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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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ihr Andenken in Ehren!
    Doch die Fahrt verlief nicht glücklich. Fárin war tot, ehe die Acht auch nur die Mauern Ulúrlims von Ferne sahen. Doch wussten sie nichts von seinem erbarmungswürdigen Schicksal: Ihn hatten wilde Bestien zerrissen, nachdem er Lukather zu Willen gewesen war. Überdies wurden die Acht entdeckt, kaum dass sie Fárins Hinterlassenschaft gefunden hatten. Der Feind jagte sie drei Tage lang: Sie flohen, kämpfend und ohne Ziel, denn sie hatten sich hoffnungslos verirrt.
    Schließlich entdeckten sie eine geheime Treppe, die sie hinauf und zurück ans Tageslicht brachte, wenn auch entkräftet und nicht unverletzt: Hagróin verlor eine Hand und fast das Leben, ehe sie das letzte Tor durchschritten. Und das war beileibe nicht ihre Rettung. Noch waren sie nicht aus Ulúrlim entkommen, auch wenn die Sonne den jungen Tag begrüßte.
    Zu groß war die Übermacht des Feindes, der Wellen um Wellen angreifender Krieger entsenden konnte, wann immer es ihm beliebte. Zu heimtückisch, zu gut bewacht oder zu unwegsam zeigten sich die Pfade, die Ulúrlim umgaben: Die Acht liefen in einen Hinterhalt. Rumóin, der Maúrgin bei sich trug, erkannte als Einziger die Gefahr. Allein mit seinem Dolch bewaffnet, hielt er den nachrückenden Kriegern stand   – er allein bewachte einen schmalen Durchlass, durch den sie geflohen waren, und mehr als dreißig Gegner bezwang er, während seine Gefährten vor Erschöpfung und Trauer nahezu zusammenbrachen, kaum mehr Herren ihrer Sinne. Hagróin war schwer verletzt; er blutete unentwegt und kannte sich nicht einmal mehr selbst. Nórin nahm sich seiner Wunde an, selbst weinend um den verlorenen Freund: Es war das erste Mal, dass er als Galim, als Sänger einer Gilwe, versagte. Ferivóin umhüllte seines Vaters Werk mit seinem Mantel und wollte nicht von ihm lassen, um es vor Schaden zu schützen. Das war bestenfalls töricht und schlimmstenfalls gefährliche Narretei angesichts eines Feindes, der sie dermaßen hart bedrängte.Doch es hieß, er habe vor Kummer gestammelt, dem Wahnsinn nahe. Irváin und Kúin versuchten verzweifelt, eine Pforte zu öffnen, durch die sie bei ihrem Eindringen gekommen waren, die sie nun aber verschlossen vorfanden. Damfáin und Témoin stützten sich gegenseitig; sie waren von den zurückliegenden Anstrengungen so kraftlos, dass sie kaum mehr laufen konnten. Dann aber zeigte sich ihnen das Glück, unverhofft und strahlend, eben als die Sonne über die Mauern trat und auf Maúrgins Schneide fiel. Die Pforte sprang auf. Sie entkamen wider alle Wahrscheinlichkeiten   – und brachten sich, die Kunde von Fárins Tod und sein handwerkliches Erbe glücklich zurück nach Vazarenia.
    Glücklich, sage ich. Aber wenn das Glück damals währte, so nur kurz. Der Rat der Verbündeten Völker trat zusammen, um Fárins Erbe zu enthüllen. Aber Ferivóin weigerte sich, es herauszugeben, obwohl großer Nutzen damit verbunden gewesen wäre. Denn Fárins Werk hätte bei mehr Einsicht und Verstand zu jener Waffe geformt werden können, die Lukather besiegt und Ulúrlim für immer geschleift hätte. Téorlin forderte, und Ferivóin beharrte. Am Ende verließ er wortlos den Rat und ging. Niemand wusste, wohin. Und mit sich nahm er sein Erbe.
    Alles das säte ernste Zwietracht zwischen Téorlin Silberstirn, dem Khuradum von Vazarenia, und seinem Vertrauten, der niemand anderes als eben Nemgláin war, jener der Maúrgin geschmiedet hatte, Irváins Vater. Nemgláin gehörte zur Sippe von Meróin Dunkelhelm aus Khambrins Geschlecht. Khambrin war der Urgroßvater von Fárin, und durch diese Bande waren Meróin, Fárin, Nemgláin, Irváin und Ferivóin enge Verwandte. Téorlin zürnte Ferivóin. Nemgláin Harthammer wollte vermitteln, denn er war beides: Vertrauter und Freund des Khuradums und Angehöriger von Ferivóins Sippe. So hoffte er auf beider Einsehen. Sein Versuch misslang. Téorlin Silberstirn nahm es Nemgláin übel, dass dieser Ferivóin nicht verurteilte. Er bezichtigte in seinem maßlosen Zorn Nemgláin des schweren Vertrauensbruchs   – zu Unrecht. Aber die Worte waren gefallen, und sie wurden nicht zurückgenommen. Später nannten wir dies das Erste Große Zerwürfnis.
    Da trat Irváin an beide heran und vermittelte seinerseits zwischen seinem Vater und dem Khuradum. Als Zeichen des guten Willens kündigte er an, für Vazarenia ein neues Tor zu schaffen und dafür einen ganz besonderen Schlüssel schmieden zu wollen. Er tat, was er versprochen, und kehrte

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