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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hinauswerfen. Man wird uns gar nicht hineinlassen.«
    »Im Gegenteil: Man wird uns das beste Zimmer geben.«
    »Nur wegen des Anzugs?«
    »Ja. So ein Anzug öffnet alle Türen.« Plötzlich kam Tawan ein Gedanke, und er lächelte vor sich hin. »Bleib hier und warte auf mich. Es wird nicht lange dauern.« Er strich Vinja über das lange schwarze Haar, wandte sich ab und ging in die Bank hinein.
    Vinja sah ihm ängstlich nach. Er geht in die Bank, dachte sie erschrocken. Er geht zu den Männern, die ihn hassen und seine Gegner sind. Gleich wird er wieder herauskommen, mit einem Tritt in den Hintern und Schlägen auf den Kopf. Warum tust du das, Onkel Tawan?
    In der Bank hielt ihn keiner auf, sogar der wachsame Portier in seiner pompösen Uniform ließ ihn vorbei. Seit vier Jahren kämpfte er gegen Tawan Alipur, aber jetzt erkannte er in dem vornehmen Herrn nicht seinen Erzfeind. Eine gewisse Ähnlichkeit war zwar vorhanden, aber es gibt viele Inder, die sich nur durch ihre Kleidung voneinander unterscheiden. Der Portier hielt Tawan sogar die Tür auf und machte eine leichte Verbeugung.
    Der Bankbeamte hinter dem Schalter, an den Tawan herantrat, war die Freundlichkeit in Person, er erhob sich sogar von seinem Stuhl. »Womit kann ich dienen, Sir?« fragte er und lächelte devot.
    Dienen! Er will mir dienen! Vor zwei Wochen hat man mir noch gedroht, das Dach anzuzünden! Tawan lächelte zurück. »Ich möchte ein Konto eröffnen«, sagte er mit einem etwas hochnäsigen Ton. »Sind Sie dafür zuständig?«
    »Natürlich, Sir.« Der Bankmensch griff in eine Schublade und holte die Antragsformulare hervor. »Sofort! Sie kennen unsere Bank?«
    Und ob ich sie kenne, dachte Tawan und fühlte sich, als schwebe er. »Sie sind mir empfohlen worden«, antwortete er.
    »Eine gute Empfehlung.« Der Beamte reichte Tawan die Formulare durch den Schalter. »Bitte füllen Sie den Antrag aus, dann ist in wenigen Minuten alles erledigt.«
    Tawan schob das Formular zurück. »Bitte, füllen Sie ihn aus«, sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Ich habe meine Brille vergessen.«
    »Selbstverständlich, Sir.« Der Bankbeamte beugte sich über die Papiere. »Ihr Name?«
    »Tawan Alipur.«
    »Geboren?«
    »Vor achtundzwanzig Jahren.« Er sagte es so hin – bis heute hatte ihn noch niemand gefragt, wann er geboren worden war. Es gab kein Datum; er war einfach eines Tages auf die Welt gekommen, und keiner hatte es notiert. In den Slums wurde geboren und gestorben, und es war ohne Bedeutung, an welchem Tag und in welchem Jahr es war. Aber achtundzwanzig Jahre war eine gute Antwort.
    »Das Datum bitte, Sir.«
    »Am 17. August 1952«, sagte Tawan leichthin.
    Der Beamte blickte kurz hoch. »Dann sind Sie heute dreißig Jahre, Sir.«
    »Ich fühle mich aber wie achtundzwanzig.«
    »Sehr gut, Sir.« Der Beamte lachte pflichtschuldig wie über einen guten Witz. »Wohnhaft?«
    »In Kalkutta. Ich suche gerade eine neue, größere Wohnung oder ein Haus. Die genaue Anschrift reiche ich Ihnen in Kürze nach.«
    »Natürlich, Sir. Wie hoch soll die Ersteinlage sein?«
    »Fünfzehntausend Rupien.«
    Der Mann hinter dem Schalter blickte erneut kurz auf. Seine Freundlichkeit wurde um einige Nuancen gedämpfter. Er setzte sich und trug die fünfzehntausend Rupien in das Formular ein, als sei es eine Zumutung, so etwas zu schreiben. Also kein Großkunde, drückte seine ganze Körperhaltung aus. Lumpige fünfzehntausend Rupien, aber einen teuren Seidenanzug trägt er und ist hochnäsig wie ein Radscha. So kann man sich täuschen.
    »Ich brauche noch Ihre Unterschrift«, sagte der Beamte und ließ das ›Sir‹ provokant weg. Mit einem Ruck schob er das Formular durch das Schalterfenster.
    Tawan beugte sich darüber, tat so, als lese er es gewissenhaft durch, ergriff dann den hingehaltenen Füllfederhalter und malte einige Kringel und Striche darunter. Es sah sehr schwungvoll aus und gefiel ihm sehr. Das werde ich beibehalten, sagte er zu sich. Das wird meine Unterschrift bleiben. Je unleserlicher, um so gelehrter sieht es aus.
    Der Beamte nickte und schob Tawan eine Art Visitenkarte zu. »Ihre Kontonummer. Möchten Sie auch gleich ein Scheckbuch haben?«
    »Natürlich. Ist das bei Ihnen nicht selbstverständlich?«
    Der Schaltermensch antwortete nicht, sondern ging nach hinten, schob ein Scheckheft in eine Art Druckmaschine, ließ die Blätter durchlaufen und kam mit den fertigen Schecks zurück. »Ich begrüße Sie als unseren neuen Kunden«,

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