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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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ich sei Reporter und wolle einen Artikel schreiben. Sie wußten also, daß ich heute aufgepaßt habe.«
    Wir verließen die Kantine. Draußen, unter den ausladenden Platanen vor dem Theater, stand Murchisons Wagen. Nun, an der frischen Luft, spürte ich die Wirkung des Alkohols und nahm mir vor, heute nichts mehr zu trinken.
    Mike Johnson stand wie eine Schildwache neben Murchisons weißem Cadillac. Vor einiger Zeit waren die hübschen, alten Lampen hier draußen gegen Neonröhren ausgewechselt worden, und Murchisons Gesicht wirkte blaß und schwammig in diesem Licht.
    Ich stieß ihn ein wenig an und sagte:
    »Rechnen Sie etwa auch damit, daß Ihnen jemand eine Bombe in Ihren Dampfer montiert?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Alles schon dagewesen«, sagte er. »Fahren Sie hinter mir her, ja?«
    Ich nickte ihm zu. Mir fiel auf, wie groß und schwarz seine Augen wirkten, so, als ob sie nur aus der übergroßen Pupille bestünden. Es waren faszinierende Augen.
    Ich lief dorthin, wo ich meinen Wagen geparkt hatte, und als Murchisons Cadillac langsam vorbeikam, hängte ich mich an.
    Schon bald legte er ein höllisches Tempo vor. Ich blieb trotzdem dicht hinter ihm; Strafmandate würde ich ihm aufrechnen. Im Rückspiegel sah ich die Scheinwerfer von Mike Johnsons Wagen.
    Wir jagten den Colorado Boulevard entlang, bogen links ab und rasten den Sunset Boulevard in westlicher Richtung hinunter, nach Santa Monica.
    Kurz vor der Stelle, wo in der hügeligen Gegend von Beverly Hills die Lomitas Avenue einmündet, befindet sich an einer Straßenseite eine felsige Wand. Auf der anderen Seite geht es fast hundert Meter über den Felsen hinab zu einem Wiesengrund.
    Murchisons rote Stoplichter flammten plötzlich auf, erloschen, flammten wieder auf, und ich verstand, daß er mir damit irgendein Zeichen gab. Allerdings wußte ich nicht, was er mir da signalisierte. Er hatte ein wenig gebremst, aber nun schoß sein Wagen mit erhöhter Geschwindigkeit weiter. Ich fuhr links neben ihn, um ihn zu überholen. Mir war, als riefe er mir etwas zu, und ich wollte mich gerade vor seinen Wagen setzen und bremsen, als ich sah, wie er auf mich zugeschossen kam. Ich konnte ihm nicht mehr ausweichen. Er rammte mich in der Flanke, und beide Wagen schoben sich nach rechts, dem Abgrund zu. Ich steuerte dagegen, um nicht über die Böschung zu kippen, und als ich meinen Wagen endlich zum Stehen gebracht hatte, sah ich dicht hinter mir nur noch die Lichter von Mike Johnsons Wagen. Der weiße Cadillac war verschwunden!
    Ich sprang auf die Straße, hörte Mike Johnsons Wagen schleudernd und mit kreischenden Reifen auf mich zukommen, und starrte wie gelähmt in den Abgrund. Ich sah ganz unten etwas Weißes aus dem Dunkel heraufschimmern.
    Mike kam auf mich zugelaufen.
    »Verdammter Idiot!« schrie er. »Was haben Sie denn gemacht?«
    »Nichts«, sagte ich. »Er hat mich gerammt.«
    Groß und breit wie ein Haus stand er im Licht der Scheinwerfer vor mir. Seine engstehenden Augen funkelten mich bösartig an, und seine Kaumuskeln zuckten unter der Backenhaut.
    »So«, sagte er langsam. »So also wollen Sie das drehen. Er hat Sie gerammt. Daraus wird nichts, Freundchen. Ich habe deutlich gesehen, daß Sie ihn geschnitten haben. Sie sind ihm vorgefahren und haben ihn da hinunter geschnitten, das hab’ ich genau gesehen.«
    »Einen Dreck hast du gesehen«, sagte ich und machte mich daran, die Felsen hinunterzuklettern. Mike kam mir schnaufend nach.
    Wir fanden Murchison kurz vor dem Talgrund . Er war anscheinend aus seinem Wagen, der noch weiter unten lag, herausgeschleudert worden. Er lag auf dem Rücken und blutete aus einer Kopfwunde.
    Ich faßte seinen Kopf vorsichtig an, hob ihn ein wenig hoch und legte ihn sanft wieder zu Boden. Dann richtete ich mich auf und sagte zu Mike:
    »Gehen Sie hinauf und holen Sie die Polizei. Murchison ist tot. Er hat sich das Genick gebrochen.«

    Die Nacht war klar; hier in den Bergen kam ein kühler Aufwind vom Tal herauf. Die Sterne strahlten hell und ohne Flimmern. Alles um uns her war still; nur ab und zu hörte man ein Auto oben auf dem Sunset Boulevard und sah die Strahlenbündel der Scheinwerfer durch die Kurve streifen. Drüben, auf der anderen Seite des Tales, am Coldwater Canyon, krochen Autolichter klein wie Glühwürmchen dahin.
    »Wollen Sie hier Wurzeln schlagen?« fragte ich Mike. »Sie sollen hinauf gehen und die Polizei verständigen.«
    »Und Sie hauen inzwischen ab«, sagte er böse. »Nein — ich bleibe

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