Der Verrat: Thriller (German Edition)
hinaus waren, lehnte er sich zurück und lächelte ihr ermutigend zu. »Sie wollten mit mir sprechen?«
Und so platzte sie mit einer Geschichte heraus, die er nur zu gut kannte. Ein besitzergreifender Mann, der kein »Nein« als Antwort akzeptiert, der davon überzeugt ist, dass eine Frau ihm gehört. Und glaubt, wenn er sie nur oft genug an diesen Umstand erinnert, dann wird sie es schon als Wahrheit anerkennen. Ein Mann, der ihr nachstellt mit Blumen, E-Mails, mit Briefen und SMS-Nachrichten, der Anrufbeantworter und Voicemailboxen vollspricht, der seiner Meinung nach nicht in ihre Privatsphäre eindringt, da ihre Privatsphäre ja bereits ihm gehört. Was kann aus seiner Sicht daran also unerlaubtes Eindringen sein?
Während Nick zuhörte, rührte er seinen Kaffee nicht an. Ihm wurde kalt in der Magengegend. Diese Geschichte hatte er schon mehrmals gehört, und nur allzu häufig von der trauernden Familie und den Freunden einer Frau, die bereits in der Leichenhalle lag, weil sie einmal zu oft gegen ihren Verfolger Widerstand geleistet hatte. Als Stephanie stockend und zögernd ihre Konfrontation mit Matthews auf dem Parkplatz des Hotels Essex schilderte, flammte eine Mischung aus blinder Wut und Frustration in ihm auf, so, als werde er von plötzlichem, heftigem Sodbrennen geplagt. Er hätte Pete Matthews am liebsten mit Faustschlägen bearbeitet, bis er weinte wie ein kleiner Junge. Doch es war ihm klar, dass das nicht sein Stil war.
»Damals, nach der Trennung, als er anfing, mich zu nerven, habe ich mit einer Anwältin gesprochen, und sie erklärte mir, dass ich nicht viel tun könne, bis er tatsächlich das Gesetz gebrochen hätte. Aber ich weiß gar nicht, was das Gesetz vorschreibt. Es schien mir einfach so, dass die Polizei doch etwas tun können müsste, wenn er mir auf diese Weise Angst machte und mich bedrohte.« Sie blickte Nick mit einer Mischung aus Angst und Bedauern an, die ihn zornig auf den Mann werden ließ, der sie in diese Lage gebracht hatte. Doch er wusste auch, dass es nicht viel gab, was er im Rahmen der Vorschriften gegen Pete Matthews unternehmen konnte.
»Ich fürchte, die Anwältin hatte recht. Wenn Sie über seine Belästigungen Buch geführt haben, dann könnten Sie wahrscheinlich ein Kontaktverbot erwirken. Aber Sie könnten nicht einfach die Polizei rufen, wenn er dagegen verstieße, und ihn verhaften lassen. Sie müssten erneut vor Gericht gehen.«
»Das heißt also, es würde effektiv nichts bringen?«
»Ja, genau. Damit wir aktiv werden können, müssten Sie triftige Gründe dafür haben, Ihr Leben in Gefahr zu sehen oder zumindest echte Gewalttätigkeit zu befürchten. Und nach allem, was Sie mir erzählt haben, hat er sich gehütet, Sie auf diese Art und Weise zu bedrohen.«
Sie nahm das Holzstäbchen vom Tisch und rührte ihren Caffè Latte um. »Sie sagen mir also, dass man nichts tun kann.«
Und das war der Punkt, an dem Nick die rote Linie überschritt. »Offiziell, ja. Inoffiziell gibt es allerdings Möglichkeiten.« Er hatte nicht beabsichtigt, das zu sagen, und wunderte sich über sich selbst. Er wusste jetzt, dass er eher seinem Gefühl folgte als seinem Kopf.
Stephanie wirkte beunruhigt. »Ich meinte nicht …«
»Ich weiß, dass Sie es nicht so gemeint haben.« Er zog sein Handy aus der Tasche, rief die Notizbuchfunktion auf und reichte es ihr. »Geben Sie mir seine Adresse und Telefonnummer und überlassen Sie mir die Sache.« Nick bemerkte, wie ängstlich sie war, und bedachte sie mit einem grimmigen Lächeln, hielt ihr die Hand hin und bewegte seine Finger hin und her. »Haben Sie jemals von einer Band namens Jethro Tull gehört?«
Sie schaute ihn verdutzt an, nickte aber. »Ja, so ganz am Rande. Waren die nicht in den Siebzigern groß?«
»Ja, die meine ich. Ihr Frontmann, Ian Anderson, spielte Flöte. Er war so paranoid, seine Finger könnten Schaden nehmen, dass er, wenn jemand ihm die Hand schütteln wollte, stattdessen den Ellbogen hinstreckte. Also, ganz so ängstlich bin ich nicht, doch ich werde nichts mit Pete Matthews anstellen, das meine schönen Fingerchen in Gefahr bringt.«
Ihr Gesichtsausdruck hellte sich auf, und sie schenkte ihm ein Lächeln, das bei ihm ein Kribbeln im Magen auslöste.
»Wenn Sie meinen …« Sie tippte die Informationen in sein Mobiltelefon. »Vielen Dank.«
»Keine Ursache. Aber das wird Sie etwas kosten.«
Sofort war die Angst zurück in ihrem Gesicht. »Ich bin nicht allein«, entgegnete sie. »Ich habe die
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