Der Verrat
Geralds Kehle.
Gerald lachte nur. »Und ein Messer wird mich nicht daran hindern!«
Sin war so schnell, dass Mae sie erst bemerkte, als sie sich an Geralds Rücken presste, ihre beiden Messer mitAlans vereinte, bis es aussah, als trüge Gerald ein scharfes, glitzerndes Halsband, das ihn in die Knie zwang und ihn innehalten lieÃ.
Und dann hörte sie Sin Gerald ins Ohr flüstern: »Und wie viele Messer werden dich hindern? Denn wir haben hier eine ganze Reihe zurAuswahl.«
Alan sah Sin in dieAugen und nickte leicht. »Wenn du einem von uns etwas antust, macht dich der andere fertig«, sagte er. Er sah aus wie ein junger Priester, ernsthaft und wohlmeinend, doch dann winkte er lässig mit dem Handgelenk, sodass Geralds Kopf nach hinten gegen Sins Messer gedrängt wurde. »Wenn du zuschlagen willst, musst du schon sehr schnell sein.Aber vielleicht kannst du uns sagen, was zumTeufel du mit dem meintest, was du über Merris gesagt hast.«
»Was hast du ihr angetan?«, fragte Sin.
»Ich habe gar nichts getan«, erklärte Gerald. »Das ist so etwas, was einfach geschieht ⦠was in deinen Körper kriecht wie ein Eindringling, wie ein rücksichtsloser Dämon. Knochenkrebs. Zu weit fortgeschritten für all eure kleinen magischenTricks. Ich schätze,Alans Dämon könnte versuchen, sie zu heilen.Aber seine Magie ist so subtil wie ein Rammbock und die Krankheit steckt in jedem ihrer Knochen und durchzieht ihren ganzen Körper.Wenn er sie in tausend Stücke zerspringen lieÃe, ginge es wenigstens schnell.«
»Kein Dämon wird je Hand an sie legen!«
»Dann stirbt sie eben langsam«, sagte Gerald. »Bist du bereit, sie zu verlieren? Bist du bereit, den Jahrmarkt zu übernehmen?«
Sin wandte sich an Merris. »Ist das wahr?«
»Ja«, antwortete Merris abwesend.
Mae konnte Merris nicht ansehen. Es war schon schlimm genug, Sin anzusehen.
»Warum?«, fragte Sin mit zitternder Stimme. »Warum hast du es mir nicht gesagt?«
Die Messer in ihrer Hand zitterten ebenfalls undAlan befahl: »Festhalten!«
»Wag es nicht, mir Befehle zu geben, du dreckigerVerräter!«, schrie ihn Sin an und runzelte die Stirn. Doch ihre Messer zitterten nicht mehr.
In Gerald wuchs etwas wie derWind, der vom Meer heraufkam und Mae Schauer über den Rücken laufen lieÃ.
Toby begann zu weinen, ein lang gezogenes, dünnes, verzweifeltes Heulen. Mae wiegte ihn und sprach leise auf ihn ein, denn sie fürchtete, dass er Sin genau im falschen Moment ablenken würde.
Dann zuckte die Magie durch Geralds ganzen Körper, nicht nur durch seine Hände, wie Goldadern im Fels, wie die Sonnenstrahlen, die blass am Himmel sichtbar sind.
»Hör mir zu, Merris«, begann Gerald und wandte sich ihr zu, während ihm die magischen Finger über das Gesicht strichen. »Du musst nicht sterben. Ich kann dich retten.«
»Tatsächlich?«, antwortete Merris ruhig. »Und was willst du als Gegenleistung?«
Von Geralds Lippen sprühten goldene Funken zugleich mit seinenWorten: »EinenWaffenstillstand. Der Markt wird nichts dabei gewinnen, wenn er gegen die Magier kämpft. Und tu nicht so, als sei allen ein guter Kampf schon gut genug. Der Jahrmarkt der Kobolde ist ein Geschäft und dagegen habe ich nichts einzuwenden. Hört auf, denTouristenTalismane zu verkaufen, hört auf, ihnen die Male zu entfernen, und ich werde euch dafür belohnen: Euer Markt könnte Magie erhalten, von der ihr bislang nur träumen könnt.Alles, was ich dafür will, ist, dass ihr ein Hindernis aus meinem Leben entfernt.«
»Und alles, was ich will, ist dir ein paar deiner wichtigen Körperteile zu entfernen«, keuchte Sin. »Ist das falsch?«
Sin undAlan atmeten schwer. Ihre Dolche nahmen etwas von Geralds Leuchten auf und schienen sich gegen sie selbst wenden zu wollen. Gerald bewegte eine Handfläche leicht nach oben und für einen Moment war die Luft golddurchflutet. Die Messer flogen Sin undAlan aus den Händen und sie selbst wurden zu Boden geschleudert.
Das Kind in MaesArmen schrie. Merris Cromwell ging auf Gerald zu.
»Denk darüber nach«, sagte Gerald lächelnd. »Du weiÃt, wo du mich findest.«
Sin war mit der Geschicklichkeit einerTänzerin bereits wieder aufgesprungen. NebenAlan blieb sie stehen und gab ihm nach kurzem Zögern die Hand. Er nahm sie, biss die Zähne zusammen
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