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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in dem schönen, neuen Bett und blickte auf ein Gartenstück mit blühenden Büschen und Blumenrabatten hinaus.
    Die Stationsschwester stand an der offenen Tür und stürzte dem Arzt entgegen, als dieser um die Biegung des Ganges kam. »Was ist?« rief sie. »Was hat er gesagt?«
    »Nichts.«
    »Nichts? Aber –«
    »Er schiebt alles dem Chef zu. Er soll entscheiden.«
    »Als ob sich der Chef mit so etwas abgibt!« Die Schwester, sonst auf Lautlosigkeit programmiert, bekam eine schrille Stimme. »Das wird jetzt unsere Entscheidung. Ich rufe Randa und Dupur, dann geht alles sehr schnell.« Sie lief in ihr Stationszimmer, warf die Tür zu und griff zum Telefon.
    Dr. Kasba stand an dem großen Fenster zum Garten und blickte hinaus. Er wartete. Er ahnte, was auf ihn zukam, aber er empfand keinerlei Angst. Er hatte einen solchen Augenblick immer herbeigewünscht, seit zwei Jahren schon, eine Kraftprobe zwischen ihm und denjenigen Angehörigen des Personals, die glaubten, eine höhere Kaste zu sein, nur weil sie weiße Hosen, weiße Schuhe und weiße Kittel trugen.
    Tawan spürte mit dem Instinkt eines immer getretenen Tieres, daß sich etwas Gewalttätiges zusammenbraute. »Sie werden Schwierigkeiten bekommen, nicht wahr, Herr Doktor?« fragte er. »Meinetwegen Schwierigkeiten, das will ich nicht. Bringen Sie mich in mein altes Zimmer zurück. Ich habe mich dort wohlgefühlt.«
    »Wir bleiben hier, Tawan.«
    Dr. Kasba sagte ›wir‹. Es war, als gäbe er Tawan die Hand und sagte: »Du bist mein Freund, wir gehören zusammen.«
    »Haben Sie Angst?«
    »Ein wenig schon. Ich habe mein Messer nicht bei mir.«
    »Ein Messer? Was wollen Sie mit einem Messer?«
    »Es hat mir oft geholfen. Erinnern Sie sich, wie wichtig ein gutes Messer in den Slums war? Man kann damit nicht nur schneiden, sondern auch stechen! Und ich habe ein gutes Messer, beidseitig geschliffen.«
    »Wo ist es jetzt?«
    »In dem anderen Zimmer. Hinter dem Stapel der alten Matratzen.«
    »Und was haben Sie in dem Zeitungspapier, das Sie mit ins Bett genommen haben?«
    »Den Kaufpreis für meine Niere.«
    »Wieviel?«
    »Dreißigtausend Rupien«, sagte Tawan zögernd.
    »Und die tragen Sie so mit sich herum?«
    »Wo soll ich sie sonst lassen, Herr Doktor?«
    »Haben Sie keine Angst, daß man Ihnen nachts eins über den Schädel haut und das Geld stiehlt?« Dr. Kasba schüttelte den Kopf. »Wer weiß von dem Geld?«
    »Nur Sie, Herr Doktor.«
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Geben Sie mir das Geld zur Aufbewahrung. Bei mir ist es sicher. Wenn Sie entlassen werden, bekommen Sie es wieder.«
    Tawan zögerte. Soll ich oder soll ich nicht? Die Gedanken jagten durch seinen Kopf. Er ist ein Säufer, heißt es. Was tue ich, wenn er mein Geld versäuft? Kann ich ihm vertrauen? Wenn er mein Geld ausgegeben hat, bekomme ich es nie wieder. Was habe ich davon, wenn man ihn später bestraft? Ich bin dann wieder ein armer Mann und habe auch noch eine Niere weniger! Wie soll ich mich entscheiden?
    Dr. Kasba schien Tawans Gedanken zu erraten. »Ich will Ihnen nur helfen«, sagte er und drehte sich vom Fenster zu Tawan um. »Wenn ich Ihr Geld veruntreue, können Sie mich mit Ihrem Messer abstechen.«
    »Was hätte ich davon?«
    »Da gebe ich Ihnen recht.«
    »Nehmen Sie es, Herr Doktor.« Tawan holte unter seinem Gesäß das Päckchen aus Zeitungspapier hervor.
    Dr. Kasba nahm es an sich und steckte es in die Tasche seines weißen Arztkittels.
    »Ich habe Vertrauen zu Ihnen.«
    »Danke.«
    Mit einem Ruck wurde die Zimmertür aufgerissen. Die Pfleger Randa und Dupur wuchteten ins Zimmer; es waren die beiden Pfleger, die Tawan empfangen und als erste behandelt hatten, im Badezimmer und bei der Vorbereitung zur Operation. Er hatte sie dann nicht mehr gesehen, aber als sie jetzt eintraten, der fuchsgesichtige Lange und der rabiate Dicke, zog Tawan unwillkürlich den Kopf ein. Dr. Kasba lächelte, wie Tawan erstaunt feststellte.
    »Die ungleichen Zwillinge!« sagte Dr. Kasba und verbarg seine Hände hinter dem Rücken. Völlig wehrlos, so schien es, stand er vor den beiden gefürchteten Pflegern. »Ich nehme an, Sie wollen den Patienten Tawan Alipur abholen.«
    »Wir wollen diesem Affen nur zeigen, daß er sich verlaufen hat.« Der Dicke, den sie Dupur nannten, kam einen Schritt näher.
    Dr. Kasbas Lächeln wurde noch breiter. »Ihr vergeßt, daß der Affe an meiner Hand hierher gekommen ist.«
    »Doktor, machen Sie keinen Scheiß!« rief der Lange warnend. »Sie können uns nicht

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