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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Meister war ein zweites Mal aufgetaucht, wohl aber hatte es Abendgesellschaften mit mindestens
einem Dutzend Gästen gegeben. Körbe voller Miesmuscheln, Austern und Hummer, für die jene Gegend berühmt war, waren ins Haus gebracht worden, aber das war bei den anderen großen Häuser in der näheren Umgebung ebenso.
    Gower, dessen Gesicht einen kräftigen Sonnenbrand aufwies, schlenderte über den Rundweg. Seine Haare wehten im Wind. Er blieb ein oder zwei Schritte von Pitt entfernt stehen und beugte sich dann ebenfalls über die Brüstung, als beobachte er das Segelboot.
    »Wohin ist er?«, erkundigte sich Pitt leise, ohne ihn anzusehen.
    »Ins selbe Café wie immer«, gab Gower zur Antwort. Gemeint war Wrexham, den sie abwechselnd Tag für Tag beschatteten. »Ich bin nicht reingegangen, weil ich nicht gesehen werden wollte. Derselbe dürre Mann wie beim vorigen Mal ist auch reingegangen und nach etwa einer halben Stunde wieder rausgekommen.«
    Er sprach etwas rascher, und seine Stimme hob sich, als er fortfuhr: »Ich hab so getan, als ob ich auf jemand wartete, und die beiden eine Weile durch das offene Fenster beobachtet. Sie haben darüber geredet, dass noch mehr Leute kommen, ziemlich viele sogar. Es sah so aus, als ob sie die auf einer Liste abhakten. Die haben auf jeden Fall was vor.«
    Pitt hätte gern die gleiche Erregung empfunden, wie sie sein Untergebener an den Tag legte, aber was sie im Laufe der vergangenen Woche erlebt hatten, schien ihm zu unergiebig. Er sah darin nichts, was bedeutende politische Veränderungen ankündigte. Seit langem beschäftigen er und Narraway sich gründlich mit Revolutionären, Anarchisten, Aufwieglern und Unruhestiftern aller Art. Was hier stattfand, wirkte viel zu beschaulich, es schien das harmlose Gerede von Leuten zu sein, die zu keinen wirklichen Risiken bereit waren. Gower war jung und hatte, womöglich unbewusst, den Eindruck, dass sie
die gleiche Begeisterung, das gleiche innere Feuer hatten wie er selbst. Pitt lächelte, als er daran dachte, wie Gower gemeinsam mit ihrer Wirtin lachte, wenn er ihr Komplimente wegen ihrer Speisen machte und sich von ihr deren Zubereitung erklären ließ, woraufhin er ihr über Lieblingsgerichte von Engländern berichtete, beispielsweise Fleischpastete mit Nieren, Plumpudding oder Aal sauer. Es war ihr anzumerken, dass sie nicht wusste, ob sie ihm glauben durfte oder nicht.
    »Die Leute haben sich noch mehr Austern kommen lassen«, bemerkte Pitt. »Wahrscheinlich gibt es da wieder eine große Gesellschaft. Ganz gleich, wie Frobishers politische Ansichten in Bezug auf die Veränderung der Lebensumstände der Armen aussehen, er scheint sich oder seinen Gästen auf keinen Fall etwas versagen zu wollen.«
    »Er dürfte kaum rumziehen und lauthals aller Welt verkünden, was er vorhat … Sir«, gab Gower rasch zurück. »Solange man ihn für einen reichen harmlosen Idealisten hält, der nicht im Traum daran denkt, nach seiner Theorie zu leben, wenn er sich Freunde einlädt, wird ihn niemand ernst nehmen. Wahrscheinlich gibt es für ihn keine bessere Tarnung.«
    Pitt dachte eine Weile darüber nach. Zweifellos hatte Gower mit dieser Annahme Recht. Trotzdem war ihm unbehaglich zumute. Er war immer mehr überzeugt, dass sie dort in Saint Malo ihre Zeit vertrödelten, doch konnte er kein einziges rationales Argument dafür finden. Alles stützte sich auf seinen durch lange Erfahrung geschulten Instinkt.
    »Und was ist mit all den anderen, die ständig kommen und gehen?«, fragte er und wandte sich Gower zu, der lächelnd den Sonnenschein auf seinem Gesicht genoss. Unter ihm überquerte eine Frau in einem modischen roten Kleid mit Puffärmeln und einem weiten Rock den kleinen Platz und verschwand in dem schmalen Gässchen, das nach Westen führte. Zufrieden nickend, blickte Gower ihr nach.

    Dann wandte er sich mit einem Gesicht, auf dem ein Ausdruck von Ratlosigkeit lag, Pitt zu. »Das sind etwa ein Dutzend. Halten Sie die wirklich für harmlos, Sir? Natürlich abgesehen von Wrexham.«
    »Meinen Sie, dass es sich um lauter wilde Revolutionäre handelt, die sich mit Erfolg bemühen, den Eindruck biederer Bürger mit einem langweiligen und friedlichen Leben zu erwecken?«, erkundigte sich Pitt.
    Lange schwieg Gower, als müsse er sorgfältig überlegen, was er darauf erwidern wollte. Er wandte sich um, lehnte sich gegen die Mauerbrüstung und sah auf das Wasser. »Bestimmt hatte Wrexham einen Grund, West umzubringen«, sagte er bedächtig. »Er

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