Der Verrat
Kanzlei - Arthur Jacobs und der Vorstand - kannte nun die Wahrheit. Die Zwangsräumung hätte nicht durchgeführt werden dürfen. Die mündlichen Mietverträge hätten von Chance im Namen von RiverOaks schriftlich und mit einer Frist von dreißig Tagen gekündigt werden müssen.
Ein Aufschub von dreißig Tagen hätte das Geschäft zwischen der Postdirektion und RiverOaks gefährdet.
Ein Aufschub von dreißig Tagen, und Lontae und die anderen Mieter hätten die härteste Zeit des Winters hinter sich gehabt.
Chance war also gefeuert worden und hatte zweifellos einen goldenen Händedruck für sein Teilhaberpaket bekommen. Hector war vermutlich zu Besprechungen eingeflogen worden. Nun, da Chance nicht mehr da war, konnte Hector die Wahrheit sagen, ohne unangenehme Konsequenzen befürchten zu müssen. Er würde allerdings nicht verraten, dass er Kontakt mit mir gehabt hatte.
Hinter verschlossenen Türen hatte sich der Vorstand schließlich der Wahrheit stellen müssen. Es sah nicht gut aus für die Kanzlei. Rafter und sein Team hatten eine Verteidigungsstrategie entworfen: Sie würden mit Nachdruck darauf hinweisen, der Fall Burton beruhe auf Material, das aus der Kanzlei Drake & Sweeney gestohlen worden sei. Und da gestohlene Beweisstücke vor Gericht nicht zulässig seien, müsse die Klage abgewiesen werden. Aus juristischer Sicht war gegen diese Argumentation nichts einzuwenden.
Doch bevor Rafter sie hatte vorbringen können, hatte die Presse sich eingeschaltet. Es waren Zeugen aufgetaucht, die das, was in der Akte stand, bestätigen konnten. Wir konnten den Fall auch ohne die von Chance beiseitegeschafften Schriftstücke beweisen.
Bei Drake & Sweeney herrschte jetzt das Chaos. Dort arbeiteten vierhundert aggressive Anwälte, die nicht bereit
waren, ihre Meinung für sich zu behalten - die Kanzlei befand sich vermutlich am Rande des offenen Aufstands. Wenn ich noch dort gearbeitet hätte und mit einem ähnlichen Skandal in einer anderen Abteilung konfrontiert gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit die Sache unauffällig abgeschlossen wurde und aus der Presse verschwand. Die Option, die Schotten dichtzumachen und den Sturm vorüberziehen zu lassen, existierte einfach nicht. Die Artikel in der Post waren nur ein Vorgeschmack auf das, was Drake & Sweeney in einem öffentlichen Verfahren blühte. Und bis zu diesem Verfahren würde noch ein ganzes Jahr vergehen.
Und auch aus einer anderen Ecke würde es Druck geben. Aus der Akte ging nicht hervor, wie viel RiverOaks von den Bewohnern des Lagerhauses gewusst hatte.
Überhaupt hatten Chance und sein Mandant nur sehr wenige Briefe gewechselt. Ich hatte den Eindruck, dass man ihm gesagt hatte, er solle das Geschäft möglichst schnell zum Abschluss bringen. RiverOaks hatte Druck gemacht, und Chance hatte alles niedergewalzt.
Angenommen, RiverOaks hatte von der Gesetzwidrigkeit der Zwangsräumung nichts gewusst - dann konnte die Gesellschaft Drake & Sweeney wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht verklagen. Sie hatte der Kanzlei einen Auftrag erteilt, den diese gründlich vermasselt hatte. Der Fehler der Kanzlei hatte dem Mandanten geschadet. Mit dreihundert-fünfzig Millionen in Beteiligungen konnte RiverOaks genügend Druck ausüben, um die Kanzlei zu zwingen, den Schaden wieder gutzumachen.
Auch andere wichtige Mandanten würden sich so ihre Gedanken machen. »Was ist bei euch eigentlich los?« war eine Frage, die wahrscheinlich jeder Teilhaber von denen hörte, die die Rechnungen bezahlten. In der knallharten Welt des Geschäfts würden die Geier der anderen Kanzleien bereits kreisen.
Die Kanzlei Drake & Sweeney vermarktete ihr Image, ihr öffentliches Ansehen. Das taten alle großen Kanzleien. Und keine davon hätte die Schläge verkraften können, die auf Drake & Sweeney einprasselten.
Der Abgeordnete Burkholder erholte sich schnell. Am Tag nach seiner Operation ließ er sich in einem sorgfältig geplanten Auftritt der Presse vorführen. Man schob ihn in einem Rollstuhl auf eine improvisierte Bühne in der Eingangshalle des Krankenhauses. Mit der Hilfe seiner hübschen Frau erhob er sich und trat vor, um eine Rede zu verlesen. Zufällig trug er ein leuchtend rotes Sweatshirt mit dem Aufdruck INDIANA. Sein Hals war verbunden, und den linken Arm trug er in einer Schlinge.
Er erklärte, es gehe ihm den Umständen entsprechend gut, und er werde seine Arbeit in einigen Tagen wieder aufnehmen. Hallo, liebe Leute daheim
Weitere Kostenlose Bücher