Der Verrat
dass es mir egal ist, wen sie noch töten müssen, damit diese Sache endlich bereinigt ist. Ich will, dass alle außerhalb des engsten Kreises beseitigt werden, und ich meine wirklich alle. Ihre faulen Ausreden können sie sich sparen. Sie haben versprochen, dass sie sich um diesen Kerl kümmern, und sie haben es versaut, also will ich kein Wort mehr von einer Begnadigung hören, bis sie alle möglichen Verbindungen zwischen ihnen und diesem Gazich ausgelöscht haben. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Garret wäre am liebsten in ein Flugzeug nach Kalifornien gestiegen, aber er wusste, dass Ross recht hatte. Sie waren so nahe am Ziel und konnten es nicht zulassen, dass jetzt noch alles in sich zusammenfiel. Und sie konnten sich nicht einfach darauf verlassen, dass Green und seine Partner von sich aus das Richtige tun würden.
»Ja, das hast du. Ich fliege hin.«
47
Potomac Palisades, Washington D. C.
Irene Kennedy stellte noch einen Teller in den Geschirrspüler und trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab, das am Griff des Kühlschranks hing. Laut der Uhr an der Mikrowelle war es eine Minute vor halb elf. Ihr Sohn war im Bett, und eine Kanne mit heißem Kaffee stand bereit. Sie würden Kaffee wollen, auch zu dieser späten Stunde. Kennedy ging durch das Esszimmer zum Wohnzimmer hinüber. Sie blickte aus dem Fenster, um zu sehen, ob sie schon da waren. Draußen ging ein Mann, der seinen Golden Retriever ausführte. Kennedy erkannte den Hund noch vor seinem Besitzer. Es war Rookie, der mit Mr. Soucheray ihrem Nachbarn, unterwegs war.
Obwohl sie sich in dieser Gegend sehr wohlfühlte, hatte Kennedy schon öfter überlegt, ob sie nicht wegziehen sollte. Potomac Palisades war, zumindest in ihren Augen, das netteste Viertel von Washington. Es war nicht die teuerste oder nobelste Gegend, aber vielleicht gefiel es ihr gerade deshalb so gut hier. Es war ein altes Wohnviertel mit geräumigen Häusern und für städtische Verhältnisse relativ großen Gärten. Gärten, in denen die Leute noch selber den Rasen mähten. Kennedy tat das zwar nicht, doch sie hatte die Arbeit einem Jungen aus der Nachbarschaft anvertraut. In ein, zwei Jahren würde Tommy so weit sein, diese Aufgabe zu übernehmen. Potomac Palisades war eine der wenigen Gegenden der Hauptstadt, wo die Leute einander noch kannten.
Ihre Mutter lebte nur einen guten Kilometer entfernt im Foxhall-Village-Viertel. Kennedy hatte sie zu überreden versucht, zu ihnen zu ziehen, aber die Frau liebte ihre Unabhängigkeit, und Kennedy respektierte das. Das Palisades-Viertel am Ostufer des Potomac war so etwas wie ein grünes Refugium innerhalb der Stadt und wirkte weit weg vom Machtzentrum des Landes. In Wahrheit lag die Gegend nicht mehr als fünf Kilometer Luftlinie vom Weißen Haus entfernt. Sechseinhalb Kilometer waren es, wenn man dem gewundenen Lauf des Flusses folgte. Dass sie dennoch daran dachte, von hier wegzugehen, lag nur daran, dass sie die Ruhe der Gegend und ihrer Menschen nicht stören wollte. Die CIA machte viele Leute nervös. In Washington war das vielleicht nicht ganz so schlimm wie anderswo. Fast jeder hier kannte irgendjemanden, der für die CIA arbeitete oder einmal in der Agency tätig gewesen war. Und wenn man solche Leute sah, wenn sie zu einem Fußballspiel gingen oder mit ihrem Minivan zum Supermarkt kamen, dann nahm das ihrem Job einiges von seiner Aura des Geheimnisvollen.
Wenn man die Agency leitete, war die Sache jedoch ein klein wenig anders. Kurz nachdem sie das höchste Amt übernommen hatte, wurden bei ihr alle Fenster mit kugelsicherem Glas ausgestattet, und es wurden Stahltüren eingesetzt, die mit Furnier verkleidet wurden. Langley wollte sogar noch mehr tun, etwa hinter dem Haus einen drei Meter hohen Zaun errichten – doch davon wollte sie nichts wissen. Stattdessen wurden Drucksensoren, Laser- und Mikrowellensensoren installiert. Im Keller wurde ein verborgener »Panic Room« eingerichtet, der mit dem Notwendigsten zum Überleben sowie der modernsten Überwachungstechnik ausgestattet war. Das Haus wurde zweimal die Woche nach Lauschvorrichtungen abgesucht, und jeden Morgen, bevor sie zur Arbeit fuhr, überprüfte ein Bombentechniker mit seinem deutschen Schäferhund ihr Auto. Neben dem Panic Room im Keller hatten sie außerdem eine kleine Zentrale für das extrem teure Sicherheitssystem eingerichtet. Das Haus war so sicher, wie man es nur machen konnte, ohne es niederzureißen und von Grund auf neu
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