Der Verrat
wollte jeden Vorteil nutzen, den sie noch hatte. Rasch zog sie ihre weiße Bluse gerade, rückte den Kragen zurecht und griff nach der Türklinke. Sie atmete noch einmal tief durch und öffnete die Tür.
Das Erste, was sie sah, waren die versteinerten Gesichter von zwei Männern, die auf einer Couch am anderen Ende des Raumes saßen: Juarez und McMahon. Direktor Kennedy trat zu ihr und streckte ihr die Hand entgegen.
»Cindy.«
»Direktor Kennedy.« Brooks schüttelte ihr die Hand. »Es ist mir eine Ehre, Sie persönlich kennenzulernen. Ich wünschte, die Umstände wären besser gewesen.«
Kennedy sah sie mit einem warmen Lächeln an. »Keine Angst, wir werden das Durcheinander schon klären. Bitte«, sagte sie und zeigte auf einen der Sessel gegenüber der Couch, »nehmen Sie Platz.«
Brooks setzte sich auf den Stuhl ganz rechts und blickte nervös zu ihrem Chef und dem FBI-Agenten hinüber. Keiner der beiden blickte zur Seite. Zusammen hatten die beiden Männer bestimmt über sechzig Jahre Berufserfahrung. McMahon leitete die FBI-Ermittlungen zu dem Anschlag auf den Konvoi. Das FBI würde diese Aufgabe nicht irgendeinem Agenten übertragen. Damit wurde sicher der Beste betraut, den sie hatten.
»Möchten Sie etwas trinken?«, fragte Kennedy und setzte sich auf den Sessel neben Brooks.
»Nein, danke.« Brooks schlug die Beine übereinander und verschränkte die Hände über dem rechten Knie.
»Gentlemen?«
Ohne den Blick von der jungen Frau abzuwenden, schüttelten Juarez und McMahon wortlos den Kopf.
»Also«, begann Kennedy, als sie die Hand von der Kaffeekanne vor ihr nahm, »wie es aussieht, haben wir ein kleines Problem.« Sie drehte sich zur Seite und sah Brooks an. »Ich kenne diese beiden Männer schon eine ganze Weile. Ich habe sie schon öfter zornig gesehen, aber Sie, junge Dame, haben es geschafft, sie wirklich ernsthaft zu verärgern.« Kennedy neigte den Kopf zur Seite und lächelte.
Brooks wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte, und lächelte nervös.
»Woran, glauben Sie, liegt das?«
Brooks gewann ihre Fassung wieder. »Zuerst einmal möchte ich mich entschuldigen. Mitch Rapp hat mich angewiesen, nicht über diese Operation zu sprechen, bis er mir die Erlaubnis dazu gibt.«
»Ach, wirklich«, warf Juarez ein, strich sich mit Daumen und Zeigefinger über den Schnurrbart und beugte sich vor. »Steht in Ihrer Dienstordnung vielleicht irgendwo, dass Mitch Rapp zu Ihrer Kommandokette gehört?«
»Sir, ich …«, rang Brooks nach einer Antwort.
»Das steht nirgendwo!«, versetzte Juarez. »Die Direktorin und ich sind ranghöher als Mr. Rapp. Wir sind Ihre Vorgesetzten – er nicht, und wenn das nicht in Ihren sturen Schädel geht, dann werden Sie gleich eine Menge Ärger bekommen.«
Kennedy sah Juarez an und forderte ihn mit einem stummen Blick auf, es gut sein zu lassen. »Cindy«, sagte sie, zu Brooks gewandt, »die Situation ist folgende: Das FBI hat einen Mann in Gewahrsam, der angeblich hinter dem Anschlag auf den Konvoi des designierten Präsidenten Alexander steckt. Sie haben diesen Mann gestern Nachmittag auf der Andrews Air Force Base übergeben. Ist das richtig?«
»Ja.«
»Glauben Sie, dass dieser Mann wirklich derjenige ist, den wir suchen?«
»Ja.«
»Warum?«
»Warum?«, fragte Brooks.
»Welche Beweise haben Sie?«
»Ich weiß, das ist nicht das, was Sie hören wollen, Direktor Kennedy, aber ich habe Mitch Rapp mein Wort gegeben, dass ich mit niemandem darüber reden werde, bis er grünes Licht dafür gibt.«
Kennedy bemühte sich, ruhig zu bleiben. Sie wusste, dass es hier eigentlich um Rapp ging und nicht um diese junge Agentin. »Ich verstehe ja, dass Mitch von Ihnen verlangt hat, nicht darüber zu reden, was in Zypern passiert ist, aber ich fordere Sie als Direktorin der Central Intelligence Agency auf, mir zu sagen, was vorgefallen ist.«
Brooks blickte zu Boden und verschränkte die Hände fest ineinander. Sie steckte richtig in der Klemme. Selbst wenn Rapps Versicherung, dass alles gut ausgehen würde, zutreffen sollte, fürchtete sie, dass dieses illoyale Verhalten gegenüber ihren Vorgesetzten für immer an ihr hängen bleiben würde. Rapp hatte auf dem Heimflug gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen solle und dass sie nur vierundzwanzig, höchstens sechsunddreißig Stunden durchhalten müsse, bevor sich alles klären würde. Sie erinnerte sich, dass er sie aufgefordert hatte, ihm in die Augen zu sehen – in diese schönen, aber
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