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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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selbstverständlich vorausgesetzt hatte. Gwaeth, der neben Vanku ausgeharrt hatte, erkannte wohl im selben Augenblick, dass es nicht länger seine Aufgabe war, den Dir zu tragen. Er wieherte kläglich auf: ein Abschiedsgruß; dann floh er, allein und reiterlos.
    Der Medhir hatte die Rotte seiner Feinde besiegt, doch jetzt hielt er inne und hob sein Schwert, um einen neuen Gegner zu erwarten, und dieser war in Schwarz gewandet und ebenso groß wie Circendil. Beide Menschen begannen die Klingen zu kreuzen, Funken flogen bei jedem Schlag.
    Finn hieb Vanku die Fersen in die Seiten, und dieser floh, von seiner eigenen Angst getrieben, Gwaeth hinterher. Schwitzend setzte das schwarze Pony über Vogelkadaver und tote Vahits und Gidrogs hinweg. Fast rutschte es aus in grauenvollen Pfützen. Von allein schlug Mellows Pony den Weg hinter dem Tauberhaus ein, jagte entlang des Sturzzaunes, am Walnussbaum mit seiner verlassenen Schaukel vorbei, nur fort, fort von allem Grausigen.
    Finn warf einen Blick über die Schulter an Wilhags Gesicht vorbei. Wieder erfasste ein unsäglicher Schmerz sein Herz und hielt es fest   – Finn sah Circendil langsam vornüberfallen, einen siegereichen Saisárasar über ihm, der trotz der Wunde, die der Vahit ihm zugefügt hatte, immer noch aufrecht stand.
    Und er stand nicht nur, sondern er winkte; ein Criarg wurde ihm gegeben, er schwang sich in den Sattel, und mit der diesen Vögeln eigenen Gangart begann der Criarg zu laufen, zu rennen, immer schneller, bis die Flügel den Boden peitschten und er schwebte.
    Da wusste Finn, dass sie nicht entkommen konnten, dass dieser Flug Saisárasars allein ihnen beiden galt, und dass Vanku, zumal mit zwei Vahits auf seinem Rücken, niemals einem jagenden Criarg davoneilen würde.
    Es war vorbei.
    Dennoch und wider alle Vernunft gab er nicht auf.
    Finn rief, nein schrie, nein brüllte dem treuen Vanku alles an Aufmunterungen zu, was ihm einfiel. Er schmeichelte, er lobte, er tadelte und tobte. Vanku hätte all dessen nicht bedurft: Er verstand, dass es ums Leben ging. Er setzte über schmale Gräben hinweg, umlief einen abgestellten Wagen, sprengte an ein, zwei, schließlich an drei Häusern vorbei. Rechts erhob sich der südliche Broch des Dorfes über dem Postlerstall, und für einen Moment durchdrang Finn die Hoffnung, dort Schutz zu finden, wenn es ihnen gelang, nur schnell genug ins Innere der grauen Mauer zu fliehen. Doch was dann? Saisárasar würde sie aushungern oder ausbrennen oder Schlimmeres. Es gab nur eine dünne Hoffnung. Die lag auf Vankus Rücken, und sie ging zur Neige, und Finn wusste das.
    »Wo ist er?«, wandte er sich an Wil.
    Ehe er von diesem eine Auskunft erhielt, beantwortete Saisárasar die Frage selbst. Klauen schnappten. Der Criarg war über ihnen. Die Vogelfänge verfingen sich in Finns Mantel, rissen ihn und Wilhag mit müheloser Leichtigkeit vom Ponyrücken herunter. Sie fielen in weiches Gras, aber die Lage entwickelte sich, noch während sie aufsprangen, immer schlechter. Vanku wieherte auf und jagte, von seiner Last befreit, auf und davon; der Criarg nahm den Ruf auf und beantwortete ihn. Er entließ seinen Reiter und schwang sich erneut in die Lüfte. Vanku galoppierte in das schmale Wiesenstück zwischen dem Broch und einer dort eng an den Turm heranreichenden Sturzspalte hinein, erreichte die Straße und entfloh aus ihren Augen. Der Criarg umkreiste die Brochrundung und setzte ihm nach.
    Saisárasar drehte sich zu den Vahits um und kam langsam auf sie zu. Der Weg zur Straße war ihnen dadurch abgeschnitten.
    Finn und Wilhag wichen bis an den Sturzzaun zurück.
    Der Nodir zückte sein Schwert. Es klirrte, als es aus der Scheide fuhr.
    »Also dann«, sagte Saisárasar, als er vor ihnen stand.
    »Was willst du noch?«, fragte Finn bar jeglicher Hoffnung. Seine Stimme schwankte, Tränen schossen ihm in die Augen, und er schämte sich ihrer nicht. »Was willst du? Uns etwas erzählen vom Ende vom Lied?«
    »Wenn es denn das Ende ist«, erwiderte der Dunkle. »Das muss es nicht sein. Du weißt, wo sich die Gluda befindet. Sag es mir. Sag es mir jetzt. Dann ist dies vielleicht nicht das Ende.«
    »Die   … was?«
    Saisárasar seufzte. Er griff unter seinen Mantel und holte etwas hervor. Es war ein bernsteinfarbener Tropfen aus teilweise geschliffenem Edelstein.
    »Ich könnte dir die Antwort entreißen. Einfach und gegen deinen Willen. Und du würdest denken, es sei dein Wille, mir alles anzuvertrauen. Ich könnte es, allein

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