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Der Verlobte

Der Verlobte

Titel: Der Verlobte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Sylvester
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aus.«
    »Karl-Gunter!« Die Großmutter klang erbost.
    Tillmann beobachtete Bert genau. Er schien sich köstlich zu amüsieren. Elisabeth grinste Tillmann an, doch er übersah sie geflissentlich. Dann warf er einen langen Blick auf die Tür. Wo Lilly nur blieb? Ob sie wieder eingeschlafen war?
    »Ähm.« Tillmann räusperte sich und erhob sich. »Ich würde gerne mal nach Lilly sehen …«
    »Sie bleiben hier!«, schnauzte der Großvater.
    »Aber –« Tillmann war zu überrascht, um angemessen zu protestieren.
    »Hinsetzen!«, kommandierte der alte Herr und sah ihn durchdringend an.
    Widerwillig nahm Tillmann wieder Platz.
    »Braves Lehrerchen«, feixte Bert. »Immer schön Platz machen, wenn Herrchen das sagt.«
    Der Großvater ignorierte Berts Bemerkung und musterte Tillmann argwöhnisch. »Wenn ich mich recht entsinne, sind Sie der Letzte, der unsere Louise gesehen hat«, sagte er. »Und nun ist sie weg, angeblich entführt. Finden Sie das nicht ein wenig seltsam?«
    Tillmann atmete tief durch. »Ja«, sagte er, um Ruhe bemüht. »Ich habe ihr geraten, ihre Zimmertür abzuschließen.«
    »Na, das ist aber auch verdächtig!«, höhnte Bert.
    »Halt den Mund, Bengel!«, herrschte der Großvater ihn an. »Und? Hat sie die Tür abgeschlossen?«
    »Bevor ich zu Bett gegangen bin, wollte ich noch einmal nach ihr sehen«, erklärte Tillmann. »Da war ihre Zimmertür abgeschlossen.«
    »Von innen?«, fragte Bert.
    »Das nehme ich doch an«, sagte Tillmann. »Außen steckte jedenfalls kein Schlüssel.«
    »Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass eine verschlossene Tür für Sie ein Hindernis ist!«, rief der Großvater.
    »Natürlich«, sagte Tillmann. »Wie bitte hätte ich eine verschlossene Tür denn öffnen sollen?«
    »Das weiß ich doch nicht«, sagte der Großvater gereizt.
    »Eben«, erwiderte Tillmann. »Ich auch nicht.«
    »Ihr seid aber auch unpraktisch«, sagte Bert kopfschüttelnd.
    Tillmann sah ihn aufmerksam an. »Nicht jeder kann so viele Talente haben wie Sie«, sagte er betont freundlich. »Reifen wechseln, Post austragen …«
    Berts Augen blitzen auf. Tillmann hatte offenbar ins Schwarze getroffen.
    »Aber Tür hin, Tür her«, sagte der Großvater. »Sie hätten sie problemlos schon gestern Abend verschwinden lassen und die Tür selbst abschließen können.« Er sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Louise ist ja selten zurechnungsfähig, und Ihnen wäre sie vermutlich freiwillig gefolgt … Also, raus mit der Sprache! Wo ist sie?«
    Tillmann hob abwehrend beide Hände. »Ich bitte Sie! Wenn man irgendetwas plant, findet sich sicherlich immer ein Weg.« Er warf einen Blick auf die Großmutter. Sie schien aufmerksam zuzuhören. »Aber welches Motiv sollte ich denn bitte haben, Lillys Mutter zu entführen?«
    »Wer wird nicht gerne seine Schwiegermutter los?«, warf Bert ein.
    »Motive gibt es genug«, stellte der Großvater fest. »Immerhin ist Fritz tot. So ist genug Geld da, um das Lösegeld zu zahlen.« Er schnaufte. »Sie hätten jede Menge Geld und könnten sich nach Südamerika absetzen.«
    »Opa«, sagte Bert lachend. »Der Mann ist Beamter! Der wird doch nicht seinen Pensionsanspruch aufs Spiel setzen!«
    »Jetzt ist aber Schluss!«, rief die Großmutter. »Es bringt doch nichts, wenn wir uns alle gegenseitig verdächtigen.« Dann griff sie nach der Kaffeekanne. »Wir werden jetzt erst einmal frühstücken. Wir können sowieso nur warten, bis die Entführer sich melden.«
    Tillmann musterte sie ungläubig. Sie hatte doch schon ein Kind durch eine Entführung verloren! Wie konnte sie angesichts dieser grauenhaften Erlebnisse jetzt ans Frühstücken denken? Jede Mutter musste doch alleine bei dem Gedanken an so eine Situation durchdrehen! Oder war ihr Verhalten vielleicht ein Indiz dafür, dass sie jeden Moment schreiend zusammenbrechen würde?
    »Wir lassen uns nicht erpressen!«, rief der Großvater. »Ich zahle keinen Cent. An niemanden. Punkt.«
    In diesem Augenblick sah Tillmann Lilly durch die Halle kommen. Er wusste nicht recht, ob er sich freuen sollte, sie zu sehen. Immerhin waren ihre Eltern jetzt beide auf mysteriöse Weise abhandengekommen. Und Tillmann bezweifelte, dass da noch eine von Leopolds Beruhigungsspritzen half.
    Gerade, als Lilly die Tür erreichte, schrie sie auf. Ein Mann legte ihr von hinten einen Arm um den Hals und hielt ihr ein Gewehr vor die Nase.
    Vollkommen entsetzt starrte Tillmann zur Tür, während Elisabeth einen Schrei von sich gab. Auch Bert riss die

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