Der Verrat
Minute zuvor erkannt, was der Präsident vorhatte. Sie hielt sich die Hand vor den Mund, räusperte sich und kam gleich zur Sache. »Erinnern Sie sich zufällig, dass in den Berichten des FBI ein Mann mit einer roten Baseballmütze erwähnt wurde?«
»Nein«, antwortete Alexander und wandte sich fragend Roach und Stokes zu.
»Es war von einem Mann mit einer roten Mütze die Rede«, warf Justizminister Stokes ein, »aber das konnte nie bewiesen werden. Im allgemeinen Durcheinander nach einem solchen Ereignis kommt es immer wieder vor, dass widersprüchliche Zeugenaussagen auftauchen. Manche gaben an, einen solchen Mann kurz vor der Explosion gesehen zu haben, den meisten ist aber niemand dergleichen aufgefallen. Wir haben das Bildmaterial von den Sicherheitskameras der Gegend überprüft, aber nirgends einen solchen Mann entdeckt. Wir glauben, dass er …«
Kennedys Blick wanderte von Stokes zu Roach. Sie war sich sicher, dass McMahon seinen Chef von dem Treffen unterrichtet hatte, an dem er vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden in Kennedys Büro teilgenommen hatte. Das Treffen, bei dem Baker ihnen die schockierenden Neuigkeiten in den Schoß gelegt hatte. Die beiden FBI-Männer arbeiteten schon viele Jahre zusammen. McMahon hatte ihn bestimmt sofort angerufen. Sie bezweifelte jedoch, dass der FBI-Direktor seinen eigenen Vorgesetzten an einem Samstagnachmittag davon verständigt hatte. Die Information konnte gewiss von einiger Bedeutung sein, aber Roach hatte sich wahrscheinlich trotzdem gedacht, dass es bis Montag Zeit hatte, den Justizminister davon in Kenntnis zu setzen.
Kennedy sah, wie Roach sich stirnrunzelnd vorbeugte und den Arm ausstreckte, um die Aufmerksamkeit seines Chefs zu erlangen.
»Bei Ermittlungen dieser Art«, fügte Stokes hinzu, »muss man sehr behutsam vorgehen …«
»Marty«, warf Roach ein, »ich muss hier etwas einwenden. Gestern Nachmittag hat mir der Special Agent, der die Ermittlungen leitet, mitgeteilt, dass der Mann mit der roten Mütze tatsächlich existiert. Ich wollte es Ihnen am Montag früh in unserer Sitzung sagen. Ich hatte keine Ahnung, dass die CIA schon an der Sache dran war.« Roachs Dackelaugen richteten sich auf Kennedy, und sein Gesichtsausdruck schien zu sagen: Danke, dass Sie mir in den Rücken fallen.
»Es ist so, wie Sie gesagt haben, Mr. President«, meldete sich Kennedy zu Wort, »wir arbeiten nach anderen Spielregeln als das FBI. Ein Spezialteam unter der Leitung von Mitch Rapp hat diesen Mann fast einen Monat lang verfolgt. Gestern Nacht hat sich ihre harte Arbeit bezahlt gemacht – sie haben ihn gefunden.«
»Wo?«, fragte Alexander neugierig.
»In Zypern. In einer Stadt im Westen der Insel – Limassol.«
»Haben wir ihn festgenommen?«
Kennedy dachte kurz über das Wort festgenommen nach. Rapp hatte ihr keine Details über die Operation mitgeteilt, doch sie bezweifelte, dass er die Behörden vor Ort um Erlaubnis gefragt hatte. »Sagen wir’s mal so – der Mann ist in unserer Gewalt.«
»Was soll denn das jetzt heißen?«, fragte Stokes.
Der Präsident lachte. »Es heißt, dass Mitch ihm wahrscheinlich eins über den Schädel gezogen und ihn gefesselt hat.«
»Sind wir sicher, dass es der Richtige ist?«, fragte Stokes beunruhigt.
»Irene?«, gab der Präsident die Frage weiter.
»Mitch sagt, er ist sich hundertprozentig sicher, dass er es ist.«
»Das reicht mir«, warf der Präsident überzeugt ein.
»Sind sie noch auf der Insel?«, fragte Roach.
Kennedy schüttelte den Kopf. »Nein. Sie sind gerade unterwegs.«
»Wohin?«
»Sie hatten eine Zwischenlandung in Deutschland …« Kennedy sah kurz auf ihre Uhr. »Im Moment müssen sie irgendwo über dem Nordatlantik sein.«
»Dieser Mann muss vor Gericht gestellt werden«, betonte Alexander nachdrücklich. »Ich will, dass diese Terroristen sehen: Egal was sie planen und egal wie weit sie gehen – wir werden sie finden und zur Verantwortung ziehen.«
17
12000 Meter über dem Nordatlantik
Rapp blinzelte und öffnete schließlich die Augen. Er sah sich um und wusste einen Moment lang nicht, wo er war, ehe ihm alles zu Bewusstsein kam. Er rieb sich das Gesicht und streckte die Arme über dem Kopf aus. Hinter dem Cockpit befand sich eine kleine Kabine mit zwölf Sitzplätzen. Die abgenutzten grauen Ledersitze waren in zwei Reihen angeordnet – vier Sitze links, vier rechts und vier in der Mitte. Es gab keinen DVD-Player oder sonstige Annehmlichkeiten. Dafür hatte man reichlich
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