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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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oder etwa nicht? Große Raubvögel!«
    Circendil erwiderte nichts. Er trat ein paar Schritte zur Seite, bückte sich, fuhr mit den Fingerspitzen über einen dunklen Fleck im Moos eines Felsbrockens und fragte dann:
    »Ihr habt doch den Platz in weitem Umkreis abgesucht?«
    »Abgesucht? Was denn noch alles? Meint Ihr wirklich, wir hätten nichts Besseres zu tun?«
    Circendil lächelte kalt, blieb dem wütenden Vahit aber eine Antwort schuldig.
    Der Mönch gab Mellow einen Wink. Die beiden entfernten sich, um die umliegenden »Flure«, die Durchlässe und steinernen Sackgassen zwischen den Findlingen, in Augenschein zu nehmen.
    Der Gauvogt rümpfte darüber die Nase. Er lachte auf und fuhr dann fort, Geldo seine Schlüsse und Mutmaßungen vorzusagen. Der rollte nur schweigend, wie vorhin Mellow, mit den Augen, tauchte die Feder ein und kratzte damit über das Papier. Die beiden anderen Landhüter, die im Dorf so angelegentlich die ihnen fremden Ponys festgehalten hatten, kamen herbei und lauschten den Worten ihres Gauvogts mit dienstbeflissener   Aufmerksamkeit.
    Finn hörte dem Gasakanschen Amtsgeschwafel eine Weile lustlos zu, während er sich bückte und sich den Wagen, den Erdboden davor und darunter von allen Seiten aufmerksam betrachtete. Aber da war nichts, das ihm einen weiteren Anhaltspunkt für irgendwas gegeben hätte; nur einige Strünke Silberwurz wuchsenhie und da, in zugigen Felsspalten und ebenso im Windschatten glatter Steinschultern.
    Zeugen des Geschehens waren sie gewesen, zweifellos, doch sich raschelnd im Wind wiegend schwiegen sie; und wenn das ihre Art von Sprache war, dann kannte und verstand er sie so wenig wie Steinisch. Mürrisch warf er den Felsklötzen fragende Blicke zu; aber was immer sie auch gesehen hatten, sie verrieten es nicht.
    Als er von derlei Unergiebigkeiten genug hatte, blickte er auf und sah sich nach Taram um. Er fand den blondgelockten Vahit ganz in der Nähe: in einer schmalen Sackgasse mit einem Untergrund aus grauem Geröll. Taram kauerte an einem dünnen Rinnsal, das unter mehreren übereinander geschichteten Gesteinsblöcken hervorplätscherte. Er kühlte seine inzwischen dick angeschwollene Lippe. Finn musterte das verunstaltete Gesicht mit besorgter Miene. »Du siehst furchtbar aus.«
    Taram winkte müde ab. Er lächelte und verzog im selben Moment das Gesicht. »Danke. Es tut allerdings nur weh, wenn ich pfeife. Oder lache.«
    »Sei ohne Sorge, mir ist gewiss nicht nach Witzen zumute. Oder nach Liedern. Nicht nach   …«, er machte eine unbestimmte Handbewegung, »… diesem Nachmittag. Ich habe dir ohnehin zu danken. Ohne dich wäre ich mit Sicherheit zu spät zur Totenfeier gekommen. Vielleicht kann ich das ja mit einer schönen Nachricht gutmachen. Sag, bist du mit einer gewissen Tallia Goldammer verwandt?«
    »Sie ist die älteste meiner Schwestern«, antwortete Taram verblüfft. »So wie ich der älteste meiner Brüder bin. Du kennst sie?«
    »Ja, wir haben uns kennengelernt   – am Freitag Abend, als das hier schon   … geschehen war. In der Bücherey von Mechellinde sprachen wir zum ersten Mal miteinander. Wir wurden zur selben Versammlung gerufen, ehe wir   … aber das gehört nicht hierher. Was soll ich sagen? Es geht ihr gut, ja. Sie war wohlauf, als ich sie gestern Abend zuletzt sah, beim Essen im Rauschenden Adler . Ichhabe dir allerdings keine Grüße zu bestellen, da wir nicht wussten, dass ich gerade auf dich treffen würde.«
    »Ihr habt demnach zusammen gegessen? Ich will nichts weiter sagen, aber dafür, dass du sie erst seit Freitag kennst, klingst du   – wie soll ich mich ausdrücken   – schon ganz schön vertraut mit ihr. Brrr, ist dieses Wasser kalt.«
    Taram richtete sich auf und schob seinen Hut zurecht.
    »Ja«, lachte Finn befreit auf; und vergessen war für einen winzigen Moment der Tod seiner Mutter und der erschütternde Anblick seines Vaters. Er grinste schwach. »Auch, wenn du es nicht wissen kannst   – ich klinge, na, in etwa wie ihr Verlobter.«
    »Nanu?«, rief Taram erstaunt aus. »Du kennst auch Brango? Brango Grauschnäpper aus Salzbuckel? Das Hüggelland ist wahrlich klein.«
    Finn klappte der Unterkiefer nach unten. »Wie? Was? Ich meine: Wer um alles in der Welt ist Brango?«
    Taram schüttelte verwundert den Kopf. »Aber du hast doch eben selbst gesagt, du kennst ihn   … wegen eurer Stimmenähnlichkeit. Obwohl, seine raue Stimme klingt eigentlich viel tiefer als deine. Was hast du denn?«
    Finn war wie

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