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Der verlorene Sohn von Tibet

Der verlorene Sohn von Tibet

Titel: Der verlorene Sohn von Tibet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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legte ihn dann zurück auf das Porzellantablett. Es war eine Tabakspfeife.
    Draußen ging ein Junge am Haus vorbei und brachte ein Bündel Wacholderzweige für die Kohlenpfannen.
    »Trauern die Leute um Lodi?« fragte Shan.
    Liya nickte erneut und schaute in Richtung des Tempels aus dem Fenster. »Er hat uns versorgt und beschützt. Als er sechzehnwar, ist Lodi von hier weggegangen, um die Grenze zu überqueren. Es war eine schlimme Zeit. Von Jahr zu Jahr verließen immer mehr Leute unser Dorf, um sich als Bauern oder Hirten in den Hügeln niederzulassen oder nach Nepal und Indien zu fliehen. Als ich noch klein war, gab es Winter, in denen manche der Kinder und Alten verhungert sind. William nahm einige unserer Kunstwerke zum Verkauf mit und schickte neue Freunde aus Nepal, die uns Vorräte brachten. Dann haben wir mehr als ein Jahr nichts von ihm gehört, bis ein Brief aus England kam. Er hatte unsere Verwandten besucht.«
    »Elizabeth McDowell«, sagte Shan.
    »Sie hatte asiatische Kunst studiert und arbeitete als Beraterin für mehrere Museen. Lodi sagte, ein glückliches Schicksal habe ihn mit ihr zusammengebracht. Als er zurückkehrte, war sie bei ihm und hatte Medizin und Bestellungen im Gepäck.«
    »Bestellungen?«
    »Für Kunstwerke, die sie in Europa und Amerika verkaufen konnten.«
    Liyas Augen füllten sich mit Tränen. Sie ging hinaus auf die Veranda. Shan folgte ihr.
    »Das mit William tut mir leid«, sagte er. »Aber ich muß verstehen, was in Zhoka passiert ist. Surya zuliebe.«
    »Man hatte seinen Leichnam in den Tunnel geschleppt. Ich habe ihn dort gefunden und dann einige der Hügelleute, meine Cousins, dazu überredet, ihn mit mir wegzubringen.«
    »Aber wer hat ihn ermordet?«
    Liya schaute zu Boden und rang die Hände.
    »Dieselben Leute, die euch bei den ragyapas überfallen haben?«
    »Ich weiß es nicht. Falls Surya in den Gewölben auf William gestoßen ist und gesehen hat, daß das Fresko fehlte … Ich weiß es einfach nicht.«
    »Wer waren diese beiden Männer?«
    Liya zuckte die Achseln. »Lodi hat bisweilen mit Außenstehenden zusammengearbeitet. Sie waren wütend, weil er ihnen die Statue geben sollte.«
    »Und warum haben sie die Figur dann zerstört?«
    »Sie sagten, sie würden nun an Lodis Stelle treten, und die Bedingungen hätten sich geändert. Wir müßten uns fügen, sonst würde es den Hügelleuten schlecht ergehen. Ich kannte die beiden nicht. Ein kleiner Chinese mit krummer Nase und ein großer Kerl, ein Mongole, glaube ich. William hat uns nie in die Einzelheiten seiner Geschäfte eingeweiht. So war es für alle am besten, denn er mußte das Geheimnis von Bumpari bewahren. Die beiden Männer haben die wunderschöne alte Statue zerstört, weil ich sie angeschrien habe.« Sie schlug die Hände vor das Gesicht. »Das ist unser Ende. Diese Kerle werden uns aufspüren und zu Sklaven machen. Sie wissen, daß wir nicht registriert sind und ein Anruf bei den Behörden schreckliche Folgen hätte. Unsere Leute haben solche Angst. Die meisten sprechen davon, über die Grenze zu fliehen.«
    »Wieso sind diese Männer dir nicht gleich gefolgt?«
    »Ich weiß es nicht. Es hatte den Anschein, als müßten sie dringend etwas erledigen.«
    »Es wäre für die beiden nicht sinnvoll, Lodi zu töten, ohne zu wissen, wie man euch findet.« Er hielt inne. »Aber du hast gesagt, daß Elizabeth McDowell diesen Ort bereits kennt.«
    »Punji würde niemals etwas verraten. Sie gehört zur Familie. Wir wollen doch nur in Frieden leben und unsere Kunstwerke herstellen. Sie würde auf keinen Fall mit diesen Männern zusammenarbeiten … die waren wie Tiere. Nichts ergibt einen Sinn.« Liya hob den Kopf, als sei ihr plötzlich etwas eingefallen. »Der kleine Chinese hat verlangt, ich solle ihm geben, was Lodi von dem Kaiser besitzt.«
    »Von welchem Kaiser?«
    »Keine Ahnung. Das habe ich ihm auch gesagt, und da hat er mich geohrfeigt.«
    Shan blickte hinaus auf das stufenförmige Dorf. »Hatten die Kaiser Kunstwerke aus Bumpari oder Zhoka?«
    »Wir haben immer nur für die Tibeter gearbeitet, für Buddhisten.«
    »Kaiser Qian Long hat die Buddhisten sehr geschätzt. Zu seinem Hofstaat gehörten Lamas, und er hat tibetische Schätze gesammelt.«
    »Falls diese Männer weitere unserer Kunstwerke gewollt hätten, wären sie mir gefolgt.«
    »Vielleicht mußten sie sich erst neuen Proviant besorgen«, wandte Shan ein. »Immerhin hast du ihre Vorräte in Zhoka vernichtet.«
    »Nachdem ich in diesem kleinen

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