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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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dann krachte er erneut zu Boden. Blut war plötzlich überall, auf seinen Haaren, auf seiner Schulter; und Mellow lag nur da und atmete nicht mehr.
    Saisárasar stand über ihn gebeugt, nun selber schwankend wie ein pechschwarzes Laken im Wind. Die Zeit eines oder zweier Atemzüge vergingen, in denen keiner der beiden Vahits tatsächlich zu atmen wagte. Tastend begann Saisárasar den Waldboden abzusuchen.
    »Nein!«
    Zitternd formten Finns Lippen dieses eine Wort.
    Es kam ohne alle Kraft und verging lautlos, ein gehauchtes Wehklagen, ein stummer Schrei der Fassungslosigkeit.
    Dann, nach Zeitaltern, durchlebt in einem anderen Land, begann er mechanisch zu laufen, als Wilhag seinen Arm ergriff und den Vetter mit sich zog.
    Sie stolperten den Weg entlang. Als sie die dumpf unter ihren Füßen stöhnenden Bohlen erreichten, drehte sich Saisárasar nach ihnen um.
    Schon am vorherigen Abend hatte es sich in Aarienheim herumgesprochen, dass die seltsamen Gäste der Taubers am kommenden Morgen abzureisen gedachten. Inkus frühes Gekläff hatte selbst die hartnäckigsten Schläfer geweckt, und so fanden sich rund um den Broch nach und nach die neugierigeren Nachbarn ein, also im Grunde alle. Nachbar Rohmag war einer der ersten, die eintrafen; er hatte frisches Hasenfleisch »für den Hund des Sohnes des Meisters von Fokklinhand« dabei, wie er sich ausdrückte, als er es, in einen Korb verpackt, Walnutia überreichte. Einige wolltenein letztes Mal den wettergegerbten Vindliandir sehen, denn ob sie jemals wieder einen leibhaftigen Menschen erblicken würden, war unwahrscheinlich. Die wenigsten der Aarienheimer glaubten an das Gerede vom Krieg; aber sie wollten dabei sein, wenn die »seltsamen Leute aus dem Norden« das Brada wieder verließen, und sei es nur, um den Enkeln eines Tages davon erzählen zu können: von Finn aus Moorreet, von dem tapferen Helvogt aus Rudenforst und dem Heiler aus Daven.
    Die Aarienheimer standen in Grüppchen auf der Straße und dem Zugang zum Hof und schwatzten, als die Eren aufstiegen und ins Landesinnere flohen. Das war unerwartet und ein Anlass zum Gaffen, und ungewöhnlich genug, um es sofort mit Mutmaßungen und anderen Verlautbarungen zu übergießen.
    Die kurz darauf erschallende Stimme des wrisilrhiobhaften Menschen erschreckte und bannte die gaffende Menge zugleich. Man bezog die lauthals ausgestoßenen Warnungen nicht sogleich auf sich und reckte eher die Hälse, um zu sehen, was wohl jetzt geschehen würde. Erst als die ersten Mitglieder der Tauberfamilie zu rennen begannen, wallte in den Wartenden Unruhe auf. Sie sahen den Medhir mit seinen langen Armen fuchteln. Sie hörten andere Vahits aufschreien und wussten doch nicht einzuordnen, was vor sich ging. Also blieben sie stehen und warteten ab. Sie achteten weder auf Fionwen, die sich besorgt aus dem Fenster der Kammer beugte, als die Adler flohen. Sie bemerkten auch Ewerdarg nicht, der mit Stecheisen und Hammer aus der Werkstatttür lief. Ebenso entging ihnen Bardogar, der mit einer Mistgabel bewaffnet aus der Scheune trat. Fiongar hatte zwei Stuhlbeine ergriffen und schwang sie wie Keulen. Der alte Hámlat beugte sich über das Fass, dem Wilhag am früheren Morgen seinen Tritt versetzt hatte, und entzündete eine Fackel an der vor dem Stall brennenden Lampe. Kaum loderte sie auf, traf etwas die Lampe, und sie fiel herab und zerschellte. Auslaufendes Öl fing Feuer; ein Band aus Flämmchen zog sich in den Stall hinein, wo es für sie Nahrung gab im Überfluss.
    Die vier Taubers bauten sich an der Brochmauer auf, bereit, die sich dorthin Flüchtenden zu schützen. Da hatte Circendil schon sein Schwert gezogen und begann seinen einsamen Kampf gegen die über das Taubergrundstück hereinbrechenden Criargreiter. Plötzlich bekamen auch die Langsamsten mit, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Ein allgemeines Aufstöhnen ging im Prasseln der plötzlich aufflammenden Stallwände unter, und endlich begannen die Vahits zu laufen. Ein Pony mit brennendem Schweif sprengte die Stalltür auf und jagte über den Hof, der Straße zu, mitten in die fliehende Menge hinein.
    Ein großer Teil der Menge floh die Dorfstraße hinab; der kleinere Teil suchte Schutz im nahen Broch. Zwei oder drei Vahits wichen nicht schnell genug aus und gerieten unter die Hufe des verängstigt schreienden Tieres. Sofort gab es Gedränge und Geschubse vor den Brochstufen, das zusehends schlimmer wurde, als der Tod auf dem Taubergrundstück um sich griff.
    Um Circendil

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