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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Serie von Erfolgen, auf die er verweisen konnte, während sie nur eine kleine Mitarbeiterin war, die für den Rest ihrer Laufbahn mit dem Makel leben musste, die Weisungen ihrer Vorgesetzten missachtet zu haben. Wie hatte Rapp erwarten können, dass sie diesem Druck standhalten würde?

26
Washington D. C.
    Stu Garret trat aus der Lobby des Willard Hotels auf die Pennsylvania Avenue hinaus und wandte sich sogleich nach links. Es war fünf vor sieben Uhr morgens, und er war müde und schlecht gelaunt. Auch jetzt mit seinen fast sechzig Jahren war er noch ein Nachtschwärmer und stand nur ungern vor neun Uhr auf. Doch an diesem Morgen hatte er nicht mehr schlafen können. Ihm ging zu viel im Kopf herum. Vor allem aber musste er einen Anruf machen. Ein Windstoß traf ihn im Gesicht, und er stieß einen lauten Fluch hervor, während er nach der pelzgefütterten Kapuze seiner Daunenjacke griff.
    »Noch sechs Tage, dann habe ich diese ganze Scheiße hinter mir«, brummte er zu sich selbst.
    Garret zog sich die Kapuze über den Kopf und schloss den Reißverschluss bis an sein Doppelkinn hinauf. Er war in Detroit geboren und verließ die Stadt mit achtzehn, um nie wieder zurückzukehren. Er hasste das Wetter dort, und die Leute ebenso. Detroit war eine Stadt für Verlierer, und Garret scheute sich nicht, den Leuten das auch zu sagen – vor allem seinen Klienten. Die Stadt war ein typisches Beispiel dafür, wie Gewerkschaften und Interessengruppen ein Gemeinwesen kaputt machen konnten, indem sie die Wirtschaft blockierten und der Stadt so die finanzielle Basis der Steuereinnahmen raubten.
    Südkalifornien war der ideale Ort zum Leben. Besonders San Diego, wo die Demokraten nur in sozialen Fragen liberal waren, in finanzpolitischen Dingen aber so konservativ wie die Republikaner im Nordosten. Die Leute, die nach San Diego kamen, investierten ihr Geld in Immobilien. Sehr teure Immobilien. Sie hatten zu hart für ihr Geld gearbeitet, um zuzusehen, wie irgendwelche politischen Gutmenschen die Immobilienpreise in den Keller fallen ließen. Abtreibung, Waffenkontrolle und Umwelt waren heiße Themen im Rest des Landes – doch in San Diego interessierte man sich vor allem für Immobilien. Die Leute hatten ihre ganzen Ersparnisse in ihre Häuser gesteckt, und wenn man schon im sonnigen San Diego lebte, machte es wenig Sinn, seinen Ruhestand in Arizona oder Florida zu verbringen. Garret konnte es kaum erwarten, wieder in San Diego zu sein.
    Mit raschen Schritten und gesenktem Kopf marschierte er die Straße hinunter. Er hatte für seinen Einsatz im Wahlkampf einen Vorschuss von einer Million Dollar erhalten. Die brauchte er mit niemandem zu teilen – er war ein Einmannteam, ein Politprofi, den man für heikle Aufgaben verpflichtete. Als der Wahlkampf vorbei war, hatte er außer dem Vorschuss noch eine weitere Million verdient. Sein Vertrag sah außerdem vor, dass er im Falle des Sieges noch eine Million als Prämie erhalten würde. Garret war gut bei Kasse. Er hatte schon zwei Präsidentschaftswahlkämpfe geleitet und beide gewonnen. Überall im Land rissen sich die Kandidaten um seinen Rat. Er hatte sogar schon Anfragen aus dem Ausland erhalten. Er hatte es wirklich geschafft. Die Leute stellten sich an, um ihm fette Honorarvorschüsse zu zahlen. Zum ersten Mal in seiner Laufbahn überlegte er, ob er nicht jemanden mit an Bord nehmen sollte.
    Garret sagte sich, dass es ihm nicht um das Geld ging. Sein Haus war längst abbezahlt, seine Frau war genauso sparsam wie er selbst, und ihr einziges Kind, eine Tochter, hatte einen äußerst erfolgreichen Anwalt geheiratet. Die beiden lebten mit ihren zwei Kindern in L. A. Eine Sache gab es jedoch, für die Garret wirklich Geld ausgab; er war ein leidenschaftlicher Sammler von PS-starken Oldtimer-Autos und seltenen Motorrädern. Seine beiden anderen Hobbys waren das Golfspiel und seine dreizehn Meter lange Motorjacht, die er unten im Jachthafen liegen hatte. Das Boot und die Mitgliedschaft im Golfclub waren notwendig, um seinen Klienten etwas zu bieten. Golf war ein absolutes Muss in seinem Geschäft. Er hatte bei Weitem mehr Geschäfte auf dem Golfplatz abgeschlossen als in irgendeinem Büro. Die Autos und Motorräder hatte er hingegen rein zum Vergnügen. Er vermutete, dass sie ihn in seine Jugend zurückversetzten und an seinen Vater erinnerten, der bei General Motors am Fließband gearbeitet hatte. Damals, als sie noch richtig gute Autos dort bauten. Garret sammelte nur amerikanische

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