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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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dauern, bis mir der Stiefel wieder richtig passen wird, denke ich. Im Moment würdest du einen Wettlauf gegen mich trotz deiner kurzen Beine wohl gewinnen.«
    »Wollen wir lieber umkehren und die Ponys holen?«
    »Nein; aber danke der Nachfrage. Beine brauchen Bewegung, wenn sie heilen sollen. Lass uns einfach langsam gehen.« Finn warf dem Mönch einen zweifelnden Blick zu, doch der legte ihm die Hand auf die Schulter und nickte aufmunternd.
    »Und dir, Finn? Wie geht es dir? Immerhin hattest du von uns allen den härtesten Tag; und an seinem Ende wartete der beinah sichere Tod. Fast wärest du zuletzt noch ertrunken, obwohl du deinen Feind besiegt hattest. Danach der lange Ritt in klammen Kleidern. Ich habe mir mehr Sorgen um dich gemacht als um mich.«
    »Na ja, schön ist etwas anderes; das kann ich sicher sagen. Wie es mir geht? Heute Morgen will mir der gestrige Abend eher erscheinen als ein Teil des verwirrenden Traums, den ich kurz vor dem Aufwachen hatte. Wie ich mich fühle? Jämmerlich, wenn dues wissen willst. Ja, jämmerlich und über den Tod erschreckt. Es gab einen Moment, da auf dem Grunde des Flusses, in dem ich fast bereit war aufzugeben. Es   … es geschehen zu lassen, verstehst du? Es war   … Einen Moment lang war ich mir sicher, dort in diesem Bett aus Kieseln würde ich mein Leben beenden. Dort würde alles enden. Einfach so. Alle Kraft war von mir gewichen. Nur Maúrgin in meiner Hand bebte, glaube ich. Oder ich bilde es mir ein. Ach, es ist zu früh, um darüber nachzudenken. Oder um darüber zu sprechen. Ich bin froh, es lebend und nahezu unverletzt überstanden zu haben. Das kannst du dir denken. Und, nun ja   – es geht mir den Umständen entsprechend gut. Du hattest übrigens recht mit den blauen Flecken. Zumindest ist mein Bein aber besser dran als deins, nehme ich an.«
    »Wir geben schon ein merkwürdiges Bild ab, wir beide: zwei Hinkende, die sich aufmachen, Lukather dem Grausamen die Stirn zu bieten.«
    »Und beulenfrei sind wir auch nicht.« Finn betastete vorsichtig jenen Teil seines Kopfes, der gestern der mächtigen Eiche im Moorreeter Moor am wenigsten ausgewichen war. Er verzog dabei das Gesicht, als habe er an ungesüßtem Rhabarber genascht.
    Der Davenamönch lachte auf, und Finn fiel in sein Lachen ein.
    Am Dorfende, hinter der Kretelbachbrücke, wo die Straße zwischen zwei Walnussbäumen verlief, trafen sie auf einen der nächtlichen Wachtposten. Der übermüdete Vahit zitterte vor Anspannung, als er den großen Menschen auf sich zukommen sah, und erst Finns wiederholte Versicherung, alles sei in Ordnung und es bestünde keine Gefahr, ließ ihn sein Sensenblatt herabnehmen. Es sei, erfuhren sie von dem gähnenden Jungen, der kaum älter als Geng sein konnte, alles in allem eine ruhige Nacht gewesen: kalt, aber ohne dass er oder die anderen einen Feind gesehen hätten. Wie lange er denn noch wachen solle, wollte er wissen. Und ob es wohl ein Frühstück gebe.
    »Halte noch ein wenig aus«, bat Circendil. »Wenigstens, bis dieSonne den Sturz erklommen hat.« Der junge Vahit versprach es und sah ihnen nach, bis die nächste Krümmung der Straße die beiden ungleichen Wanderer mit ihrem Hund schluckte.
    Hinter dem Dorf senkte sich das Land und weitete sich abermals zu baumlosen und sanft abfallenden Wiesen.
    In drei kurzen Schleifen wand sich die Straße jenseits der Walnusszwillinge an der Ostseite des Rasteberges hinab und lief dann auf viele Meilen schnurgeradeaus und in ein weites Tal hinein, in dem in einiger Entfernung graue Wölbungen von Buschwerk die Ufer der Klimt begleiteten. Dahinter, kaum noch im fahlen Dunst zu erkennen, schoben sich in vielen aufeinanderfolgenden Falten immer höhere und bewaldete Hügel zusammen, die fast schon kleinere Berge waren. Ihre jetzt abgewandten Südhänge, erinnerte sich Finn, waren schon von anderer Art als das nördliche Hüggelland: Weiße Klippen fielen dort steil ab zu karstigen, schattigen Tälern. Vom höchsten Punkt der Straße aus, am Weißenhöher Pass, hatte man einen weiten und schönen Blick über den Mittelgau zur Rechten, im Südwesten; und über den Tiefengau zur Linken im Südosten. Bei klarem Wetter konnte man entlang der Straße nach Süden über die Klippen hinweg bis Mittort nahe der Grenze zwischen beiden Gauen sehen.
    Unten, am Ende der letzten Schleife, begannen die Felder, die sich im Osten ein Stück zu ebener Erde, im Westen aber hinüber und hinauf bis über den Rasteberg hinwegzogen.
    Auf seiner

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