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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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brachen die Worte mit Zorn und Verachtung hervor.
    William wachte auf, als Rawlinson zu Boden fiel. Sein Hemd
    war tropfnass vor Schweiß. Den Rest der Nacht setzte er sich ker-
    zengerade hin, die Arme um die Knie geschlungen. Einige Tage
    danach kam Nachricht von der Front. Rawlinson würde nicht

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    mehr nach Skutari zurückkehren. Er war in den Gräben südlich
    von Sewastopol durch eine verirrte Kugel verwundet worden.
    Seine Verletzungen waren schwer, aber nicht lebensbedrohlich;
    der Arzt im Feldlazarett hatte geraten, ihn direkt nach England
    zurückzuschaffen und seine Habseligkeiten an eine Adresse in
    London zu schicken. In jener Nacht schnitt sich William so tief,
    dass er sich eine Sehne verletzte. Ihm blieb keine Wahl, als eine
    Krankenschwester um Hilfe zu rufen. Als er ihr erklärte, dass
    ihm das Rasiermesser versehentlich aus der Hand gerutscht sei,
    runzelte sie die Stirn und biss sich auf die Lippe. Anfang August
    erhielt William Mitteilung über seine eigene Zukunft. Man hatte
    ihn als nicht mehr verwendungsfähig für den aktiven Dienst ein-
    gestuft. Er werde als Invalide aus der Armee entlassen und nach
    Hause geschickt, wo er eine kleine Pension erhalte.
    Das Schiff, das ihn nach England bringen sollte, legte an
    einem sonnigen Septembernachmittag in Skutari an. Es hatte
    frische Truppen auf den Balkan befördert, die erst einmal auf
    dem Stützpunkt Skutari Instandsetzungsarbeiten durchführen
    würden, bevor man sie an die Front verlegte. Trotz ihrer langen
    Reise wirkten die Soldaten sauber, munter und außergewöhn-
    lich jung, als sie vom Schiff stiegen und sich umsahen. William
    ging ihnen aus dem Weg, aber an seinem letzten Nachmittag traf
    es sich, dass er plötzlich zwei von ihnen vor sich hatte, die den
    staubigen Pfad hinauf zu ihrem Lager erklommen. Im Gehen
    sangen sie ein Lied und schwangen im Rhythmus der Verse die
    Arme.

    Freut Euch, Ihr Jungs, so freut Euch,
    Die faule Trübsal ist vorbei,
    Mit Mut und kühnem Herzen beschreiten wir den Weg,
    Vor uns liegt die Hoffnung und macht uns frei,
    Das finst̕re Heute ist uns einerlei

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IV

    D ie Schenke namens Black Badger lag am Ende einer morasti-
    gen Gasse inmitten eines Gewirrs gewundener Sträßchen, die
    von der unteren Broad Street abzweigten. Wenn Tom durch
    die Gasse ging, dachte er jedes Mal, dass sie sich trotz ihrer
    Länge wohl einfach nicht entscheiden konnte, ob sie sich nun
    nach rechts oder nach links wenden, ob sie breit oder schmal,
    schnurgerade oder lieber gekrümmt sein wollte. Abgesehen von
    dem Graben mit der sumpfigen Brühe, der wie ein Rückgrat aus
    Schlamm die ganze Gasse durchzog und an den flacheren Stel-
    len Pfützen bildete, war das Einzige, worauf man sich verlassen
    konnte, ihr immergleicher Gestank: ein süßlicher Geruch nach
    verfaultem Abfall, hier und da versetzt mit dem heißen Fett von
    gebratenem Fisch, und dem Furzgestank gekochter Kohlstrün-
    ke. Beißender blauer Tabakqualm hing über den Abfallhaufen,
    in denen Frauen, kurze, schwarze Tonpfeifen zwischen den
    Zähnen, barfuß und mit hochgebundenen Röcken nach Lum-
    pen und Knochen wühlten. In den Hauseingängen kauernd,
    dösten ihre Männer vor sich hin, die Gesichter erstarrt, auf-
    gedunsen und purpurrot, ja, manchmal sogar schwarz vom
    Gin. Der Duft frischen Porters stieg Tom in die Nase und über-
    lagerte den Geruch nach abgestandenem Bier. Eine Sekunde
    darauf rempelten die beiden Schankburschen ihn an, in ihren
    hölzernen Traggestellen schwere Krüge, die bis zum Rand mit
    der Stärkung für die Erdarbeiter in der Dean Street gefüllt wa-
    ren. Toms Schätzung nach musste es etwa vier Uhr nachmittags
    sein. Seit dem Morgengrauen pendelten die Jungen regelmäßig

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    wie Weberschiffchen zwischen c
    S henke und Baustelle hin und
    her.
    Das Black Badger duckte sich in den Winkel, wo die Gasse
    eine Biegung machte und sich, gleichsam zu Tode erschrocken
    über ihre eigene Kühnheit, so unvermittelt verengte, dass Tom
    und Joe nicht mehr nebeneinander gehen konnten. Das Haus
    war wohl einmal weiß getüncht gewesen, aber solange Tom es
    kannte, war die Fassade von rußig schwarzen Schwären überzo-
    gen, der Anstrich längst abgeblättert. Mit finsterer Miene schielte
    es zwischen der arg ramponierten Mütze seines niedrigen Da-
    ches und dem Stoppelbart aus Dreck hervor, der ihm ums Kinn
    spross. Die Fenster waren verschmiert und dunkel, etliche Schei-
    ben zerbrochen und mit Holzbrettern und altem

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