Der Verrat
FüÃe und setzte einen vor den anderen, bis sie an eine im Dunkeln gelegeneTür kam.
Sie war halbrund, wie eine Kapellentür, aber das Holz war rau und unbearbeitet und schien im Mondlicht geisterhaft grau. Doch als Mae die Hand darauf legte, fühlte sie sich durch die vielen Jahre, die sie der Seeluft ausgesetzt war, kühl und glatt wie eine Perle an.
DieTür schwang auf und enthüllte ein Märchenschloss.
Es sah aus, als hätte jemand Sterne gepflanzt. Das Schloss selbst war eine Ruine, in der gepflasterte Böden wie Inseln zwischen einem Meer aus Steinen und wildem Gras lagen, doch auf dem Schlossboden und in der Erde der Klippen waren Lichter eingebettet und von den zerfallenen Zinnen hingen Laternenketten.
Es waren so viele Lichter, dass sie allem einen schimmernden Glanz verliehen und die Ruinen blass leuchteten. Mae ging über hell beleuchtete Steine durchTintagel Castle, und wusste kaum, dass sie es tat.
Wie die Lichter so schmiegten sich auch Stände in die Landschaft des Schlosses, aber nicht in Reihen, sondern an verschiedenen Stellen, als wären sie dort gewachsen oder hätten sich wieVögel irgendwo niedergelassen.An einer Stelle war ein Stand mit klingenden Glocken, der sich auf halber Höhe auf einer verfallenenWand befand, sodass die Kunden über die schrägen Schieferplatten klettern mussten, um hinaufzugelangen. In den grasbewachsenen Senken zwischen den Steinen waren noch mehr Stände aufgebaut oder in die Ecken der Mauern gedrückt. Eine Frau hatte eine der Ruinenwände selbst zu ihrem Stand gemacht und bunte Krüge auf den hervorspringenden Steinen aufgestellt.
Ãberall liefen die Leute vom Jahrmarkt der Kobolde durch die magisch erleuchteten Ruinen. Hier war ein Mann, der Messer nebenWindspielen aufhängte, deren Zusammenspiel im Seewind schön und gefährlich klang, dort war ein etwa zwölfjähriger Junge, der in einem Kessel rührte, dem eine wohlriechendeWolke entstieg, und an dessen Stand Becher aus Rinde standen.
Und da war ein Kleinkind, das gerade gegen Maes Knie gelaufen war.
»Ups!«, entfuhr es Mae, die eigentlich nichts gegen Kleinkinder hatte, aber keine persönlich kannte und sich nicht sonderlich für klebrige Kinderangelegenheiten interessierte.
Das Kind, das goldene Locken und groÃe blaueAugen hatte und aussah, als hätte es kürzlich erst Gras gegessen, rannte erneut gegen ihr Knie an, als ob reineWillenskraft dieses Hindernis aus seinemWeg schaffen könnte. Der Junge schien leicht überrascht zu sein, als er davon abprallte.
»Das istToby«, erklärteAlan hinter ihr, sodass sie erschrak. Sie hatte ihn fast vergessen. »Er ist das Kind der Familie Davies. Und er ist eine Plage.«
Diese Bemerkung unterstrichAlan, indem er sie in erfreutem, liebevollemTon hervorbrachte, die Mae dazu veranlasste, sich zu ihm umzudrehen, und dieToby zum Lachen brachte.Alan sah nicht Mae an, sondern das Kind, und ein Lächeln lieà sein Gesicht ebenso leuchten wie das verfallene Schloss.
»Er verschwindet immer aus seinerWiege und seine Schwester macht sich groÃe Sorgen. Nicht wahr, mein kleinerTeufel?«
Tobys Gesicht erstrahlte mit dem breiten, leicht irren Grinsen, das Kinder haben, und streckte dieArme aus, um hochgehoben zu werden, wasAlan auch sofort tat. Das Kind saà zufrieden in seinem Ellbogen und er neigte sich leicht über das kleine Köpfchen.
»Du magst Kinder wirklich, nicht wahr?«, fragte Mae, verwundert und bezaubert zugleich. Es war nicht zu leugnen, dassAlan mit einem Kind ungefähr so wundervoll war wie ein Korb voller kleiner Kätzchen mit kleinen Katzenmützen, und auÃerdem hieà es, dass sie sich nicht selbst umToby kümmern musste.
Vielleicht, dachte sie, war das ein Grund dafür, dass Frauen so auf Männer abfuhren, die gut mit Kindern umgehen konnten â dann mussten sie es nicht selbst machen.
»Hm?«, machteAlan abwesend. »Ja, sie sind in Ordnung.«
Das Kind wurde unruhig undAlan kniete sich mit ein wenig Mühe hin, um ihn abzusetzen und trotzdem noch sicher in einemArm zu halten.Toby griff nach etwas Glänzendem inAlans Ãrmel, undAlan zog das Messer heraus und drehte es um, sodass die Feenlichter auf dem Griff reflektierten und die Klinge immer sicher zwischen seinen Fingern verborgen war, damit das Kind sie nicht anfassen konnte.
»Hier,Toby«, sagte er. Er lieà das Messer einmal herumwirbeln und
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