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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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denn Nemandáurs Geschichte   – sie ist eng verknüpft mit dem vielleicht größten Unglück meines Volkes. Denn wisset, diese Axt wurde einst von Irváin geschmiedet, Nemgláins Sohn. Irváin war ein Wahrer Meister wie sein Vater. Und da ihr ohnehin fragen werdet: Wahre Meister sind bei uns nicht nur hochangesehen, sondern sie sind viel, so viel mehr. Sie sind das, wonach ein jeder Gidwargum strebt, solange er nur einen Hammer halten kann. Ein Wahrer Meister zu sein, bedeutet, ganz und gar eins geworden zu sein mit dem erwählten Wissensgebiet. Diese Eigenschaft ist seltener zu finden als reines Sildirum. Und manchmal vergehen Jahrhunderte, ohne dass unserem Volk ein Wahrer Meister geboren wird.«
    »Geboren?« Mellow beugte sich verblüfft vor. »Unsere Cuorderin müssen ihr Wissen mühsam erlernen   – und ihre Kenntnisse hernach beweisen, indem sie ein Buch darüber schreiben, ehe sie sich Wahre Kundige nennen dürfen.«
    »Du irrst dich, Mellow«, widersprach ihm Finn leise. »Nicht mühsam. Ein Cuorderir lernt sein Wissen niemals unter Anstrengung. Er entdeckt es voller Freude.«
    »Auf eure Weise habt ihr, vermute ich, beide Recht«, sagte Glimfáin. »Lernen ohne den entzündenden Funken der Wissbegierigkeit ist zweifelsohne mühsam. Zu einem Wahren Meister gehört die Flamme der Begeisterung ebenso wie das wärmende Feuer des Mögens. In ihm verschmelzen Wissen und Können miteinander zu etwas Besonderem, nie Dagewesenen. Leidenschaftliches Suchen setzt Liebe zu dem voraus, wonach gesucht werden soll. Und das kann niemand lernen   – hierzu wird man geboren. Zumindest ist dies bei unserem Volk so.
    Um auf Nemgláin und seinen Sohn Irváin zurückzukommen: Beide lebten mit ihrer Sippe in Vazarenia, in jenen Dunklen Jahren, da der Dunkle Gebieter Ulúrlims aus seinem Schattenreich hervortrat und heimtückisch die Grube Nórinia überfiel. Er tat dies, um Fárin Goldhand zu entführen, denn es gelüstete ihn nach dessen Wissen; und er gedachte es sich anzueignen, ohne dafür lernen zu müssen, Herr Mellow.
    Nórinia ging in Flammen auf, die heiß genug waren, um Stein zu schmelzen. Alle, die entkommen konnten, flohen, und niemand wusste, wo Fárin war. Nur spärlich trafen Nachrichten ein, und sie klangen nicht gut. Fárin, der größte unserer Schmiede,war nach Ulúrlim verschleppt worden: von Bel’Arzabhêb, dem treuesten Diener Lukathers; lebend, hofften einige, verwundet, sagten andere. Alle aber waren sich einig, dass sein Tod nur eine Frage der Zeit wäre, würde ihm nicht schnellstens geholfen. Nur wie? Nórin Langfuß, sein ältester Freund, und Rumóin, den sie seit kurzem Bartretter nannten, weil er Nórinias Schlüssel in Sicherheit gebracht hatte, beratschlagten sich lange; zu lange, hieß es später. Aber wer wäre schon bereit, nach Ulúrlim zu gehen, in den sicheren Tod, wie die meisten fürchteten? Nun, einige gab es, und unter ihnen war Irváin, obwohl Nemgláin ihn warnte.
    Denn dieser hatte am Tor Nórinias den Leibwachen Bel’Arzabhêbs standgehalten, um auf Rumóin zu warten; und wenn einer sich das Recht erwirkt hatte, vor dem Feind zu warnen, dann war es Nemgláin. Doch auch Téorlin Silberstirn, der Khuradum von Vazarenia, ließ seinen Sohn Témóin schweren Herzens ziehen, und so gab auch Nemgláin sein Einverständnis, wenn auch widerstrebend. So wurde Irváin einer der Acht, die todesmutig nach Ulúrlim gingen, hinein und hinab in Lukathers geheimste und tiefste Verliese, denn ebenda hielt jener Fárin Goldhand gefangen. Unter Folter und Drohungen zwang der Gebieter Ulúrlims Fárin zur Arbeit an   … an einem Ding: der ersten aller Tränen, den dunbluód . Es war jene, die Bel’Arzabhêb kurz nach Fárins Tod selbst erhielt und die ihn zum unsterblichen Dunbluódur machte.
    Die Acht traten ihre Fahrt an, und niemand hoffte, auch nur einen von ihnen wiederzusehen. Wahrlich selbstlos gingen sie: Damfáin Schönlaut; dann Fárins eigener Sohn, Ferivóin; weiter Hagróin Ohnefaust; ihm zur Seite Irváin Sturmfänger; Kúin Leichthammer schloss sich ihnen an; auch Rumóin Bartretter; und natürlich Témoin, des Téorlins Sohn. Sie alle folgten Nórin Langfuß, der sie zu dieser Fahrt bewegt hatte, weil er seinen Freund nicht dem Verderben überlassen wollte.
    Über diese verzweifelte Fahrt ist viel berichtet worden; und alle, die dabei waren, kehrten wundersamerweise zurück. Diesmachte ihre Namen für uns Gidwargim am Ende unsterblich. Oh   ja, wir kennen sie und wir halten

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