Der Verrat
dass er sie wirklich mochte, oder weil er sich in Gegenwart von Dämonen einfach wohler fühlte.
»Wartâs nur ab«, riet sie ihm. »Du hast ja keineAhnung, wie unglaublich ich sein kann. Nächstes Mal muss jemand anders das Baby halten.«
Alan lachte. »Du hast so ausgesehen wie â¦Â« Er wedelte mit der Hand ausdrucksvoll über dem Lenkrad. »⦠als hätte dir jemand einen Sack Kartoffeln gegeben, der jederzeit explodieren konnte.«
»âºWie gut du mitWorten umgehen kannst,Alan Ryvesâ¹, sagte unsere Heldin zutiefst gekränkt. Du hattest ja den leichteren Job. Du musstest nur mit Messern nach einem Magier werfen und ihn bedrohen.«
»Ich sehe mich gerne als jemand, der Messer mit tödlicher Präzision wirft«, sagteAlan immer noch lachend. »Und bedroht habe ich ihn kaum.«
»Also bitte! Du und Sin hattet ihn für einenAugenblick total im Griff. Sogar für zwei.«
»Ich wünschte, es wäre so«, erwiderteAlan ernst. »Er hätte uns beide jederzeit töten können, wenn er es gewollt hätte.Aber er hat es nicht getan. Er wollte etwas sagen und das hat er auch, und dann ist er gegangen.Was wir getan haben, war irrelevant. Na ja, vielleicht haben wir ihn ein bisschen geärgert.«
»Das denke ich auch«, sagte Mae trocken. »SchlieÃlich hast du ihn zwei Mal erstochen.«
»Ja«, sagteAlan leise, den Blick auf die nebelige StraÃe geheftet. »Und das lieà mich glauben, dass er vielleicht in guterAbsicht gekommen ist.«
»Als er Merris gebeten hat, ihn eine Menge Menschen töten zu lassen, hat er es also wirklich so gemeint?«
»Na ja, schon«, antworteteAlan ruhig. »Und er hat es auch so gemeint, als er mich gebeten hat, ihm zu helfen, Nicks Kräfte zu binden.Vielleicht hat er vor, seinenTeil derAbmachung einzuhalten.«
Mae starrte ihn an. »Das ist aber ein verdammt groÃes Risiko.«
»Ich weiÃ.«
EineWeile war nichts zu hören als die Geräusche desWagens, der über die StraÃe in den Morgen fuhr. Es schien nur wenig zu geben, was Mae sagen konnte, abgesehen von der einen Sache, die sie sich fürchtete auszusprechen.
Aber sie war kein Feigling. Sie sagte es trotzdem.
»Alan, du denkst doch nicht wirklich darüber nach, oder?«
Alan antwortete nicht. Er sagte so lange nichts, dass Mae schlieÃlich aufhörte, auf eineAntwort zu warten.
Sie lehnte den Kopf ansWagenfenster, und vor ihrenAugen verschwamm dieWelt in einer Mischung aus der überdeutlichen Klarheit, die die Fieberfrucht ihr verlieh, und ihrer eigenen Müdigkeit. Irgendwo unter ihren Rippen spürte sie einen kalten Fleck, aber sie sagte sich, dass auchAlan müde war und es nicht so meinte.
Alans Stimme war so leise und so ruhig wie einWiegenlied, fast melodisch. Doch dann drang das, was er da sagte, durch den Nebel in ihrem Kopf durch.
»Selbst wenn alles gut geht, wenn Nick alle dummen menschlichen Regeln befolgt, die ich ihm auferlege, werde ich einesTages sterben. Und er nicht. Er kann diesen Körper ewig am Leben erhalten oder auch ohne einen auskommen.Vielleicht wird ihm langweilig und er lädt seine Dämonenfreunde in dieseWelt ein. Er könnte alleWorte vergessen, die er je gelernt hat. Er hat schon tausend verschiedene Leben gelebt und sie vergessen. Er könnte auch dieses vergessen. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie irgendetwas schiefgehen kann, dass es bei einer davon am Ende tatsächlich passieren wird.Viele Menschen werden sterben. Und das wird meine Schuld sein.«
Mae war jetzt hellwach. Die kühle Morgenluft drang selbst durch das geschlossene Fenster herein und jagte ihr kalte Schauer über den Nacken.
»Ich war derjenige, der meinen Bruder vor den Rest derWelt gestellt hat«, sagteAlan leise. Seine Stimme war immer noch schön, auch wenn sie so leer klang. »Ich hatte kein Recht, diese Entscheidung zu treffen. Ich habe nicht aus gedankenloserVerzweiflung gehandelt. Ich habe nachgedacht und gewählt. Zwei unschuldige Menschen sind bereits tot und ich hatte absolut kein Recht dazu!«
»Du hattest deine Gründe.«
Mae erinnerte sich an die Magier aus dem Zirkel des Obsidian und an jenen schrecklichen Mann, BlackArthur. Sie alle hatten wie Hexen um einen Kessel mit einem Baby darin im Kreis um Nick herum gestanden, der knurrend in der Falle saÃ. Jemand, denAlan liebte, war in Gefahr gewesen. Mae hatte etwas
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