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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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setzen?«
    Die meisten Krieger nickten. Der Wind wehte Asche über die Steine, auf denen sie saßen. Einige hatten sich Stofffetzen vor das Gesicht gebunden.
    »Wir hätten Srzanizar erobern, nicht vernichten sollen!«, rief einer, dessen Gesicht hinter blauem Stoff verborgen war. »Dann hätten wir jetzt eine Flotte!«
    Schwarzklaue drehte sich um und breitete die Arme aus, bis er glaubte, sie könnten die ganze Stadt umarmen. Die Skelette ihrer Häuser und Hütten ragten schwarz in den Morgenhimmel.
    »Was sind schon ein paar Schiffe gegen diesen Anblick?«, rief er. Ein paar Krieger jubelten. Schwarzklaue war sicher, dass sie aus dem Norden stammten. »Hättet ihr darauf wirklich verzichten sollen?«
    »Und was noch wichtiger ist«, sagte eine andere Stimme, »hättet ihr darauf verzichten wollen, dass eure Feinde diesen Anblick sehen?«
    Schwarzklaue fuhr herum. Daneel stieg neben ihm auf den Karren und verschränkte die Hände auf dem Rücken.
    Seltsam , dachte Schwarzklaue, dass ich nie an ihn denke, wenn ich ihn nicht sehe.
    »Diesen Anblick«, sagte Daneel, »haben eure Feinde mit über den Fluss genommen. Alle wissen jetzt, wie stark ihr seid und mit welcher Härte ihr eure Feinde straft.«
    »Dann werden sie umso entschlossener kämpfen!«, rief Ignas.
    »Ist das nicht gut?«, fragte Daneel. »Seid ihr es nicht satt, nur die Rücken der Menschen zu sehen? Wollt ihr nicht wissen, ob ihr wirklich stärker seid als sie?«
    »Natürlich sind wir das!« Ignas zog sein Schwert. Schwarzklaue legte den Kopf in den Nacken und lachte. Nicht alle schlossen sich ihm an.
    Von der Hafenmauer drang eine Stimme zu ihm herüber, setzte sich gegen das Lachen und Grölen durch.
    »Wieso die Eile?«, rief Marya. »Warum ziehen wir nicht weiter nach Süden und überqueren den Fluss erst, wenn wir bereit sind? Dann können wir Westfall immer noch von Land angreifen, so wie Korvellan es wollte.«
    »Was kümmert es dich, was er wollte?« Daneel sprang von dem Karren. Schwarzklaue sah ihn taumeln.
    »Hat er euch nicht verlassen? Ihr würdet noch immer am Ufer des Flusses sitzen und Kaninchen jagen, wäre es nach ihm gegangen!«
    »Sicherlich hatte er seine Gründe«, sagte Marya, aber sie klang unsicher. »Er weiß mehr darüber, wie man einen Krieg führt, als jeder andere hier.«
    »Er weiß mehr darüber, wie Menschen Kriege führen.« Daneel ging auf sie zu. Seine Kleidung hing an seinem Körper wie etwas Totes. »Aber ihr seid Nachtschatten. Ihr lest keine Karten, zwängt eure Krieger nicht in Einheiten, marschiert nicht im Gleichschritt. Ihr atmet Wut und trinkt Feuer. Ihr seid der Sturm, und der Sturm denkt nicht, er zögert nicht – er handelt!«
    Ich bin der Sturm. Schwarzklaue zertrümmerte den Kutschbock des Karrens mit einem Tritt. »Westfall!«, brüllte er. »Westfall!«
    Er wollte mehr sagen, wollte Daneel danken, doch nur dieses eine Wort brachte er zustande. »Westfall!«
    Es reichte.
    Die Krieger rissen die Fäuste in die Luft, nahmen den Ruf auf.
    Daneel legte Marya den Arm um die Schultern. Nach einem Moment rief auch sie: »Westfall!«
     
     
    Am nächsten Morgen bestiegen sie die Flöße. Sie hatten Masten und Segel, waren aber klein; nicht mehr als fünfzig Krieger passten auf jedes von ihnen. Sie dümpelten in der Bucht, zusammengehalten von Stricken.
    Schwarzklaue ging zwischen ihnen hindurch über den Steg. Es herrschte Chaos. Ausrüstung wurde verladen und festgebunden, es wurde gebrüllt, geflucht und gelacht. Nächtlicher Regen hatte die letzten Brände in der Stadt gelöscht und mit ihrem Rauch auch die Zweifel der Krieger vertrieben. Zumindest erschien es Schwarzklaue so, denn er hörte keine mahnenden Stimmen.
    »Wir haben unser Bestes getan, um die Flöße manövrierfähiger zu machen«, sagte Snellig, ein Bootsbauer, der aus Westfall stammte. Er saß auf einer Kiste am Ende des Stegs und aß eine Melone. Roter Saft tropfte in sein Fell.
    »Glaubst du, wir können in Westfall landen?«
    Snellig spuckte Kerne aus. »Wenn wir der Flotte entgehen und uns von den Hafenstädten fernhalten, vielleicht. Aber wenn sie uns entdecken …« Er schüttelte den Kopf. »Auf den Flößen sind wir gegen Katapulte und Langbögen schutzlos. Korvellan wusste das, deshalb hat er uns über Land geführt.«
    »Wir beide haben euch geführt«, korrigierte Schwarzklaue. Sein Blick glitt zurück zur Stadt. Wie schwarzes totes Fleisch lag sie im Grün der Hügel.
    »Ob es besser wäre, auf Korvellan zu warten?«
    Snellig

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