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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Beweise, die auf der gestohlenen Akte beruhten, aus dem Prozess ausgeschlossen werden.
    Am Dienstag gingen Mordecai und ich die Klageschrift noch einmal durch, und noch einmal fragte er mich, ob ich die Sache wirklich durchziehen wolle. Um mich zu schützen, wäre er bereit gewesen, die Klage fallen zulassen. Wir hatten mehrmals darüber gesprochen. Beispielsweise konnten wir den Fall Burton ruhen lassen, mit Drake & Sweeney eine Vereinbarung treffen, um mich vor Schikanen zu schützen, ein Jahr warten, bis Gras über die Sache gewachsen war, und den Fall dann diskret einem Freund von Mordecai auf der anderen Seite der Stadt zuschieben. Doch das war eine schlechte Strategie, die wir sogleich wieder verworfen hatten.
    Er unterschrieb die Klageschrift, und wir fuhren zum Gericht. Mordecai saß am Steuer, während ich die Klage noch einmal durchlas. Je weiter wir fuhren, desto schwerer wurde das Papier.
    Alles hing von unserem Verhandlungsgeschick ab. Drake & Sweeney würde gedemütigt sein, eine Kanzlei, die unglaublich stolz auf ihre Glaubwürdigkeit, ihre Mandantenbetreuung und ihre Diskretion war. Ich kannte die Geisteshaltung, die Persönlichkeit der großen Anwälte, und ich kannte den Kult, der um sie, die niemals etwas Unrechtes taten, getrieben wurde. Ich kannte die Angst davor, in irgendeiner Weise negativ wahrgenommen zu werden. Ebenso groß wie die Schuldgefühle, die man empfand, weil man so viel Geld verdiente, war der Wunsch, mitfühlend gegenüber denen zu wirken, die weniger vom Glück gesegnet waren.
    Drake & Sweeney hatte Unrecht getan. Ich hatte den Verdacht, dass man dort gar nicht wusste, wie groß dieses Unrecht war. Ich stellte mir Braden Chance vor, wie er sich hinter verschlossenen Türen verschanzte und betete, dass alles bald vorüber sein möge.
    Aber auch ich hatte falsch gehandelt. Vielleicht konnten wir uns in der Mitte treffen und uns vergleichen. Wenn nicht, würde Mordecai Green das Vergnügen haben, den Fall Burton schon sehr bald einer freundlich gesinnten Jury vorzutragen und sie um viel Geld zu bitten. Und die Kanzlei würde das Vergnügen haben, meinen schweren Diebstahl unerbittlich zu verfolgen, und das bis zu einem Punkt, an den ich lieber nicht denken wollte.
    Nein, der Fall Burton würde nie verhandelt werden. Ich konnte noch immer wie ein Drake & Sweeney-Anwalt denken. Die Vorstellung, in Washington vor ein Schwurgericht treten zu müssen, würde ihnen die Haare zu Berge stehen lassen.
    Die befürchtete Peinlichkeit würde schon dafür sorgen, dass sie nach Möglichkeiten suchten, den Schaden zu begrenzen.
    Tim Claussen, ein ehemaliger Kommilitone von Abraham, war Gerichtsreporter bei der Washington Post. Er wartete vor der Geschäftsstelle, und wir gaben ihm eine Kopie der Klageschrift. Er las sie, während Mordecai das Original einreichte, und stellte uns dann ein paar Fragen, die wir mit der Bitte, ungenannt zu bleiben - nur zu gern beantworteten.
    Der Fall Burton entwickelte sich in politischer Hinsicht rasant zu einer heißen Kartoffel. In erstaunlichem Tempo wurden die verschiedensten Schuldzuweisungen geäußert. In der Stadtverwaltung machte jeder Dezernatsleiter einen anderen für die Tragödie verantwortlich. Der Stadtrat schob die Schuld auf den Bürgermeister, der sie wiederum auf den Stadtrat und auch auf den Kongress schob. Ein paar Ultrakonservative im Repräsentantenhaus schwangen markige Reden und schoben die Schuld auf den Bürgermeister, den Stadtrat und die ganze Stadt.
    Dass man nun ein paar reiche weiße Anwälte dafür verantwortlich machen wollte, gab eine erstklassige Story ab. Claussen war ein sarkastischer, abgebrühter Journalist, doch er konnte seine Begeisterung nicht verbergen.
    Es störte mich nicht im geringsten, dass die Presse aus dem Hinterhalt über Drake & Sweeney herfiel. Die Kanzlei hatte selbst die Regeln dieses Spiels bestimmt, als sie den Reportern bei meiner Verhaftung vor einer Woche einen Tip gegeben hatte. Ich sah förmlich vor mir, wie Rafter und seine Bande von Prozessanwälten am Konferenztisch saßen und sich vollkommen einig waren, dass es eine hervorragende Idee wäre, die Presse von meiner Verhaftung zu informieren und ihr obendrein ein Foto des Verbrechers zur Verfügung zu stellen. Das würde mich kränken und demütigen, ich würde meine Tat bereuen, die Akte herausrücken und tun, was immer sie von mir wollten.
    Ich kannte diese Mentalität, ich kannte dieses Spiel.
    Ich hatte keinerlei Gewissensbisse, als ich dem

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