Der Verrat
Autos, die vor 1970 gebaut wurden. Alles, was danach kam, war Schrott. Obwohl man zugeben musste, dass in Detroit seit Kurzem wieder recht anständige Fahrzeuge auf der Bildfläche erschienen. Ford hatte einen neuen Mustang Shelby, der angeblich außerirdisch sein sollte, und Chevrolet brachte einen neuen Camaro heraus. Wenn er diese Woche noch einen dicken Fisch an Land zog, konnte er sich einen in jeder Farbe kaufen.
Das war auch ein Grund, warum Garret hier in der Stadt geblieben war. Es war erst Montag, aber die Leute in der Partei, die das große Geld hatten, kamen schon zur Amtseinführung, die am Samstag stattfinden würde. Er hatte für die ganze Woche Termine vereinbart. Für ihn waren nur noch Leute interessant, die für den Senat oder das Amt eines Gouverneurs kandidierten. Von Aspiranten für das Repräsentantenhaus hatte er genug – und wenn sie ihm noch so viel boten. In Wahrheit schielte er schon auf den nächsten Präsidentschaftswahlkampf. Kein Wahlkampfmanager hatte es bisher geschafft, drei Präsidentschaftswahlen zu gewinnen.
Garret passierte das Treasury Department, als ihm erneut eine Windböe entgegenblies. Er bog links ab, senkte den Kopf und nahm sich vor, keine Klienten aus den nördlichen Staaten mehr zu nehmen. Sein Weg führte am Weißen Haus vorbei und wieder auf die Pennsylvania Avenue, danach zwei Blocks in nordwestlicher Richtung, bis er zu dem Haus kam, in dem die Überreste der Wahlkampfbüros untergebracht waren. Auf dem Höhepunkt der Kampagne hatten sie zwei ganze Stockwerke gemietet. Nach dem Wahlsieg waren neunzig Prozent der Fläche in Übergangsbüros für die neue Regierung umgewandelt worden. Personal und Einrichtung blieben im Wesentlichen unverändert. Der einzige echte Unterschied bestand darin, wer die Rechnungen bezahlte. Vorher war alles aus dem Wahlkampfbudget bestritten worden, jetzt war der Staat dafür zuständig. Der Sieger machte nun mal fette Beute.
Die Lobby war ringsum verglast. Der Fußboden war mit weißem Marmor ausgelegt, und in der Mitte stand ein erhöhter Schreibtisch, der aussah wie aus einem Science-Fiction-Film. Hinter dem Schreibtisch saß eine Afroamerikanerin, und dahinter waren die Aufzüge. Garret trat durch die Eingangstür und marschierte direkt zu den Aufzügen. Ihm war immer noch kalt, deshalb ließ er die Kapuze auf. Er ignorierte die Wächterin und die dumme kleine Liste, auf der sich die Besucher eintragen sollten.
»Entschuldigen Sie, Sir«, rief ihm die Sicherheitsbeamtin hinter dem Schreibtisch zu. »Sie müssen sich hier eintragen.«
Garret ging einfach weiter, zog seine Kennmarke aus der linken Tasche und trat in den Aufzug. Er fuhr in den vierten Stock hinauf und kam in einen leeren Empfangsbereich. Rote, weiße und blaue Wahlkampfschilder hingen an den Wänden, als wären es Kunstwerke. Das große Transparent hinter dem Empfangstisch war voll mit Unterschriften und ein paar Skizzen. Es war Ross’ Idee gewesen, die Fußsoldaten auf diese Weise zu motivieren. Sie würden das Transparent Alexander präsentieren, sobald er am Samstag vereidigt war. Garret vermutete, dass es eines Tages in der Bibliothek des Präsidenten hängen würde. Er blickte sich erst einmal um, bevor er weiterging. Der Fußboden war mit einem dunkelgrauen Teppich ausgelegt, und die Wände waren hellgrau tapeziert. Der Raum machte einen absolut langweiligen Eindruck – aber entscheidend war, dass er leer war.
Garret dachte an all die jungen freiwilligen Helfer, die noch in ihren Hotelzimmern schliefen. Natürlich waren sie nun keine Freiwilligen mehr, sondern wurden vom Staat bezahlt. Nachdem der Stress des Wahlkampfs vorbei war, feierten sie noch ausgelassener, als sie es während der Kampagne ohnehin schon getan hatten. Es war heute bei Wahlkämpfen üblich, die jungen Helfer mit vier Dingen zu versorgen – Kaffee, Essen, alkoholischen Getränken und einem Schlafplatz. Die Tatsache, dass die meisten dieser Helfer zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt waren und noch dazu größtenteils im selben Hotel wohnten, erzeugte eine interessante Situation. Die Normalbürger wären schockiert gewesen, wenn sie gewusst hätten, wie freizügig es bei solchen Wahlkämpfen zuging.
Rechts und links von ihm befanden sich Büros sowie etwa ein Dutzend Workstations für die Wahlkampfmitarbeiter. Garret hatte sein Büro in der gegenüberliegenden Ecke. Er zögerte einen Augenblick und beschloss dann, dass es besser war, den Anruf vom Schreibtisch eines anderen aus zu
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