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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und ersticht das Mädchen in einem wahren Blutrausch. Ich habe das Zimmer eine Woche lang nicht vermieten können, bis alle Spuren beseitigt waren. Sie seufzte in Erinnerung an diese schrecklichen Tage und nannte dann einen Preis für sieben Tage.
    Tawan hob die Augenbrauen. Die Miete war so hoch, daß es sich eigentlich nicht lohnte, noch weiter zu verhandeln. Suchen wir weiter, Vinja, dachte er. Wir werden schon ein kleines Hotel finden, wo uns nicht die Kehle durchgeschnitten wird. Kalkutta hat Tausende solcher billigen Herbergen. Schade, es ist ein so schönes Zimmer, aber dieser Preis reißt ein zu großes Loch in mein Kapital. »Steh auf, Vinja«, sagte er und gab sich ganz gelassen, »man verwechselt uns hier mit einem Millionär.«
    Er ging zur Tür, aber die Wirtin griff in seinen Anzugärmel, als er an ihr vorbei wollte. »Wir können darüber reden, Mr. Alipur«, sagte sie schnell.
    »Wozu? Jedes Wort ist sinnlos.«
    »Ich weiß nicht, was mit mir ist, aber ich mag Sie und die Kleine.« Die Wirtin seufzte wieder. »Ich bin vielleicht verrückt, eine alte, dumme Frau –«
    »Sie sind nicht alt, Ma'am.«
    »Sagen wir: die Hälfte! Ist das ein guter Preis?«
    »Angenommen.« Tawan schüttelte ihre Hand von seinem Ärmel. »Ich zahle die Miete im voraus, damit Sie sehen, daß ich ein ehrlicher Mensch bin.«
    »Daran habe ich nie gezweifelt, Mr. Alipur.«
    Das war zwar gelogen, aber Tawan verzichtete darauf, ihr die nötige Antwort zu geben. Er fügte nur hinzu: »Und wenn wir vorher eine Wohnung finden sollten und früher ausziehen, können Sie den Rest der Miete behalten – weil Sie Vinja mögen.«
    Die Wirtin erhob sich, streichelte Vinja über das lange schwarze Haar und fühlte so etwas wie mütterliche Ergriffenheit. Sie hatte selbst einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn war zweiunddreißig Jahre alt und irgendwo im weiten Indien verschwunden. Er hatte eine Lehre als Elektrotechniker gemacht, hatte gesagt, daß er sich Indien, vor allem den Westen mit seinen Maharadscha-Palästen in Jaipur und Udaipur, ansehen wolle, hatte seine Mutter zum Abschied geküßt und war von da an verschollen. Die Tochter, siebenundzwanzig Jahre alt, hatte einen Schneider geheiratet und war auch weggezogen. »In Kalkutta kann ich nichts verdienen!« hatte der Schneider gesagt. »Wir gehen nach Neu-Delhi oder Goa. Goa ist am besten, dort gibt es viele Touristen aus Amerika und Europa, denen werde ich in vierundzwanzig Stunden Anzüge machen. So etwas haben sie noch nie erlebt.« Sie reisten ab, und später schrieb die Tochter, wie gut es ihnen in Goa gehe: Ein eigenes Haus hätten sie schon gekauft und vier Näherinnen eingestellt, so hervorragend gehe das Geschäft.
    Ganz rätselhaft aber war der Tod ihres Mannes gewesen, der das Hotel als abbruchreifes Haus gekauft und dann ausgebaut hatte. Die Polizei fand ihn eines Nachts in einer besonders berüchtigten Gegend von Kalkutta, unten bei den Ghats, wo in hölzernen Schuppen massenweise die Huren sich aufhielten, Diebesbanden, Schmuggler und Straßenräuber. In seinem Körper steckten fünf Kugeln, wovon jede tödlich war. »Eine regelrechte Hinrichtung«, stellte der Lieutenant von der Mordkommission fest. »Aber kein Motiv. Bangaon war ein braver Mann.«
    Das fand Frau Bangaon durchaus nicht. Erst durch diesen gewaltsamen Tod erfuhr sie, daß ihr Mann regelmäßig zu den Huren gegangen war, um sich von ihnen das zu holen, was ihr dicker Körper verweigerte. »Euer Vater war ein Schwein!« hatte sie damals zu ihren noch nicht erwachsenen Kindern gesagt. »Am besten, wir vergessen ihn.« Von da an wurde sein Name nicht mehr erwähnt, aber das Hotel blühte unter ihrer Leitung auf. Das Geld, das Bangaon bisher zu den Huren getragen hatte, blieb im Haus. Jahrelang hatte er immer geklagt, alles werde immer teurer, und sie hatte es ihm geglaubt. Seitdem mißtraute sie jedem Mann, vor allem jenen, die sie heiraten wollten. Sie wollten in Wahrheit alle nur das Hotel – wenn sie in den Spiegel blickte, war ihr klar, daß man sich in diesen Fleischberg nicht verlieben konnte. »Ich gebe Ihnen eine Quittung, Mr. Alipur«, sagte sie und ging ächzend zur Tür.
    Tawan winkte ab. »Ich brauche keine Quittung. Ich vertraue Ihnen.«
    »Danke.« In ihre Augen trat ein Leuchten. »Wann holen Sie Ihr Gepäck? Ein Junge, der bei mir als Laufbursche arbeitet, kann Ihnen helfen.«
    »Es ist nicht nötig, wir haben nur einen Koffer.«
    Die Wirtin verließ das Zimmer. Ein merkwürdiger Mensch ist

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