Der Verrat Der Drachen: Roman
nun, da sie der Seherin davon erzählte, eingebrochen. Was, wenn es gar nichts Bedeutsames war?
Aber Ivar sagte fest: »Ich bin sicher, dass es wichtig ist. Es hat mit den Prophezeiungen über das Licht zu tun. Wir glauben, dass der Prophet uns vielleicht einen Weg gezeigt hat, Azoth zu besiegen.«
Veilas Blick wurde abwesend und besorgt. »Während ich geschlafen habe, bin ich ins Zwielicht geraten und habe Dinge gesehen … besorgniserregende Dinge.« Sie runzelte die Stirn. »Aber wir werden später darüber sprechen; jetzt ist nicht der rechte Zeitpunkt dafür. Und doch ist die Zeit so knapp.« Sie presste die Lippen zusammen, und Tuon spürte einen kalten Schauer, der nichts mit dem kühlen Wind zu tun hatte.
Ivar bemerkte ihre Unruhe; er ergriff ihre Hand und drückte sie fest. »Wir werden gleich in den Strom einfahren«, sagte er. Und dann hatte Tuon keinen Platz mehr für jeglichen Gedanken außer Furcht, da das Schiff auf einen scharfen Zuruf von Ashuk hin ächzend wendete und sich in die reißenden Strudel des Stroms des Toten Mannes stürzte.
17
S haan und Irissa folgten Tallis um den Rand des überfüllten Platzes der Drachenanlage herum. Überall hielten sich Glaubenstreue auf, die entweder Bogen oder Schwerter trugen. Reiter scharten sich zu Gruppen zusammen; manche hielten Ausschau, während andere Pfeile aus der Waffenkammer holen halfen. Es war später Nachmittag; die Luft war ruhig und heiß, und die letzte Stunde über waren Trupps von Glaubenstreuen durch das Haupttor aus der Stadt in die Drachenanlage geströmt.
»Es sieht eindeutig so aus, als ob sich eine Schlacht zusammenbraut«, sagte Irissa.
Tallis‘ Schultern spannten sich an, als er ihre Stimme hörte. »Vergewissern wir uns.« Er trat in die Menge und stieß einen Jungen heftiger als nötig beiseite. Shaan folgte ihm, Irissa dicht hinter sich; der finstere Blick der jungen Frau ruhte auf ihrer beider Rücken, und ihr immer noch schwelender Zorn auf Tallis war fast mit Händen zu greifen.
Shaan unterdrückte ihren Drang, der Clansfrau die Meinung zu sagen. Tallis hatte nicht gewollt, dass Irissa mit ihnen die Kuppel verließ, aber sie hatte darauf bestanden, beinahe so, als ob sie es genoss, den Schmerz in seinem Gesicht zu sehen. Ihre Präsenz war eine ständige Erinnerung an Jareds Abwesenheit, und zwischen den beiden zu stehen, das war so, als ob er sich zwischen zwei kämpfenden streunenden Katzen befand, von denen keine nachgeben wollte. Tallis war von so großen Schuldgefühlen erfüllt, dass er schier daran erstickte, und Irissa war zu zornig, um ihn davon zu erlösen. Shaan berührte Tallis am Rücken.
»Wir sollten Balkis suchen«, sagte sie. »Er wird wissen, was vorgeht.«
Ringsum waren die Gesichter der Leute angespannt vor Besorgnis; jeder war bereit, beim geringsten Anlass zu kämpfen. Als Shaan noch am Vormittag den Palast verlassen hatte und hergekommen war, hatten nur ein paar Glaubenstreue herumgestanden, aber jetzt schienen sie alle da zu sein. Es musste etwas mit Rorcs Entscheidung zu tun haben, nicht in den Krieg zu ziehen.
»Lasst uns nachsehen, ob er am Tor ist«, sagte Tallis.
Sie verließen den Platz und gingen zum Haupteingang. Zwischen dem Verwaltungsgebäude und dem Tor drängten sich bewaffnete Glaubenstreue auf der gepflasterten Freifläche. Eine Reihe von Bogenschützen war zur Stadt hin ausgerichtet und bewachte die Straße; hinter ihnen stand ein halbes Dutzend Verführer, die Schwerter am Gürtel.
Balkis und Attar waren am offenen Tor und beobachteten die Straße, die aus dem Kaufmannsviertel den Hügel hinaufführte. Balkis folgte Attars Blick, als dieser sie erspähte, und drehte sich um.
Er ging zu ihnen, die Augen von ruheloser Anspannung erfüllt. »Shaan, Tallis.« Sein Blick huschte kurz zu Irissa. Shaan hatte ihm noch nichts von ihrer Mutter oder der Clansfrau erzählt, aber er sagte nur: »Was tut ihr hier?«
»Wir haben die Glaubenstreuen herkommen sehen«, sagte Shaan. »Was geht hier vor?«
»Der Rat hat Rorc des Verrats bezichtigt, weil er nicht in den Krieg ziehen will, und jetzt wollen die Neun die Kontrolle über die Glaubenstreuen.«
»Wo ist er jetzt?«, fragte Tallis.
»Wir warten auf ihn. Er wird sich nicht festnehmen lassen.«
»Wird er sich den Weg freikämpfen?«, fragte Shaan; Balkis nickte.
»Er darf nicht in eine Zelle gesteckt werden, nicht jetzt. Er hat heute vier Jäger mit zu der Ratssitzung genommen; er wusste, was auf ihn zukam. Sie sollten in der Lage
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