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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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sehen.«
    »Wir sind doch gerade erst am Anfang!« Efrain streifte sich den Rucksack von den Schultern, um aufzustehen. »Keine Sorge, Kumpel, man kann immer mehr, als man glaubt. Warten Sie erst mal ab, in ein paar Tagen sind Sie perfekte Indianer.«
    »Ich fühle mich fast schon so«, brummte ich im Brustton der Überzeugung.
    Efrain zog sich plötzlich Hemd und Stiefel aus und stieg, ohne zu zögern, mit Hose und allem ins Wasser und planschte so wild herum, daß er uns alle naß spritzte. Er hatte es wirklich nötig, man hätte ihn leicht für eine Lehmskulptur halten können. Es war ein Uhr mittags, und wir waren seit sechs Uhr auf den Beinen. Mir kam es wie eine Ewigkeit vor. Während Efrains Dschungelkoller auf die anderen abfärbte und sie ebenfalls ins Wasser stiegen, um sich zu säubern und ein wenig herumzualbern, konsultierte ich die Karte und das GPS. Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, daß wir kaum mehr als sechs Kilometer hinter uns gebracht hatten. Unsere Position betrug 14° 17’ südliche Länge und 67° 23’ östlicher Breite. Selbst wenn wir im Dschungel auf eine Landstraße stießen, würden wir am Abend nicht die für unser Nachtlager vorgesehene Stelle erreichen. Der Plan, mehr als zwanzig Kilometer pro Tag zurückzulegen, war hirnrissig gewesen. Genauso wie die Vorstellung, wir hätten überschüssige Kraft einzusetzen, weil wir von den Hochanden kamen und mehr Sauerstoff im Blut hätten.
    »Nur Mut, Arnau«, redete ich mir selbst gut zu. »Schlimmer kann es nicht mehr kommen.« Da auch meine Haut von einer dicken, getrockneten Lehmkruste überzogen war, beschloß ich, daß ich ebenfalls dringend ein Bad vertragen konnte. Im Leben war ich noch nicht so dreckig gewesen, alles an mir klebte, und ich stank. Sicher gehörte auch das zu den neuen Erfahrungen, die ich tapfer ertragen mußte, aber es widerstrebte doch all meinen Grundsätzen.
    Der Nachmittagsmarsch wurde kaum besser, nur kamen wir noch ein bißchen langsamer voran. Wir waren erschöpft, und die schweren Rucksäcke machten uns zu schaffen. Lola trug obendrein noch einen Plastikbeutel mit zwei riesigen Schnecken, die sie in der Nähe des Bachs gefangen hatte. Es schien ihr nichts auszumachen, diese beiden Tierchen mitzuschleppen, deren spiralförmige Häuser kaum kleiner waren als Hefeschnecken. Auf unserem Weg entdeckten wir breite Ameisenstraßen, die sich durchs Dickicht zogen. Da jede einzelne Ameise mehr als zwei Zentimeter lang war, erreichte die Prozession beachtliche Ausmaße. Die längste Ameisenstraße, auf die wir stießen, bestand aus rötlichen Tierchen, die mit ihren Kauwerkzeugen riesige Blattstücke zu einem imposanten, fast einen halben Meter hohen Erdhaufen schleppten.
    »Ist das ein Termitenhügel?« fragte Lola.
    »Nein«, sagte Gertrude. »Termitenhügel sind weitaus größer. Das ist nur ein Ameisenhügel. Manchmal errichten Ameisen ganz ähnliche Bauten. Sie schützen damit die Öffnungen ihrer unterirdischen Gänge.«
    Marc stieß einen bewundernden Pfiff aus. »Das müssen ja gigantische unterirdische Labyrinthe sein!«
    Doctora Bigelow nickte. »Wahrscheinlich laufen wir schon seit einigen Kilometern ahnungslos über sie hinweg.«
    »Sind die hier gefährlich?« wollte Marta sofort wissen.
    »Das weiß ich nicht. Aber ich würde sie sicherheitshalber lieber nicht anfassen. Davon kann man tagelang hohes Fieber und Schmerzen bekommen.«
    Vor Einbruch der Dunkelheit machten wir endlich auf einer kleinen freien Fläche zwischen zwei Bäumen halt.
    »Hier werden wir die Nacht verbringen.« Efrain rammte mit einem lässigen Schwung aus dem Handgelenk die Machete in den Boden.
    »Hier?« wunderte sich Marc. »Hier können wir die Zelte doch gar nicht aufstellen.«
    »Wir werden sie auch nicht aufstellen, Herr Informatiker«, sagte der umtriebige Archäologe. »Heute schlafen wir unterm Moskitonetz in unseren Hängematten.«
    »Unter freiem Himmel?« murrte ich.
    »Unter freiem Himmel. Bei dem Schlamm können wir keine Zelte aufstellen.«
    »Laßt uns erst den Boden absuchen«, mahnte Gertrude, »und die Baumrinden ebenfalls. Danach sehen wir, ob wir bleiben können.«
    Auf dem Boden gab es tatsächlich Ameisen, aber nur schmale Reihen von kleinen hintereinandermarschierenden Tierchen, die nicht gefährlich wirkten. Nachdem wir die Lebensmittel für unser Abendessen hervorgeholt hatten, schnürten wir die Rucksäcke fest zu und zündeten die Gaslampen an, um uns für die Nacht einzurichten. Wir waren völlig

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