Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
Händen über die Hose, bis sie nicht mehr schmerzten, und trat einen Schritt zurück wie ein Diener, der seinem Herrn das Essen serviert hatte.
    Korvellan zog ein Messer aus seinem Gürtel und klopfte mit dem Griff gegen die Lehmkruste. »Perres versteht es, Fisch zuzubereiten.« Er griff nach einem Weinschlauch, der an einem Haken ging. »Komm, setz dich. Es ist genug für uns beide. Erzähl mir von deinem Tag. Was hast du erlebt?«
    Beinahe hätte Gerit getan, was er sagte. Es lag etwas in Korvellans Augen, das es leicht machte, ihm zu gehorchen.
    Gerit hatte bereits die Knie gebeugt, doch dann richtete er sich wieder auf.
    »Ich würde jetzt lieber gehen«, sagte er.
    Korvellan sah auf. Das Lächeln wich aus seinem Gesicht. »Wie du willst.«
    Gerit drehte sich um. Keinen Lidschlag länger wollte er in diesem Zelt verbringen. In Korvellans Gegenwart fühlte er sich verraten und einsam. Die Stärke, die er zuvor gespürt hatte, schien von den Fellen und Teppichen aufgesogen zu werden.
    »Gerit?« Korvellans Stimme hielt ihn auf. »Sprich mit Sommerwind. Sie kennt bestimmt ein Hausmittel für den Fleck auf deiner rechten Schulter. Ihre Mutter hat lange als Wäscherin gearbeitet.«
    Unwillkürlich drehte Gerit den Kopf. Eine grünlich weiße Spur zog sich von seiner Schulter über seinen Rücken.
    Korvellans Blicke musterten ihn. »Das sieht nach einem ziemlich großen Vogel aus, vielleicht eine der Möwen, die am Ufer nisten.«
    Er weiß, dass ich ihn belauscht habe , dachte Gerit. »Keine Ahnung.« Er versuchte seiner Stimme einen gleichgültigen Klang zu geben. Verkrampft hob er die Schultern. »Kann ich jetzt gehen?«
    »Du kannst gehen, wann immer du willst. Bei uns triffst du deine eigenen Entscheidungen.« Korvellan wandte sich wieder dem Fisch vor, öffnete die Lehmkruste langsam mit dem Griff seines Messers. Dampf stieg auf und legte einen Schleier über seine Augen. »Und lebst mit den Konsequenzen.«
    Außerhalb des Zelts war es nicht kühler als im Inneren, trotzdem atmete Gerit tief durch. Er warf einen Blick auf sein kleines Zelt, kaum mehr als ein Unterstand, keinen Steinwurf von Korvellans entfernt. Noch am Morgen war es seine Heimat gewesen, doch nun wirkte es fremd, so als hätte die Person, die darin gelebt hatte, es zurückgelassen. Er wandte sich davon ab, ging langsam durch das Lager.
    Überall saßen Nachtschatten vor den Zelten, tranken, redeten, lachten. Einige beluden bereits Karren, andere beteten zu ihren Göttern. Gelegentlich winkte ein Nachtschatten Gerit zu sich ans Feuer, aber der Junge tat jedes Mal so, als habe er es nicht bemerkt. Die Worte, die Korvellan am Morgen gesprochen hatte, trennten ihn von allen anderen wie eine Mauer. Er konnte sie nicht mehr überwinden.
    Es überraschte Gerit, dass seine Schritte ihn zu Sommerwinds Zelt führten. Die meisten Frauen und Mädchen, die im Lager lebten, teilten sich eine Unterkunft mit mehreren anderen, aber sie zog es vor, allein zu leben. Er hatte nie darüber nachgedacht und sie auch nie danach gefragt.
    Ein kleines Feuer brannte vor ihrem Zelt. Vier Nachtschatten saßen daran, drei Männer und eine Frau. Die Frau hatte ihren Kopf an die Schulter eines älteren Mannes gelegt und sang ein langsames Lied in einer Sprache, die Gerit nicht kannte. Die anderen beiden putzten Schwerter im Licht der Flammen.
    Gerit blieb in den Schatten, während er das Feuer umrundete. Er wusste, dass die Nachtschatten ihn riechen konnten, aber sie sprachen ihn nicht an. Sie lauschten dem Lied. Die Frau, die es sang, hatte eine raue Stimme und traf nicht jeden Ton. Trotzdem wäre Gerit beinahe stehen geblieben, um ihr zuzuhören. Das Lied ließ ihn an getrocknetes Heu und den ersten Schnee denken, der im Wind von den Bergen geweht wurde, an das Ende des Sommers. Es klang traurig.
    Das Feuer erhellte Sommerwinds Zelt. Es war ein altes Armeezelt aus fleckigem Stoff, gerade so hoch, dass man darin sitzen konnte. Gerit sah eine Silhouette hinter der Zeltwand. Sie bewegte sich auf und ab, glitt lautlos wie ein Geist über die Zeltwand. Eine zweite schien sich aus dem Boden zu lösen und verschmolz mit der ersten. Köpfe, Brüste, Arme, alles wurde zu einem verzerrten schwarzen, vom Feuerschein immer wieder aufs Neue gemalten Schatten. Gerit hörte jemanden stöhnen. Es war Sommerwind. Ein tiefes Knurren antwortete ihr. Schwarzklaue.
    Gerit wich langsam zurück. Er wollte nicht, dass sie ihn rochen. Nach ein paar Schritten drehte er sich um und ging am Lagerfeuer

Weitere Kostenlose Bücher