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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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Mechellinde angekommen war. So gut er sich erinnerte, gab er wieder, was der Mönch über die wahren Hintergründe und die Abgründe der Zeit zu berichten wusste: von den Gilwen und ihren dunklen Schwestern, den Dunbluód, und was Fárin Goldhand, dem Dwargen, zuvor von Lukather angetan worden war. Finn sprach von der Schlacht am Mürmelkopf, von dem furchterregenden Amuul und von Glimfáin, dem Windschmied. Zu seinem eigenen Erstaunen hörte er sich auch Tallias Namen nennen, und er erzählte Wilhag wahrheitsgetreu, was ihm und ihr widerfahren war, an beinahe Tödlichem und ebenso unerwartet Schönem.
    Inku schlief an seiner Brust ein und verpasste so, wie er selbst von Finn gefunden wurde; und endlich kam Finn in seiner Erzählung in Aarienheim an. Und hier nun stockte sein Redefluss, denn nur zögernd konnte er darüber sprechen, was er bei den Findlingen erlebt hatte. Jetzt, gestand er Wilhag, war er froh dafür, nicht noch einmal dorthin gehen und in Panuffels Augenblicken zu müssen; und er schloss seine Erzählung ab mit der plötzlichen Erkenntnis, dass Tallia längst einem anderen versprochen war; und die Leere in seinem Herzen setzte seinem Bericht ein Ende.
    Danach schwiegen beide eine Weile.
    Endlich rührte sich Wilhag, als erwache er aus einem fiebrigen Traum.
    »Wärst du es nicht   – ich würde dir kein Wort davon glauben«, brachte er langsam hervor. »Und ich bin in meiner Familie einiges gewöhnt, wie du weißt. Noch immer besteht die alte Muldwyrda darauf, ihr Mann Bartolo sei in die Tiefenlande hinabgestiegen und wohlbehalten zurückgekehrt. Ganz allein den Alten Weg hinab und wieder hinauf, nur um ein Kraut zu suchen, das allein in den Sümpfen der Schattenfenne wächst. Na ja.
    Ich weiß nicht, was ich sagen oder dir raten soll. Das mit Tallia ist mir ganz und gar unverständlich. Wenn du meinen Rat dennoch hören willst: Rede mit ihr, sobald du sie zu fassen kriegst. Wenn sie nur annähernd so ist wie Fiongars Frau Tilliana, dann fällt es mir schwer zu glauben, sie triebe ein falsches Spiel mit dir. Also rede mit ihr. Und zwar bald. Ehe Taram oder dieser Brango weiteres Unheil anrichten können. Das ist mein Rat in dieser Angelegenheit.
    Bei allem anderen, was du sagst, Finn, ist mir eine ganz andere Sache aufgefallen, und sie will mir nicht recht gefallen. Was ist mit diesen Fernen? Diesen Féar, unseren Feen, von denen dein Freund dir berichtete? Sie kommen immer nur am Rande vor, vor unvorstellbar langer Zeit und in halben Sagen. Und das will mir gar nicht schmecken. Dabei sind sie es doch, denen wir den ganzen Schlamassel zu verdanken haben, oder etwa nicht? Hätten sie damals Lukather dem Grausamen ihr Einverständnis gewährt, als er gehen wollte, so wäre er davongegangen, und alle hätten heutzutage ihre liebe Ruhe. Aber so? Ich meine, das Wenigste, was wir von ihnen verlangen können, ist doch wohl, sich um die Folgen ihrer Weigerung zu kümmern. Oder dass sie mal nach demRechten sehen. Sich drum kümmern, was mit ihrem Bollwerk Benutcane geschehen ist, zum Beispiel. Wäre das zu viel verlangt? Eineinhalbtausend Jahre wenden sie auf, um die Menschen zu unterweisen. Und dann? Schweigen im Walde. Wo also bleiben die Féar? Wo sind sie? Warum kommen sie nicht und retten das Hüggelland?«
    »Oder Kolryn.«
    »Oder meinetwegen Kringerdes gesamten Rücken. Wo, bitteschön, ist ihre Macht geblieben, Finn? Warum erscheinen sie nicht? Das ist es, was ich mich frage.«
    »Vielleicht wissen sie von alledem nichts. Oder sie sind längst tot.«
    »Sie? Die Unsterblichen? Tot?« Wilhag schüttelte erbittert den Kopf.
    Finn hob ratlos die Schultern. »Ich wünschte, ich wüsste es, Wil. Aber vielleicht hast du Recht und sie leben noch. Auch die Dwarge sprangen mir mit Glimfáin gleichsam aus unseren alten Sagen entgegen, wenn du mich verstehst. Vielleicht gibt es die Féar wirklich noch. Und sie kommen, um ihren alten Fehler gutzumachen. Jetzt zum Beispiel wäre keine schlechte Zeit dafür«, schloss er bitter.
    Beide blickten sie wie suchend über den Sturz hinaus.
    Sie spähten über die ungewissen Tümpel und trügerischen Moraste der Schattenfenne hinweg und weit darüber hinaus nach Osten, als erwarteten sie, am verwaschenen Horizont ein Heer der Féar aus der Ferne anrücken zu sehen.
    Doch sie schauten vergeblich. Lediglich Finn vermeinte, westlich der Insel Langschelf und nördlich ihres Aussichtspunktes, im tiefen, wandernden Schatten der Linvahogath ein flackerndes Licht zu erkennen,

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