Der Verrat
zusammengebissenen Zähnen. »Die Körper sterben. Es wird jemandem auffallen, wenn ich überall denTod verbreite.«
Mae lieà sich auf derTürschwelle nieder und zog die Knie an den Körper, sie fror und fühlte sich allein, das einzige menschlicheWesen in diesem Garten.
»Lass es sie doch bemerken«, schnurrte Liannan. »Trag denTod wie ein Kleidungsstück. Es steht dir gut.« Sie lächelte. »Das war schon immer so.«
»Ich stimme Hnikarr zu.Wir brauchen jemanden ohne Familie«, flüsterteAnzu. Die roten Federmuster in seinem goldenen Haar schienen zu schmelzen und sich auszubreiten wie Blut, das seine Haare beinahe rot färbte. »Jemanden ohne Freunde. Jemanden, den nie jemand vermissen würde.«
Er wandte den Hals, sich selbst präsentierend, und im Feuerschein veränderten sich seine Züge: Die Knochen verschoben sich, sein Gesicht wurde schmaler und blasser, seineAugen blau. Jetzt war sein Haar tatsächlich rot.
Anzu sah aus wieAlan und doch wieder nicht wieAlan, dazu waren die Flächen und Kanten seines Gesichts ein wenig zu scharf, und das rote Haar ein wenig zu sehr wie das Blut aus einerArterie. Er sah aus wie eine schöne, grausameVersion von Nicks Bruder, doch sein Lächeln war ganz und gar nicht wie das vonAlan.
»Ich will diesen Körper«, sagteAnzu.
» Nein! «, knurrte Nick.
»Lass das!«, befahl LiannanAnzu scharf.
Doch das hatte nicht die gewünschteWirkung, denn Nick wirbelte zu ihr herum.
»Und du?«, fuhr er sie an. »Was hast du gestern auf dem Jahrmarkt der Kobolde gemacht?Was hast du mit meinem Bruder gemacht?«
Liannan sah Nick eineWeile schweigend an und begann dann zu lachen. Sie schüttelte ihr Haar, dass es wie eine lodernde Flamme emporflog und in der Luft stehen blieb, ohne sich um so kleinliche menschliche Gesetze wie Schwerkraft zu kümmern.An den Haarspitzen schien tatsächlich Feuer zu flackern, die Strähnen brannten, ohne zu verbrennen.
»Hat er dir das nicht erzählt?«, fragte sie lächelnd und entblöÃte dabei scharfe Zähne.
»Ich schlage vor, du erzählst es mir. Und zwar sofort.«
»Wen meinst du eigentlich mit Bruder ?«, fragte Liannan sanft.
»Du weiÃt genau, wen ich meine.«
Liannan entfernte sich ein Stück, fast tänzelnd, wobei ihr die Haare folgten wie ein brennendes Banner.
»Nicht einmal die Körper sind miteinander verwandt, oder?Verschiedene Eltern. Kein einziger gemeinsamer Blutstropfen. Und du bist nicht dieser Körper. Du bist kein Mensch.Wie kann er also dein Bruder sein? Ich welchem Sinne kann er überhaupt dein Bruder sein?«
Nick schritt über die glühenden magischen Linien, als seien sie gar nicht da, packte die brennenden Haare der Dämonin wie eine Peitsche und schlang sie ihr fest um den schlanken Hals. Dann flüsterte er ihr etwas ins Ohr. Ein paar lose Haarsträhnen flatterten im nicht vorhandenenWind und zogen blutige Striche über seineWangen, doch er lockerte seinen Griff nicht. Er schien es nicht einmal zu bemerken.
»In welchem Sinne?«, wiederholte er und seine Stimme klang kälter als ihre. »In dem Sinne, dass er mir gehört!«
»Jetzt habe ich aber genug!«, schrieAnzu. »Hör auf, ihn überreden zu wollen, Liannan! Sieh einfach ein, dass er einVerräter ist!«
»Es ist schon in Ordnung, wenn sich Nick ein Haustier halten will«, sagte Liannan. »So etwas ist durchaus schon vorgekommen.«
»Ein Haustier?«, echoteAnzu. » Er ist das Haustier! Er könnte alles Mögliche tun, er könnte die Menschen beherrschen, er könnte alle Magier umbringen, die uns nur kleine Bröckchen hinwerfen, er könnte seiner eigenenArt helfen! Und was tut er stattdessen?«
Nick würdigteAnzu nicht eines Blickes, sondern sah immer noch Liannan an. »Sag mir einfach, was du getan hast.«
Nicks Hände waren in Liannans Haar vergraben, und er machte keineAnstalten, sie zu lösen oder sich zu verteidigen, alsAnzu auf ihn zustürzte und sein Gesicht in beide Hände nahm.
»Liegt dir so viel an den Menschen,Verräter?«, fragteAnzu. Er sprach dasWortVe rräter wie einen Kosenamen aus. »Ich werde sie alle kriegen. Und mit deinem geliebten Bruder, werde ich anfangen. Ich werde sein Herz fressen. Und ich lasse dich dabei zusehen. Das schwöre ich dir!«
Nick sahAnzu an und lächelte. »Um dich mache ich mir keine
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