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Der verruchte Spion

Der verruchte Spion

Titel: Der verruchte Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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ja ganz bleich geworden. Seid Ihr sicher, dass es Euch gut geht, meine Liebe?«
    Sie wandten sich alle Victoria zu, die tatsächlich kreidebleich und mit weit aufgerissenen Augen dasaß. Sie hob eine zitternde Hand und deutete hinter sie.
    »Reardon!«
    Nathaniel drehte sich um. Instinktiv nahm er eine Verteidigungshaltung ein. Sein Stuhl kippte um, ohne dass es ihn kümmerte. Willa sprang ebenfalls auf und auch Sir Danville, wohingegen Basil von seinem Stuhl rutschte und unter dem Tisch verschwand.
    Ihnen gegenüber stand John Day. Sein vernarbtes Gesicht war vor Wut zu einer Grimasse verzogen. In seinen Händen hielt er eine Pistole, die Nathaniel als eine seiner eigenen erkannte. Er musste sie aus seinem Studierzimmer entwendet haben.
    Der Lauf war auf Nathaniels Herz gerichtet.
    Trotz seiner zitternden Finger zog Day den Hammer mit einer Leichtigkeit zurück, die von reichlich Übung sprach.
    »Ihr werdet jetzt sterben, Reardon. Ihr hättet für Euren Verrat hängen müssen. Die Justiz mag von Eurem Reichtum und Eurem Titel geblendet sein. Aber ich, ich sehe sehr klar.«
    Verschwunden war der ländliche Akzent. Seinen Platz
hatte die wohl akzentuierte Sprache der Oberschicht eingenommen. Day fuhr fort: »Wie konntet Ihr Euch gegen Eure eigenen Leute wenden? Gegen Euer Land, Euren König – Euren eigenen Vater?«
    Day machte eine ausholende Bewegung mit der Pistole und deutete auf die prachtvolle Umgebung. »Ihr habt alles. Aber ihn habt Ihr nicht mehr, nicht wahr?« Er lachte bitter. »Ich habe in den Klatschspalten gelesen, dass der alte Mann Euch befohlen hat, ihm nie mehr unter die Augen zu kommen.« Er zielte mit der Pistole wieder direkt auf Nathaniel.
    Der alte Mann. Nathaniel war plötzlich alles sonnenklar. Dieser Mann ist ein Liar.
    »Ren Porter.« Der Name verließ wie ein Hauch Nathaniels Kehle, aber Ren hatte ihn gehört.
    »Ja. Ren Porter, sehr zu Diensten. Ein getreuer Liar.« Sein zerstörtes Gesicht verzog sich vor Wut. »Ein Liar, der alles im Dienste der Krone verloren hat. Und da steht Ihr, immer noch reich, immer noch gut aussehend …« Er verneigte sich in gespielter Ehrerbietung vor Willa. »Ihr habt sogar das Mädchen gekriegt.«
    »Ren.« Nathaniel räusperte sich mühsam. »Ich freue mich zu sehen, dass es Euch gut geht.«
    »Oh ja, das tut es. Ich habe den Betrug durch meine Kameraden überlebt. James …« Kurz schien er von seinen Gefühlen überwältig zu werden. »James hat eine Auszeichnung erhalten. Wusstet Ihr das? Und ich hab das hier bekommen, dieses Gesicht und diese Gestalt. Deshalb dachte ich mir, es müsste einen Grund dafür geben.« Rens Stimme wurde fester vor Überzeugung, und die Pistole war wieder direkt auf Nathaniels Brustkorb gerichtet. »Und nun schaut Euch an. Steht da ohne einen Kratzer, in Eurem feinen Haus mit Eurer neuen Braut. Aus irgendeinem Grund kommt die Justiz nicht an solche wie Euch und James heran. Aber ich. Hier
werdet Ihr sterben, hier, wo Euch alles umgibt, was Ihr verlieren werdet.«
    Nathaniel trat weg vom Tisch, weg von Myrtle, Willa und Daphne. »Also gut«, sagte er leise. »Tötet mich.«
    Willa schrie auf und wollte zu ihm rennen. Nathaniel hob rasch den Arm. »Bleib weg!« Er wollte nicht sterben – aber er konnte es nicht erklären, nicht einmal, um Rens Schmerz zu stillen. Er konnte nur hoffen, Rens Schüsse von den Frauen fern zu halten, bis ihm etwas Besseres einfiel.
    Ren zuckte zusammen, dann schaute er hinter sich, als erwartete er einen Hinterhalt. Aber kein Dienstbote schlich sich von hinten an ihn heran. Nathaniel sagte ihm nichts von seinen Zweifeln, dass irgendein Mann in diesem Haus so etwas für ihn tun würde.
    Nathaniels gelassene Ruhe schien Ren nur noch mehr zu verstören. Sein Arm begann wieder zu zittern, und er war gezwungen, die Hand mit der Waffe mit der anderen Hand zu stützen.
    Ein einziger, erstaunlich klarer Gedanke schoss Nathaniel durch den Kopf. Er könnte mich jetzt wirklich töten. Nathaniel wollte keinesfalls sterben. Er wollte Willa nicht verlassen. Er schaute zu ihr hinüber, wie sie bleich und bewegungslos am Tisch stand.
    Er hätte mit ihr schlafen sollen, entschied er. Er hatte die Gelegenheit dazu immer wieder ungenutzt verstreichen lassen. Er hätte die Heiligkeit der Dorfhochzeit anerkennen und sie zu seiner Frau machen sollen. Vielleicht wäre sie bei ihm geblieben. Bei Willa konnte man nie wissen.
    Der Lauf der Pistole senkte sich und hob sich dann wieder. »Nein. Ihr könnt mich nicht

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