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Der verletzte Mensch (German Edition)

Der verletzte Mensch (German Edition)

Titel: Der verletzte Mensch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Salcher
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davon überzeugt, dass beide fast übereinstimmen würden.
    Was sind Ihrer Meinung nach die drei wichtigsten Werte, die Sie Ihren eigenen Kindern beibringen würden, um sie bestmöglich auf die Zukunft vorzubereiten?
    Auch dieses Kapitel möchte ich mit den Antworten von drei besonderen Menschen auf diese Frage schließen: Mihaly Csikszentmihalyi, Howard Gardner und Sonja Schärf.
     
    Mihaly Csikszentmihalyi:
     
    1. Zwischenmenschliche Fähigkeiten: Teamlernen, das Verständnis eigener und fremder Gefühle, Arbeiten und Führung in Gruppen.
    2. Verantwortung: Und damit meint er nicht strafende Moralpredigten, sondern die Aufgabe, schon Kindern beizubringen, dass jede Handlung eine Konsequenz hat. Wenn man also dem Bruder oder der Schwester etwas antut, hat das Konsequenzen, genauso wie bei den Eltern, aber auch jeder Eingriff in die Natur hat Folgen.
    3. Wir sind nicht allein auf diesem Planeten: Damit meint er die Vermittlung eines systemischen Verständnisses dafür, dass wir auf der Erde alle Teile eines gemeinsamen Ganzen sind. Auch hier geht es ihm um ein auf der Vernunft basierendes Konzept, das Kindern schon früh klarmacht, dass wir alle nur gemeinsam überleben können.
     
    Howard Gardner:
     
    1. Integrität und Ethik
    2. Großzügigkeit, die Bereitschaft, anderen zu helfen
    3. Ein Gebiet zu finden, wo das Kind sein Potenzial entfalten kann.
     
    Das letzte Wort soll jener Lehrerin gehören, die Felix lehrte, die Welt zu lieben und bereit war, von ihm zu lernen. Lehrerinnen wie Sonja Schärf sollten wir viel mehr zuhören:
     
    1. Respekt: Kindern beizubringen, dass die eigene Freiheit dort endet, wo die des anderen beginnt.
    2. Das selbstständig-kritische Auseinandersetzen mit der Welt.
    3. Herzensbildung: Die Kinder der Klasse von Felix haben vor allem gelernt, nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere Menschen da zu sein. „Es war unglaublich, wie liebevoll die Kinder miteinander umgegangen sind. Ich hatte nie wieder eine Klasse, in der so viel Mitgefühl spürbar war.“

Die Kränkung
Warum wir Vertrauensbruch, Verrat und Demütigung so schwer verzeihen können
    „Der Mensch ist vor allem ein gekränktes Wesen. Und das wird maßlos unterschätzt. Bei fast allen von mir untersuchten Straftätern spielen frühe Kränkungen eine ganz wesentliche Rolle.“ Reinhard Haller weiß, wovon er spricht. Er hat schon weit über ein Jahr seines Lebens mit Mördern in einer Zelle verbracht. Neben seiner Tätigkeit als Psychiater und Gerichtsgutachter, in der er die Lebensgeschichten von über 7000 Straftätern untersuchte, ist er primär Suchttherapeut. Fast alle Probleme zwischen Menschen lassen sich auf Kränkungen zurückführen. Niemand ist geschützt vor Kränkungen.
    Was ist eine Kränkung?
    Kränkungen sind Verletzungen unseres Selbstbewusstseins, die den Kern unserer Persönlichkeit treffen.
     
• Die erste Kränkung erfahren wir gleich bei unserer Geburt. Wir werden aus dem warmen Mutterleib der emotionalen und nährenden Vollversorgung in das kalte, gleißend helle Licht der Welt hinaus gerissen.
• Die zweite große Kränkung kann mangelnde Wärme, Körpernähe und Zärtlichkeit in den ersten Lebensmonaten sein. Diese brauchen kleine Kinder genauso dringend wie Nahrung.
• Ein drittes großes Schlachtfeld für Kränkungen ist die Phase der Erziehung und der Eintritt in die Schule. Neugierige kleine Entdecker, Sänger, Tänzer, Sandburgenbauer und Maler werden dann zu angepassten „Stillsitzern“, „Schönschreibern“ und „Auswendiglernern“ umgeformt. Dabei wird viel Kreativität und Lebensfreude zerstört.
• Die Liebe hält wunderbare Momente und tiefe Kränkungen für uns bereit.
• Das Berufsleben ist der Schauplatz für die fünfte Kränkung: Mobbing, Kündigung, verweigerte Beförderungen und sinnlose Tätigkeiten sind typische Auslöser. Wenn 88 Prozent der Mitarbeiter anführen, sie fühlen sich in ihren Unternehmen fremd, und 70 Prozent aller Berufstätigen angeben, sie seien nicht dort eingesetzt, wo sie ihr Bestes geben können, dann sagt das alles. [17]
     
    Die möglichen Reaktionen hängen sehr von der augenblicklichen seelischen Befindlichkeit, von der Fähigkeit, seine Emotionen kontrollieren zu können, und von der Tiefe der Verletzung, die die Kränkung hinterlässt, ab. „Was kränkt, macht krank“, meinte der angesehene Psychiater Erwin Ringel.
    Vorhersagen lassen sich die Reaktionen von Menschen nie, das macht Kränkungen auch manchmal zu

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