Der Verrat
gingen, sagte er etwas zu Jamie, und dessen Lachen drang zu Mae und Seb, die noch an derTür standen.
So fröhlich wie möglich sagte sie: »Na, das lief ja super!«
»Das lag nicht an dir«, entgegnete Seb mit einem finsteren Blick in den Gang. »Er war vonAnfang an auf Streit aus. Dieses Lila!«
»Das ist dir aufgefallen?«
»Ãh, ja«, sagte Seb, als sei das offensichtlich. »So zieht er sich normalerweise nicht an.«
Das hatte Seb ebenso bemerkt wie dieTatsache, dass Jamie etwas verheimlichte. Bei jemandem, der sich so grob und rücksichtslos gab wie Seb hätte Mae eine solche Beobachtungsgabe nicht erwartet, doch sie musste auch an seine künstlerische Begabung denken.
Sie alle mussten vorsichtiger sein.
Es gefiel ihr, dass Seb keineAhnung von Magie hatte. Sie wollte Jamie nicht verärgern, aber sie wollte auch das hier nicht aufgeben â etwas Normales, einen Jungen, der sie wirklich mochte, und einen Platz in der normalenWelt, in der sie die Kontrolle behielt.
»Man muss es einfach weiter versuchen«, behauptete sie, und Seb nickte, als sei das selbstverständlich. Sie lächelte ihn an und gemeinsam betraten sie die Schule. Sie hielt zwar nicht seine Hand, aber sie liefen dicht nebeneinander her.
»Wo warst du denn amWochenende?«, fragte er. »Ich habe dich an den ganzen üblichen Orten gesucht.«
Mae lächelte ihn an, weil er sie gesucht hatte, und dachte dann an Schwertkämpfe auf der Millennium Bridge, den Jahrmarkt der Kobolde in den Klippen von Cornwall und die Dämonen im Garten.
»Ich war an ein paar unüblichen Orten«, sagte sie.
An diesemTag setzten sichTim und Seb an denTisch, an dem Mae normalerweise zu Mittag aÃ.Tim lieà sich neben Erica nieder und legte ihr denArm um dieTaille.
»Hi«, sagte Erica, wie immer hin und her gerissen zwischen ihrem Freund und ihren Freundinnen, da sie stets wollte, dass alle glücklich waren und sich niemand ausgeschlossen fühlte. Erleichtert bemerkte sie, dass Seb amTisch stehen blieb, und lächelte Mae bedeutungsvoll an. Die sah Erica fragend an und gab Seb dann mit einem Nicken zu verstehen, dass er sich setzen solle.
Als sie vom Essen hochsah, bemerkte sie Jamie an derTür. Er musste sein Pausenbrot vergessen haben. Ein wenig verloren stand er in der Cafeteria, als wäre er zu selten da, um sich daran zu erinnern, wo es das Essen gab. Mae hob die Hand, um ihn heranzuwinken.
Jamie sah sie nicht, da in diesemAugenblick Nick neben ihm auftauchte. Nick ging an Jamie vorbei, sah sich dann um und befahl Jamie mit einer ungeduldigen und herrischen Kopfbewegung, ihm zu folgen.
Seit fast zwei Jahren hatte Jamie in der Cafeteria nicht mehr mit jemandem zusammengesessen.
»Sieh mal, ist das nicht Nick Ryves?«, fragte Rachel. »Ich dachte, er sei umgezogen. Oder ins Gefängnis gekommen.«
»Er war nicht im Gefängnis, Rachel«, sagte Mae wütend.
»Hätte aber sein können«, behauptete Rachel. »Hazel hat mir erzählt, sie hätte einmal ein paar Messer in seiner Schultasche gesehen.«
»Das halte ich doch für äuÃerst unwahrscheinlich«, sagte Mae mit einem Lachen, das für die anderen überzeugend klingen sollte.
»Ich nicht«, warf Erica ein. »Ich finde, er sieht aus wie ein Serienkiller.«
»Aber ein heiÃer Serienkiller«, sagte Rachel.
»Ãh, dazu habe ich keine Meinung.«Tim hüstelte. »Kam mir ganz okay vor, wenn auch nicht sehr gesprächig«, fügte er nachdenklich hinzu. Er warf Seb einen Beifall heischenden Blick zu â offensichtlich hatte er die Meldungen über Jamie erhalten â und fragte: »Sollen wir ihn und deinen Bruder fragen, ob sie sich zu uns setzen wollen?«
Mae sah zu Jamie hinüber, der sie mittlerweile bestimmt gesehen hatte, ihr absichtlich den Rücken zudrehte und die spitzen Schultern igelgleich und abwehrend hochzog.
»Jamie wäre von der Gesellschaft nicht allzu begeistert«, widersprach sie. »Aber das gibt sich schon wieder.«
»Er sollte sich nicht mit Nick Ryves abgeben«, sagte Seb, der jetzt zum ersten Mal den Mund aufmachte. Er hatte einenArm um sein Knie geschlungen und starrte denApfel auf demTisch vor sich an. »Der ist gefährlich.«
»He«, sagte Mae möglichst autoritär. Sie sah, wie Rachel und Erica zusammenzuckten. »Nick ist ein Freund von mir. Und von Jamie.«
Sie nahm ihr
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