Der Verrat
und dementsprechend schlecht gelaunt. Wenigstens war er von Washington weg. Hier gab es niemanden, der irgendetwas von ihm wollte.
Ein Chauffeur erwartete ihn am Flughafen. Der Mann brachte ihn ins Hotel und zeigte ihm unterwegs, wo er sich um acht Uhr abends mit Mr. Speyer zum Essen treffen würde. Garret war verärgert, dass sie ihn sechseinhalb Stunden warten ließen, bis sie endlich bereit waren, mit ihm über das Geschäftliche zu sprechen. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als es zu akzeptieren; Speyer ging nicht ans Telefon, und Green würde er sicher nicht anrufen.
Er checkte kurz vor zwei Uhr nachmittags in sein Hotel ein und bestellte für alle Fälle einen Weckruf für sieben Uhr abends. Als er sein Zimmer aufsuchte, setzte der Jetlag so richtig ein. Er schaltete beide Handys aus und drückte am Zimmertelefon die Taste, die »Bitte nicht stören« signalisierte. Er musste ziemlich dehydriert vom Flug gewesen sein, denn er schlief bis zum Weckruf um sieben Uhr, ohne dass ihn seine Prostata gestört hätte. Garret duschte, rasierte sich und zog sich schließlich an – ein weißes Anzughemd, dazu eine dunkelgraue Hose und ein blaues Sportsakko.
Unten wartete bereits ein Wagen auf ihn. Garret ging mit seiner dicken Daunenjacke hinaus und blieb auf dem Bürgersteig stehen. Jenseits der Straße sah man den Genfer See. Die Lichter der Straßenlaternen spiegelten sich im Wasser. Als politischer Berater hatte Garret einen sicheren Instinkt, was Menschen betraf. Er mochte Genf. Es war eine Stadt der Schurken, von denen sich viele als Aristokraten sahen. Es war ein Paradies für Voyeure. Man musste dieses gesellschaftliche Getue einfach gesehen haben, hinter dem sich eine unstillbare Genusssucht verbarg; in Wahrheit drehte sich hier alles um Essen, Trinken, Drogen, Glücksspiel und Sex. Es konnte durchaus amüsant sein, die Stadt zu besuchen.
Garret stopfte die Hände in die Taschen und stieg in die Mercedes-Limousine ein. Der Fahrer begrüßte ihn auf Französisch, und Garret nickte ihm im Rückspiegel zu. Der Wagen ordnete sich in den Verkehr ein und rollte den Quai du Mont-Blanc entlang, um ihn zum feinsten Restaurant von Genf zu bringen. Garret freute sich auf das Mahl, nicht aber auf die Gesellschaft. Er nahm sich vor, das Teuerste zu bestellen, das sie auf der Karte hatten. Was den Wein betraf, so brauchte er sich keine Gedanken zu machen. Speyer würde schon dafür sorgen, dass etwas exorbitant Teures auf den Tisch kam.
49
Mitch Rapp saß im Fond des Wagens und studierte Garret durch das getönte Glas des Seitenfensters. Die Finger von Rapps rechter Hand lagen auf der Manschette seiner schwarzen Lederjacke. Das ganze Team war mit winzigen verschlüsselten Funkgeräten mit drahtlosen Ohrhörern ausgerüstet. Rapp drückte den Sendeknopf, der in die Manschette eingenäht war. »Er ist unterwegs«, meldete er.
Er ließ den Knopf los und sah Hacket an, der am Lenkrad saß. »Du weißt, was zu tun ist, Kevin. Warte einen Moment, damit wir sicher sind, dass ihm niemand folgt.«
Die schwarze Mercedes-Limousine rollte los. Der Flug von Washington hatte sechs Stunden und elf Minuten gedauert. Um 23:47 Uhr waren sie in der Luft gewesen, und wenige Minuten vor Mittag kamen sie in Genf an – eine volle Stunde, bevor Garrets Maschine landen sollte. Keiner von ihnen schlief während des Fluges. Es gab einfach zu viel zu tun. Dumond ging online und drang in die Netzwerke von sieben verschiedenen Hotels ein, bevor er herausfand, wo Garret wohnte. Er hatte ein Zimmer im Beau-Rivage am Quai du Mont-Blanc gebucht, mit Blick auf den See. Wenn er Geschäfte in Speyers Bank zu erledigen hatte, dann machte dieses Hotel durchaus Sinn. Die Bank war zu Fuß in wenigen Minuten erreichbar.
Nachdem sie sich das Reservierungssystem des Rivage angesehen hatten, entschieden sie sich für ein Zimmer im selben Stockwerk wie Garret, nur zwei Türen weiter. Es gab kein Hotel in der Nähe, von dem sie einen direkten Blick zu Garrets Fenster gehabt hätten, also würden sie sein Zimmer verwanzen müssen. Nachdem sie den Zoll passiert hatten, warteten bereits zwei identische schwarze Mercedes-Limousinen mit stark getönten Fenstern und ein weißer VW-Van auf sie. Im Kofferraum der beiden Limousinen fanden sie ein ganzes Arsenal von schallgedämpften Waffen und im Van eine Überlebensausrüstung. Bekleidet waren sie durchwegs mit Business-Anzügen, mit Ausnahme von Coleman und Stroble, die Pilotenuniformen trugen. Coleman und
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