Der verlorene Brief: Roman (German Edition)
Lass uns die ersten drei oder vier ausgebildeten Bogenschützen zu Tallias Schutz abstellen. Auch die Schmiede selbst steht unter keinem Schutz, wenn alle an der Windbarke arbeiten. Aber sie wird ihn dringend nötig haben, falls der Ledir beschließt, zurückzukehren.« Kampo sah seinen älteren Bruder fragend an.
Sahaso nickte sein Einverständnis. »Wir senden sechs, so können immer vier wachen und zwei schlafen.« Kampo schrieb es auf.
Circendil nahm das Wort auf. »Übergebt diesen Gwaethirin die schon fertigen Jägerbögen und Pfeile. Umso schneller können sie hier sein. Und ein Weiteres: Sie sollen ausreichend Lebensmittel mitbringen. Für wenigstens eine Woche und für sich selbst und alle übrigen hier. Und vergessen wir nicht: Tallia ist eine Dame, meine Herren. Sie wird gewiss einiges an frischen Kleidern und anderlei brauchen, während sie hier wohnt.« Der Davenamönch sah das Vahitmädchen an und verneigte sich leicht. »Zumindest würden die jungen Damen meiner Heimat ein paar Wünsche dieser Art haben.«
»Danke«, sagte sie erleichtert. »Schon ein Kamm wäre eine Wohltat.«
»Da habt ihr’s. Jemand muss Tallia diese Sachen bringen. Oder sie nach Hause und wieder hierher begleiten.« Circendil sah fragend in die Runde.
»Das wird das Vernünftigste sein«, meinte Finn. »Du könntest das übernehmen, Herr Abhro. Im Ernst: Du musst ohnehin heute noch nach Mechellinde zu deinem Gespräch mit dem Vahogathmáhir. Es ist ein Aufwasch, sozusagen.« Der Schmied knurrte etwas, das mit einigem guten Willen als ein Ja durchgehen mochte.
»Also einen Kamm, Kleider zum Wechseln und ein paar andere Dinge. Unter anderem braucht Tallia ein Bett, das einer jungenDame würdig ist. Meister Abhro, Ihr sorgt mir dafür.« Circendil wandte sich über Abhros Gebrumm hinweg der Bettstatt zu. »Nun zu der entscheidenden Frage. Wann wird die Galim wieder schweben? Was glaubst du?«
Glimfáin kratzte sich seinen Bart. »Da mir die Vahatinschmiede helfen wollen – in zwei Wochen, denke ich. Nicht früher. Es sei denn … wartet! Ist die Schwebeblase verbrannt?«
Die Vahits sahen sich verständnislos an. »Die was?«, fragte Sahaso für alle.
»Meinst du das große Segel?« Finn erinnerte sich an die wallenden Stoffbahnen, die er nicht einzuordnen gewusst hatte.
Glimfáin nickte. »Es ist kein Segel, aber ja, genau das meine ich. Ist es verbrannt?«
Finn dachte nach, aber er stellte fest, dass er nicht mehr darauf geachtet hatte, nachdem der Angriff des Ledirs erfolgt war. Zu vieles war in zu kurzer Zeit geschehen.
»Ich weiß nicht«, gab er zu. Auch Abhro und die beiden Gesellen zuckten mit den Schultern.
Mellow hob die Hand. »Wenn du damit ein wehendes Stoffdings meinst, das in den Büschen hängt und atmet, als wäre es ein großer, verendender Frosch …«
Finn zuckte unwillkürlich zusammen.
»… dann liegt es immer noch im Llaidh und erschreckt die Vögel. Falls Flammen daran fraßen, dann nur gering. Aber ich sah einige böse Risse darin. Ich ritt daran vorbei, als wir die Marschen nach Finn absuchten«, erklärte er.
Glimfáin nickte. »Dann müssen wir die Blase zuvorderst bergen. Das und die verstreute Ladung sichern. Die Risse lassen sich nähen, sofern wir Nadeln und Garne zur Verfügung haben. Sehr viel Garn übrigens«, fügte er hinzu.
»Ein weiterer Punkt auf deiner Liste, Kampo«, sagte Sahaso. »Veranlasse das. Wie viel ist sehr viel, Glimfáin?«
»Vier oder fünf Spindeln von der Größe einer Vahithand.«
»Also sechs. Jemand soll das Garn den Gwaethirin mitgeben.«
»Wenn ich heute noch in Mechellinde sein werde, werde ich das Garn besorgen«, bot sich Tallia an. »Das ist sicherer. So haben wir es hier. Wir wissen nicht, wann die Bogenschützen kommen werden.«
»Einverstanden«, nickte Sahaso. Kampo strich seinen letzten Eintrag durch.
»Dann zurück zu deiner Frage, Herr Mönch«, sagte Glimfáin. »Wenn der junge Herr Blauband hier Recht hat … wenn die Schwebeblase nur gering beschädigt ist, wird die Galim auf jeden Fall früher fertig. Drei oder vier Tage eher, schätze ich. Das heißt, in spätestens zehn Tagen wird sie wieder schweben.«
»Zehn Tage? Wir wissen nicht, ob wir das Hüggelland überhaupt so lange werden halten können.« Circendil hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Aber deine Worte geben mir dennoch neue Hoffnung, Glimfáin. Mit der Galim können wir andernorts um Hilfe bitten.«
»Hilfe? Hör ich recht? Woher soll die denn
Weitere Kostenlose Bücher