Der verletzte Mensch (German Edition)
unabhängig davon einstellen, ob man mit seinem Kind einfach nur spielt oder eine schwierige mathematische Aufgabe löst.
Es ist also ganz wichtig, zu verstehen, dass „angestrengtes konzentriertes Arbeiten“ eben nicht automatisch zu Unlustgefühlen führen muss. Eltern sollten daher nicht in die „Bestechungsfalle“ tappen, ihr Kind erst mit Druck zwingen, zwei Stunden zu üben, um es dann mit einem Stück Schokolade oder gar fünf Euro dafür zu belohnen, weil es so brav war. Damit verstärkt man genau jenes verheerende Muster, dass wir uns in der Freizeit für das Leid der Arbeit mit Konsum entschädigen. Eine Umarmung durch den Vater oder die Mutter und ein aus dem Herzen kommendes „Ich bin sehr stolz auf dich“ zeigen dem Kind, was die echte Währung für Wertschätzung ist.
Der schmale Pfad, der zum flow -Erlebnis führt
Sinnvolle Talentförderung erfordert von den Eltern viel Genauigkeit, Aufmerksamkeit und Kreativität. Eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit Ihr Kind Freude an der Ausübung seines Talents hat, liegt darin, das richtige Maß zwischen Unterforderung, die zur Langeweile führt, und Überforderung, die in Frustration endet, zu finden – das ist der Schlüssel zum flow -Erlebnis für Kinder und uns Erwachsene. Dieser schmale Pfad lässt sich aber nicht leicht finden.
Wenn sich Lehrer genauso wie Eltern als Erstes die Frage stellen würden, wie man Lernen möglichst erfreulich gestalten kann, würden die Leistungen der Schüler automatisch steigen. Theoretisch kann jede Lernaufgabe spannend gestaltet werden, wenn man sich an den individuellen Fähigkeiten des Kindes orientiert und die beiden Hauptfeinde des flow -Erlebnisses, Angst und Langeweile, vermeidet. Dass das durchaus auch in der schulischen Praxis funktioniert, beweist die Key School in Indianapolis, die als erste Schule der Welt auf den Prinzipien des flow und dem von Harvard-Professor Howard Gardner entwickelten Konzept der multiplen Intelligenz aufbaut. [7]
Eltern verfügen über eine Vielzahl von sehr wirksamen Möglichkeiten, um ihren Kindern zu helfen, ihre positiven Anlagen mit Freude selbst zu entwickeln. Ein Talent, das seine Bestimmung erfüllt, kann zu einer Quelle des Glücks und auch des beruflichen Erfolgs werden, die ein Leben lang kräftig fließt.
Was Ihr Wohnzimmer über den Studienerfolg Ihres Kindes aussagt
Ein Forschungsteam von Csikszentmihalyi untersuchte 600 amerikanische Schüler vier Jahre lang, um herauszufinden, welche von diesen danach von den besten Universitäten aufgenommen werden. Das Ergebnis war mehr als überraschend:
Die Forscher entdeckten, dass zwei Faktoren mit über 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit voraussagen konnten, ob ein 14-jähriger Schüler später nach dem Schulabschluss an eine der besten Universitäten kam.
1. Im Haushalt seiner Eltern gab es mehr als 50 Bücher.
2. Im Zimmer der Schüler stand kein Fernseher.
„Es war einmal …“ – die wichtigsten drei Worte in der Erziehung Ihrer Kinder
Alle Kinder lieben Märchen. Das Vorlesen oder das Erzählen von Märchen durch die Mutter oder den Vater verstärkt durch die menschliche Wärme die positive Wirkung noch. Dafür plädierte der bekannte Kinderpsychologe Bruno Bettelheim bereits Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mit großer Überzeugungskraft. Sein viel zitiertes Buch „Kinder brauchen Märchen“ erschien 1977 das erste Mal in deutscher Sprache. Bettelheim fand heraus, dass Kinder aller Entwicklungsstufen mehr Gefallen an Volksmärchen als an jeder anderen Art von Kindergeschichten finden.
Märchen sind für Kinder eine Möglichkeit, zu erkennen, dass es immer, wenn ihnen sehr negative Dinge zustoßen, Vorbilder dafür gibt, wie man schwierige Situationen meistert. Sie lernen, dass aus dem kleinen Jungen ein Ritter werden kann, der den Drachen tötet, oder aus dem Waisenkind, das von seiner Stiefmutter gequält wird, eine Prinzessin werden kann. Wie wichtig die richtige Lektüre in der Kinderzeit ist, betonte bereits Friedrich Schiller: „Tiefere Bedeutung liegt in dem Märchen meiner Kinderjahre als in der Wahrheit, die das Leben lehrt.“
Eine Studie von Erich Brunmayr untersuchte die Unterschiede in der Verarbeitung von negativen Kindheitserfahrungen zwischen jener Gruppe, der von den Eltern Märchen vorgelesen wurden, und jener, bei der das nicht der Fall war. 15 Prozent der Kinder in der Studie wurde nie ein Märchen vorgelesen (!). Diese Kinder konnten Alkohol und
Weitere Kostenlose Bücher