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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schwere Gedanken, die ihn bedrückten, aber er wagte nicht, Dr. Kasba nach seinem Geld zu fragen.
    Am zehnten Tag nach der Operation kam Dr. Kasba ins Zimmer und legte das Päckchen in Zeitungspapier auf den Tisch. »Ihr Geld, Mr. Alipur. Sie werden heute mittag entlassen. Passen Sie gut auf es auf und fangen Sie was Vernünftiges damit an. Haben Sie schon Pläne?«
    »Nein.« Tawan schüttelte den Kopf. Er hatte in den vergangen Tagen immer und immer wieder nachgedacht, was er nun beginnen sollte, und wußte nach allem Nachdenken noch weniger, was er mit dreißigtausend Rupien anfangen konnte. Er hatte nichts gelernt, er konnte nicht lesen und nicht schreiben, er konnte nur Lasten schleppen und beherrschte die Fingerfertigkeit, ausländischen Touristen unbemerkt Geldbörsen aus der Gesäßtasche zu holen. Das war keine Ausgangsbasis für einen seriösen Geschäftsmann, der Tawan werden wollte. »Ich überlege noch. Können Sie mir einen Rat geben, Dr. Kasba?«
    »Woran haben Sie Spaß?«
    »Ich weiß es nicht. Was ich bisher getan habe, war nie ein Spaß.«
    »Sie waren doch auch ein Taschendieb?« Und als Tawan mit der Antwort zögerte, lachte Dr. Kasba laut. »Zieren Sie sich nicht, Mr. Alipur. Wir aus den Slums waren alle mal Taschendiebe, ich auch, bis zu meinem neunten Lebensjahr. Ich habe sogar später noch die Diener und Köchinnen meines Ziehvaters bestohlen. Mein Rat: Klauen Sie sich ein Zusatzkapital zusammen, und wenn Sie hunderttausend Rupien haben, machen Sie einen Handel auf. Handeln kann man nur, wenn man Ware hat, und Ware muß im voraus bezahlt werden, also brauchen Sie ein anständiges Startkapital. Dreißigtausend Rupien sind da zu wenig. Sie müssen richtig einsteigen, ins Volle, wie man so sagt. Nicht mit einem Seidenschal anfangen, sondern gleich mit einem Ballen Seide. Der Kunde muß sehen: Das ist kein armseliger Krämer, sondern ein Geschäftsmann.«
    »Ich werde über diesen Rat nachdenken, Herr Doktor«, sagte Tawan zurückhaltend. »Sie sind ein gelehrter Mann, von dem man viel lernen kann.«
    »Lassen Sie wieder von sich hören.« Dr. Kasba streckte Tawan die Hand entgegen.
    Mit einem inneren Beben griff Tawan zu – es war das erste Mal in seinem Leben, daß ein richtiger Herr ihm die Hand reichte.
    »Ich bin an Ihrem weiteren Leben interessiert.«
    »Ich werde mich melden, Herr Doktor. Und … und ewigen Dank!« Plötzlich zog Tawan Dr. Kasbas Hand mit einem Ruck an sich, beugte sich darüber und küßte sie.
    Kasba riß sie fast brutal weg. »Lassen Sie das!« sagte er ärgerlich. »Tawan, darauf sollten Sie in Zukunft verzichten. Sie müssen sich einen Stolz angewöhnen, sich mit einer Jacke aus Selbstbewußtsein kleiden, nur so kommen Sie weiter. Küssen Sie keine Hände, sondern stoßen Sie mit den Ellenbogen um sich.«
    »Auch das habe ich gelernt.« Tawan richtete sich wieder auf. »Im Hafen kommt man nur mit der Faust weiter.«
    »Sie werden es schaffen, Mr. Alipur.« Dr. Kasba ging zur Tür und nickte ihm noch einmal zu. »Sie haben die beste Ausbildung, die es gibt: den Überlebenskampf in den Slums.«
    Am frühen Nachmittag erschienen Randa und Dupur im Zimmer 28. Der Dicke rieb sich grinsend die Hände, während der Lange Tawan haßerfüllt anstarrte. Der Stationsarzt und die Stationsschwester ließen sich nicht blicken.
    »Es ist soweit«, sagte Dupur genußvoll. »Du brauchst nicht mehr in unsere Betten zu furzen. Jetzt fliegst du raus und kannst wieder den Gestank der Gosse aufnehmen.«
    Tawan antwortete nicht. Nur ruhig sein, sagte er sich. Ganz ruhig. Verlaß so schnell wie möglich diese Klinik ohne eine Prügelei. Du kannst kein Kung-Fu wie Dr. Kasba und bist Dupur unterlegen. Außerdem hast du eine große Narbe, wo einmal deine linke Niere war. Ein Pflaster klebt jetzt darauf, es ist eine schöne, feste Narbe, aber weiß man, ob sie nicht wieder aufplatzt, wenn es zu einer Schlägerei kommt? Noch ist alles zu frisch; es sind ja nur zehn Tage her, daß man dich aufgeschnitten hat.
    »Ich geh' ja schon«, sagte er. Eine Stunde vorher hatte man ihm seine Kleidung gebracht, die Hose, das Hemd, die Schuhe, alles desinfiziert, die Unterwäsche gewaschen. Das Messer hatte er im Rücken in den Hosenbund gesteckt, nur den kurzen Griff sah man. Das Geld trug er in der Hosentasche.
    »Wir begleiten dich.« Dupur gab die Tür frei und schob seinen massigen Körper zur Seite. Auf alles gefaßt, auf jeden hinterhältigen Angriff vorbereitet, ging Tawan an ihm und Randa vorbei aus

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