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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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gekommen, um sich eine Gefährtin zu suchen. Doch bislang hatte er nur Männer gesehen.
    Der Mann in Blau stampfte und schrie wenige Fuß von Mades Baum entfernt. Er hatte ein dickes Holzscheit an einer Schnur über seine nackte Schulter hängen; offenbar war er sehr kräftig. Made bohrte in der Nase und schnippte dem Mann seinen Popel an den Kopf, aber dieser bemerkte nichts.
    Menschen waren dumm, verglichen mit Trollen.
    Der Mann lief an dem Baum vorbei ins offene Sonnenlicht. Weiße Fellstreifen waren um seine Füße gewickelt und mit einem Knoten befestigt. Um seine Hüfte hing ein weiteres Fell, mit grünen Blöcken darauf, die von leuchtend blauen Linien unterteilt waren.
    Made spähte in den tiefen, unbekannten Wald hinein. Zu gerne würde er das Wesen finden, das ein solches Fell besaß.
    Vielleicht sollte er das Fell des Mannes stehlen und tragen, damit er mehr wie ein Mensch stank. Vielleicht würde ihm das helfen, eine Frau zu finden. In den vergangenen fünf oder sechs Wintern hatte Made immer wieder Sachen von den Menschen stibitzt, die die Bergpässe überquerten. Dabei hatte er auch ein paar Menschenfrauen gesehen. Wenigstens meinte er, dass es Frauen waren, obwohl man das nie genau wissen konnte, weil sie in so viele Felle gehüllt waren und nach toten Dingen stanken.
    Mittlerweile hatte er seine Menschensachen, die Felle und Decken, wieder weggeworfen, weil es nun, da der Winterschnee geschmolzen war, im Tal zu heiß dafür wurde. Er hatte nur das Messer und den Speer behalten - das kleine harte Blatt und das harte Blatt an dem langen Ast.
    Als er vom Baum kletterte, um dem Mann zu folgen, hörte Made Rufe. Er schob die Zweige beiseite und sah, wie der Mann mit den Fäusten auf das Holz schlug, das er trug. Vögel stoben auf und flüchteten. Ein tiefer, voller Klang tönte aus dem Scheit, ein Klang wie ein Trollgruß, wie Fäuste, die auf eine Brust trommelten. Eine Sekunde lang spürte er sein Herz in seiner Kehle schlagen, eine Einsamkeit, die zu sehr schmerzte, um sie hinunterzuschlucken.
    Er zog seinen Speer aus einem Nadelhaufen und verließ vorsichtig das schützende Dickicht des Nadelwalds. Er schnupperte, ob er außer dem Geruch der Kiefern noch etwas wittern konnte. Nicht zum ersten Mal wünschte er, er hätte die breite, flache Nase eines Trolls.
    Er rannte zu einem dichten Gestrüpp und versteckte sich dahinter. Der Mann mit dem Baumstamm trommelte einen Rhythmus, schwieriger als sämtliche Trollbotschaften, während die anderen im Takt ihrer Schritte einen Gesang anstimmten. Immer wieder wiederholten sie die Worte, bis Made fast verrückt wurde.
    »Löwe, Löwe«, sang er mit ihnen, ohne das Wort zu kennen. »Ah ah ah ah ah ah ah!«
    Menschen redeten dummes Zeug.
    Er murmelte das Wort noch einmal und schlug sich dabei mit den Knöcheln gegen die Brust, bis die Messerscheide, die an einer Schnur um seinen Hals hing, bebte. Aber diesmal versagten seine Nachahmungskünste. Das Trommeln ergab ebenso wenig Sinn wie die Worte.
    Nachdem er zu einer weiteren Baumgruppe weiter oben am Hang gerannt war, entdeckte er den nächsten Mensch in der Reihe - wieder ein Mann! Bis zum Gipfel des Bergkamms hatte Made vier Handvoll und zwei Finger an Menschen gezählt, alles Männer. Zwei von ihnen trugen ebenfalls große Holzscheite um den Hals. Jeder fünfte Mann, jeder Daumen sozusagen, hielt eine große, flache Metallscheibe in der Hand, die einer Pilzart ähnelte.
    Als die Männer mit Stöcken gegen diese Pilze hämmerten, ertönte ein durchdringendes Scheppern. Die übrigen Männer droschen mit langen Zweigen auf das Unterholz ein.
    Diese dummen Männer verjagten sämtliche Tiere, nicht nur die Vögel. Mades Magen knurrte. Im Wald gab es derzeit nur wenig zu essen. Die Bäume entfalteten eben erst ihre Blätter und schickten Sämlinge aus, die wie verletzte Schmetterlinge zu Boden trudelten, und noch blühten nur die kleinsten Blumen, kleine weiße Sterne und winzige blaurosa Blütenköpfe.
    Der Mann, der in Mades Nähe auf das Unterholz einschlug, setzte seine Schritte mit Bedacht und bemühte sich, die Blumen nicht zu zertreten. Vielleicht verjagten die Menschen auf diese Weise den Winter, überlegte Made. Diese Gegend war fruchtbarer als die hohen Berge, und die Blüte kam früher im Jahr. Vielleicht war das Magie, jene falsch schmeckende Natur, vor der seine Mutter ihn gewarnt hatte.
    Er beschloss, den Männern vorauszurennen. Vielleicht gab es weiter unten im Tal noch Frauen. Als er den Bergkamm

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