Der verruchte Spion
Straftaten
begangen hatte. Der Boden war nicht wirklich aus Lehm. Er sah nur so aus, weil er von dem Schmutz vieler Jahre bedeckt war. Der Tresen war in vielen Raufereien schon zu Bruch gegangen, sodass die Besucher jetzt aufpassen mussten, wo sie ihre Ellenbogen aufstützten, damit sie sich keine Splitter einzogen.
Das Bier schmeckte faul, und die Bedienung war noch fauler.
Das Etablissement trug den unpassenden Namen »Zum roten Eichhörnchen«.
Sir Foster hatte schließlich Kontakt aufgenommen, nur nicht so, wie Nathaniel es erwartet hatte. Trotzdem war die Botschaft eindeutig. Es war nur schade um Willas Eichhörnchen.
Nathaniel schwankte in den Gastraum und ließ sich an einem der grob behauenen Tische nieder. Er gab sich grob und grimmig, seine Kleidung war schmutzig und von schlechter Qualität. Er hatte sich die langen Haare mit Dreck beschmiert und ließ sie sich ins Gesicht fallen.
Er sah immer noch besser aus als der Rest der Gäste. Immerhin fehlte ihm kein Auge.
Nathaniel ballte die Faust. Er beobachtete, wie seine Finger sich um den fast leeren Bierkrug schlangen. Er trank nicht wirklich, vielmehr kippte er sich das Zeug ins Gesicht, ließ es über seine Bartstoppeln rinnen und wischte sich dann gestenreich den Mund an dem Ärmel.
Er warf seinen leeren Humpen auf den Boden, wie das hier Sitte war. Die Kellnerinnen ersetzten eilig die Krüge. Der nächste, der vor ihm abgesetzt wurde, hatte Dreck am Rand.
Natürlich. Wenn die Krüge gewaschen würden, würde das die Trinkgeschwindigkeit der Gäste erheblich vermindern.
Heute Nacht passte es ihm gut, an dem rauesten und
anonymsten Ort zu sein, den er kannte. Leider war in dieser Lasterhöhle nicht viel los. Die meisten Gäste saßen nur stumm da und betranken sich, während sie den Kellnerinnen zusahen.
Eine Frau lächelte ihn an, und er nickte ihr höflich zu, obgleich er nicht interessiert war. Eher würde er mit Blunt schlafen. Und noch viel eher mit Willa.
Er arbeitete. Wenn er arbeitete, hatte er nicht an Willa zu denken. Er musste die Kobra sein. Konzentriert. Verpflichtet. Besessen.
Irgendjemand stolperte in seine Bank, und Nathaniel schubste ihn ein bisschen, bevor der andere den Rest seines Bieres umstieß. Nathaniel hatte ihn nicht fest geschubst, aber der Kerl wandte sich um und stieß einen anderen Gast an, sodass dieser quer auf ein paar andere stürzte und dabei mindestens eine Kellnerin vom Schoß eines Gastes schubste.
Irgendjemand wollte sich diese Unterbrechung nicht gefallen lassen, wieder ein anderer wollte sich wiederum das nicht gefallen lassen, und schon war die schönste Schlägerei im Gange.
Das war doch jetzt was. Ein Kampf Mann gegen Mann würde ihm jetzt gut tun. Und doch war es irgendwie nicht richtig, einen Fremden für seinen Unmut bezahlen zu lassen. Es waren noch ein paar Stunden bis Sonnenaufgang, aber Nathaniel war sich sicher, dass Foster nicht mehr auftauchen würde.
Nathaniel stand auf. Er bewegte sich gerade noch rechtzeitig, um dem Mann auszuweichen, der auf seinen splitterigen Tisch geworfen wurde.
»Was ist los?«, schrie der Mann Nathaniel an und wischte sich das Blut von seiner gebrochenen Nase. »Steh auf und kämpfe, du elender Feigling!«
Das gab den Ausschlag. Mit großer Genugtuung packte
Nathaniel den Mann am Kragen und verpasste ihm einen Schlag in den Magen.
»Aye, so ist’s richtig«, keuchte der Mann und revanchierte sich mit einem gut platzierten rechten Haken an Nathaniels Kinn.
Während er Treffer um Treffer landete und auch einige einstecken musste, gab sich Nathaniel voll und ganz der Keilerei hin. Ja. Es ging doch nichts über einen guten Kampf.
Bis ein kleiner, bärtiger Kerl sein Messer zog.
»Was soll das?« Nathaniel hob beide Hände. »Dafür besteht kein Anlass, Sir.«
Der Mann sagte nichts, kehrte dem Aufruhr den Rücken zu und konzentrierte sich ganz auf Nathaniel. Er stieß das Messer vor. Nathaniel zog gerade noch rechtzeitig den Bauch ein, sodass die Klinge nur einen Knopf von der groben Arbeiterjacke schnitt, die er angezogen hatte, um nicht aufzufallen.
Beim nächsten Versuch erwischte die Klinge die Wolle der Jacke. Verdammt. Dem Kerl war es Ernst.
Auch Nathaniel wurde ernst. Er wollte den Mann nicht töten, aber er würde es tun, wenn es nötig war. Er versuchte noch einmal, den Kerl zu beruhigen. »Ich hab ein bisschen Geld. Ihr könntet es nehmen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden.«
Das Messer fuhr durch die grobe Wolle seiner Weste, als wäre sie
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