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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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erreichen. Das allerdings nur in der trockenen Jahreszeit, denn wenn es regnete, konnte man nie wissen ...
    Wir hatten Glück, obwohl wir bis zur letzten Sekunde bangten. Marta bekam die letzten sechs Flugtickets für Montag, den 17. Juni. Wir befanden uns mitten in der Touristensaison, und wegen der großen Nachfrage wurden zusätzliche Flüge eingesetzt. Alles in allem kostete uns der Spaß siebenhundert Euro plus eine Anzahlung für die Rückflugtickets. Wir kannten das genaue Datum noch nicht, schätzten aber, daß wir irgendwann gegen Ende des Monats zurückwollten. Daher reservierten wir vorsorglich einen Flug, denn wir wollten bei der großen Nachfrage nicht am Ende ohne Rückfluggelegenheit dasitzen.
    Gertrude hatte einige Schwierigkeiten, unsere Reiseapotheke zusammenzustellen. Ihre Funktion als Organisatorin von Relief International in Bolivien war dabei nicht immer hilfreich. Von den Zulieferern, die mit ihrer Hilfsorganisation zusammenarbeiteten, erhielt sie problemlos die Grundausstattung, etwa Schmerzmittel, Verbandszeug, Antibiotika, Spritzen und Einwegnadeln. Doch es gelang ihr zunächst nicht, unterderhand das Schlangengift-Immunserum zu besorgen, das sogenannte polyvalente Antivenin, sowie die dazugehörige Impfpistole. Mit diesen und ähnlichen Problemen schlug sie sich ganze drei Tage herum, von Donnerstag bis Samstag.
    Efrain und Marc studierten in der Zeit Karten des Madidi auf der Suche nach dem günstigsten Weg, um unbemerkt in den Park zu gelangen. Beim Surfen im Netz stießen sie auch auf ein Interview mit einem gewissen Pedro Pellisier Sanchiz. Der Bekannte von Efrain und Marta war der ehemalige Direktor des Völkerkundemuseums von Bolivien und hatte die einzige
    existierende Bevölkerungskarte des Landes erstellt. In dem Gespräch zeigte sich Pellisier Sanchiz überzeugt von der Existenz noch unentdeckter Stämme in dem Gebiet des Madidi, etwa im unbekannten Quellgebiet des Río Heath und im Tal des Río Colorado. Am meisten aber überraschte, daß er behauptete, eine dieser nicht erfaßten Gruppen seien die Toromonas, ein Stamm, der im 19. Jahrhundert auf rätselhafte Weise während des Kautschukkrieges von der Bildfläche verschwunden war. Der Legende nach waren die Toromonas enge Verbündete der Inka, denen sie nach ihrer Niederlage gegen die Spanier halfen, mit den immensen Schätzen in den Urwald zu flüchten - was anscheinend den Mythos vom verlorenen, im Amazonasgebiet versteckten Eldorado oder Paitití genährt hatte. Die Toromonas galten seit mehr als einem Jahrhundert als verschollen und waren offiziell für ausgestorben erklärt worden. Pellisier Sanchiz’ Annahme bestärkte uns in unserer Überzeugung, daß es sich mit den Yatiri vielleicht ganz ähnlich verhielt. Im Grunde genommen wußte niemand genau, was sich in den weißen Flecken befand. Auch die glücklosen Expeditionen in das Gebiet ließen das vermuten, etwa die des britischen Colonels Percy Harrison Fawcett im Jahre 1911, der damit betraut worden war, die Grenzen zwischen Bolivien und Peru sowie zwischen Brasilien und Paraguay zu kennzeichnen. Oder die des Norwegers Lars Hafskjold im Jahr 1997, von dem man nie wieder etwas hörte, nachdem er das Gebiet betreten hatte.
    Der Madidi-Park war gewissermaßen ein geographisches schwarzes Loch. Trotzdem vermutete man dort, wie in einem Bericht der National Geographie vom März 2000 und in einem Bericht in Conservation International 3 zu lesen war, die Region mit der weltweit größten Artenvielfalt. Dort seien zum Beispiel mehr Vogelarten zu finden als auf dem gesamten nordamerikanischen Kontinent.
    Marc und Efraín gaben ihre Informationen und Erkenntnisse täglich an uns weiter, wenn wir beim Essen zusammensaßen. Sie führten uns immer deutlicher die Ungeheuerlichkeit, ja den Wahnsinn dieser Expedition vor Augen, zu der wir uns verpflichtet hatten. Keiner sagte etwas dazu, doch ich fragte mich, ob wir nicht einen schwerwiegenden Fehler begingen und womöglich ähnlich wie der britische Colonel oder dieser norwegische Forscher enden würden. Aus einem Impuls und dem Wunsch heraus, die Nabelschnur zur Zivilisation nicht völlig zu kappen, kaufte ich mir am Tag vor der Abreise eine kleine Ausrüstung, bestehend aus einem GPS-Handgerät, um zu jedem Zeitpunkt unsere Position überprüfen zu können, einem Ladegerät mit Solarzellen für die Batterien meines Handys und meines Laptops - den ich um jeden Preis in den Urwald mitnehmen wollte. Ich würde nicht sterben, ohne der

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