Der Verrat: Thriller (German Edition)
er hatte folglich einen ganzen Tag, um seine Vorkehrungen zu treffen.
Zurück im Büro rief er einen alten Kumpel vom Sondereinsatzkommando an. Nick war seinerzeit zusammen mit Declan Rafferty und ein paar anderen Polizeirekruten aus dem Großraum Manchester im Bruche Training Centre in der Ausbildung gewesen. Schnell entdeckten sie, dass sie einen ähnlichen Musikgeschmack hatten. Genau wie Nick nahm auch Declan lieber eine Stunde Fahrt in Kauf, um sich irgendeine obskure, neue Band anzuhören, als mit seinen Trainingskumpels das nächste Pub aufzusuchen und sich zu besaufen. In einer militärisch geprägten Umgebung wie einem Polizeicollege genügen solche Gemeinsamkeiten oft schon, um eine echte Verbindung zu knüpfen. So war es auch bei Declan und Nick. Obwohl sie später unterschiedliche Richtungen im Polizeidienst eingeschlagen hatten, blieben sie Freunde. Und mindestens einmal im Monat gingen sie auf Pilgerfahrt zu irgendeinem unbekannten Club, um dort Musik zu hören, die selbst in Zeiten des Internets kaum von der breiten Masse wahrgenommen wurde. Es war für sie beide immer noch eine Frage der Ehre, gute neue Bands zu entdecken, bevor die Allgemeinheit nachzog.
Sobald sie ihren nächsten Musikabend verabredet hatten, rückte Nick mit dem wahren Grund seines Anrufs heraus. »Bist du diese Woche im Einsatz-Van?«, fragte er und bezog sich damit auf das Einsatzfahrzeug, welches das Sonderkommando als mobile Einsatzzentrale und Besprechungsraum nutzte, während es die Beamten mit quietschenden Reifen zum Ort des Geschehens brachte.
»Ja, schon. Passiert allerdings nicht viel«, antwortete Declan. »Wir scharren mit den Füßen. Es ist verdammt ruhig geworden hier draußen.«
»Ich wollte dich um einen Gefallen bitten. Unter Kumpels. Ganz unter uns, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Wenn ich kann, dann werde ich es tun. Und es wird dich nicht mehr als eine Flasche Tequila Gold kosten.«
»Teufel noch mal. Dein Geschmack wird langsam kostspielig.«
»Was soll ich tun?«
»Ich muss mir den großen Haustürschlüssel ausleihen. Und einen anständigen Bolzenschneider.«
Declan pfiff durch die Zähne. »Du verlangst ja nicht gerade wenig. Ich gehe davon aus, dass das nicht offiziell ist?«
»Definitiv unter der Hand.«
Nick zählte elf Sekunden des Schweigens; was Telefonzeit betraf, waren das Jahre. Dann seufzte Declan. »Wann und wo?«
»Idealerweise morgen früh gegen zehn. In Kentish Town. Aber ich möchte dich nicht vor Ort treffen. Wenn es schiefgeht, will ich auf keinen Fall, dass ein Anwohner dort einen Beamten des Sondereinsatzkommandos identifiziert.«
Letztendlich vereinbarten sie, dass Declan die stählerne Türramme und den Bolzenschneider, um die Nick gebeten hatte, nach Einbruch der Dunkelheit zu Nicks Wohnung bringen würde. Immer vorausgesetzt, sie würden in der Zwischenzeit nicht gebraucht werden. »Sehr unwahrscheinlich. Wir sind dieser Tage wie die olympische Fackel. Wir gehen niemals aus.« Nick würde Declan die Sachen am nächsten Abend zurückgeben.
Am nächsten Morgen um zehn glich Pete Matthews’ Straße in Kentish Town einer Geisterstadt. Nick hatte einige Meter entfernt von Matthews’ Wohnung geparkt und sich schnell hinter seiner Musikzeitschrift versteckt, als der Toningenieur eine halbe Stunde später schnellen Schrittes seine Wohnung verließ. Nick beobachtete, wie Matthews in Richtung U-Bahn-Haltestelle eilte, wartete allerdings noch eine Weile, um sicher zu sein, dass er nicht nur kurz Milch und eine Zeitung kaufen gegangen war.
Dann zog Nick ein Paar Lederhandschuhe über, stieg aus dem Wagen und griff sich eine Sporttasche vom Rücksitz. Entschlossen ging er hinüber zu Pete Matthews’ Gartentor und stellte die Tasche ab. Heraus mit dem schweren Bolzenschneider, wenige Sekunden der Anstrengung, und er konnte die Kette auffangen, noch bevor sie klappernd zu Boden fiel.
Er sprang die Stufen hinunter und machte die Türramme bereit. Sechzehn Kilo röhrenförmigen Stahls, so konstruiert, dass mit minimalem Energieaufwand maximale Wirkung erzielt wurde. Declan hatte ihm eingeschärft, vorsichtig damit umzugehen. »Wir nennen es nicht umsonst den großen Schlüssel. Er kann drei Tonnen kinetischer Energie entwickeln«, erklärte er, als wüsste er ganz genau Bescheid.
»Du meinst also, es gibt einen ganz schönen Knall?«
»Das gibt einen Riesenschlag. Wenn du es falsch machst, dann haut es dich um.«
Nick ging in Position, spannte die Muskeln an und fasste
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