    »Dann

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