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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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ihn zu wissen, und auf meine Notiz, die ich ans Anschlagbrett gehängt habe, hat sich noch keiner gemeldet.«
    Sano umklammerte die Zügel. Der eisige Wind pfiff durch seine Kleidung, als die Pferdehufe die Erde unter ihm zerstampften. Unter einem sternklaren Himmel zog die unveränderliche, weite Landschaft aus Feldern und Wiesen an ihnen vorüber, sodass er das Fortkommen kaum bemerkte.
    »Nach einer erholsamen Nachtruhe werden die Dinge vielversprechender aussehen«, sagte Sano.
    Stunden später kam Sano durchgefroren und erschöpft zu Hause an. Reiko hatte auf ihn gewartet. Sie stand in ihrem Schlafgemach, und ein kurzer Blick in ihr Gesicht sagte ihm, dass etwas nicht stimmte. Sie presste die Lippen aufeinander und schaute ihn ängstlich und vorwurfsvoll zugleich an.
    »Was ist los?«, fragte Sano, der befürchtete, dass ihr oder Masahiro etwas zugestoßen war.
    Reiko trat einen Schritt zurück, um der Hand auszuweichen, die Sano nach ihr ausstreckte. Dann warf sie ihm ein kleines Buch zu. »Würdest du mir das bitte erklären?« Hinter ihrem gereizten Tonfall verbargen sich Furcht und Vorwurf.
    Sano fing das Buch verwirrt auf, schlug es auf und runzelte verwundert die Stirn, als er die Aufschrift las: Das Tagebuch der Kurtisane Wisterie.
    »Wo kommt das her?«
    Reiko gab ihm keine Antwort. Verzagt durch ihren seltsamen Gesichtsausdruck, begann Sano die Seiten zu lesen. Seine Verwunderung wich tiefer Bestürzung und dann Entsetzen, als er das Geflecht aus Wahrheit und Lüge las. Kurtisane Wisterie konnte unmöglich so scheußliche Verleumdungen über ihn geschrieben haben! Das Buch musste eine Fälschung sein. Aber während des Lesens kam es Sano so vor, als hörte er Wisteries Stimme die Worte sprechen. Und wer außer ihr hätte die intimen Einzelheiten ihrer Beziehung wissen können?
    Wenn er Reiko die Affäre doch nur gestanden hätte! Wie konnte er sie nun davon überzeugen, dass der größte Teil der Geschichte eine Lüge war? Und wie sollte er gleichzeitig die Dinge zugeben, die der Wahrheit entsprachen?
    Sano las den letzten Abschnitt, in dem stand, dass er den Shōgun beleidigt hatte und plante, Masahiro als nächsten Militärdiktator an die Macht zu bringen. Sein Blut kochte vor Schmach. Beschämt und in die Enge getrieben, schlug er das Tagebuch langsam zu. Er zögerte den Augenblick heraus, da er Reiko in die Augen schauen musste. Als er schließlich den Blick hob, sah sie ihn mutig und doch misstrauisch an wie ein Krieger, der einem Fremden begegnet, von dem er nicht wusste, ob er Freund oder Feind war.
    »Woher hast du das?«, fragte Sano.
    »Von Fürstin Yanagisawa.« Reiko erklärte ihm, dass das anonyme Paket für den Kammerherrn abgegeben worden war und die Fürstin es ihr dann gebracht hatte. »Ist die Geschichte wahr?«, fragte Reiko ängstlich.
    Seine angespannten Nerven trieben Schweißperlen auf Sanos Stirn. »Nimm erst einmal Platz«, sagte er. »Wir müssen reden.«
    Reiko rührte sich nicht, wandte ihm aber den Blick zu. Sano sah, dass ihr Stolz zerbrach. »Dann ist es also wahr«, wisperte sie. »Sie war deine Geliebte. Ich dachte, wir wären … und dabei hast du …« Jäh wandte Reiko den Blick ab.
    »Es war vorbei, ehe wir geheiratet haben«, beteuerte Sano.
    »Und warum hast du mir dann nicht gleich zu Beginn der Ermittlungen von Wisterie erzählt?«
    »Ich wollte dich nicht beunruhigen.« Sano verspürte starke Schuldgefühle, die ihm körperliche Schmerzen bereiteten. Die Stunden der Lust und Leidenschaft, die Kurtisane Wisterie ihm beschert hatte, waren das alles nicht annähernd wert.
    »Das hast du zu ihr gesagt, als sie erfuhr, dass du einer anderen Frau versprochen warst.« In Reikos Herz brannte ein Feuer aus Schmerz, Argwohn und Zorn. Sie zeigte auf das Tagebuch, das Sano noch in Händen hielt. »Wisterie war hübsch. Du hast sie geliebt. Sie hat alles für dich getan, was ein Mann sich wünschen kann.« Reiko zog verbittert die Mundwinkel herab. »Du hast mich nur geheiratet, weil ich aus einer hochrangigen Samurai-Familie stamme und nicht aus einem Bordell komme.«
    »Ich habe Wisterie nicht geliebt«, widersprach Sano. »Außer Sex gab es nichts zwischen uns beiden.« Er sah, dass Reiko die Augen zusammenkniff. »Es war nur eine kurze Affäre, die keine Zukunft hatte.«
    »Und warum hast du ihr die Freiheit gekauft?«, entgegnete Reiko. »Oder hast du es nicht getan?«, fügte sie in nörgelndem Tonfall hinzu, der ihren Wunsch verriet, ihm zu glauben, dass er Wisterie

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