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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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gehört«, fuhr Korvellan fort, »und du stiehlst sein Mädchen.«
    Schwarzklaue hob die Schultern. »Sie hat so viel Zeit mit ihm verbracht, dass sie schon wie ein Mensch roch. Einer musste das ändern.«
    Er spürte, wie Korvellans Verärgerung in Wut umschlug. Schlamm spritzte über seine Stiefel, so heftig trat er bei jedem Schritt auf.
    »Wenn er weg ist«, sagte Schwarzklaue, »finden wir eben einen anderen.«
    Korvellan blieb stehen. »Ich werde ihn holen.«
    »Was?«
    »Er hat nur ein paar Tage Vorsprung. Selbst wenn es ihm gelungen sein sollte, die Insel zu verlassen, kann er noch nicht weiter als Gomeran gekommen sein.«
    »Bist du …« Schwarzklaue rang nach Worten, fand sie nicht und brüllte seine Wut hinaus. Vögel flatterten aus den Bäumen in den Himmel. »Wir …«
    »Vertraust du mir?«, unterbrach ihn Korvellan. Sein Ärger war verflogen, als hätten die Vögel ihn emporgetragen. »Schwarzklaue, vertraust du mir?«
    Er antwortete nicht. Seine Gedanken kehrten zurück zu dem Tag, an dem Korvellan in seinem Lager aufgetaucht war, zu dem Tag, an dem sie von den Bergen auf Somerstorm geblickt hatten, zu dem Tag, an dem Baldericks Kopf durch den Sand gerollt war.
    Er nickte.
    »Dann ist es entschieden.« Korvellan drehte sich um und verschwand zwischen den Bäumen.
    Schwarzklaue blieb zurück.
    Er stand am Ufer, als Korvellan und seine Männer das Boot bestiegen. Regen hing als grauer Vorhang über dem Wasser. Der Boden war schlammig. Zwischen den Zelten standen große Pfützen. Das Wild, das die Jäger am Morgen erlegt hatten – Rehe und Wildschweine –, lag auf einem Karren. Kein Feuer brannte, keine Kochstelle war ausgehoben worden. Der Regen hatte das Holz durchnässt.
    Wir müssen das Lager verlegen , dachte Schwarzklaue. Sie hatten den Lagerplatz ohne jede Sorgfalt gewählt, schließlich hatten sie geglaubt, nur eine Nacht dort verbringen zu müssen. Am nächsten Tag, das hatte er den Kriegern gesagt, würden sie weiterziehen, nach Süden, dem Feind und dem Sieg entgegen.
    Er sah sich um. Die Nachricht von Korvellans Abreise hatte sich schnell verbreitet. Die Nachtschatten standen in kleinen Gruppen zusammen und redeten oder saßen in Zelten, durch deren Dächer der Regen tropfte. Sie waren verwirrt und enttäuscht. Ruhm und Ehre hatten am anderen Ufer des Flusses liegen sollen, doch stattdessen mussten sie mit ansehen, wie einer der Männer, denen sie ihr Leben anvertraut hatten, sie verließ, um einem Menschen hinterherzujagen. Welcher General ließ schon seine Truppen im Stich? Das mussten sie sich fragen. Die Antwort darauf fiel nicht schwer: einer, der nicht mehr an den Sieg glaubt oder ein Ziel verfolgt, das ihm wichtiger ist als der Sieg.
    Schwarzklaue schüttelte den Regen aus seinem Fell. Er dachte nicht gern über solche Dinge nach. Menschen dachten und hinterfragten, Nachtschatten handelten.
    »Mortamer!«, rief er in Richtung des Bootes. »Du hast bis zur nächsten Blindnacht, hörst du? Keinen Tag mehr.«
    Korvellan drehte den Kopf. Die Stute, die er am Zügel führte, tänzelte nervös über das Deck. »So lange wird es nicht dauern. Wir sehen uns bald wieder, mein Freund.«
    Schwarzklaue schwieg. Korvellan schien zu erwarten, dass er noch etwas sagen würde, aber als die Worte ausblieben, wandte er sich ab.
    »Leinen los«, hörte Schwarzklaue ihn befehlen. Die Männer gehorchten ihm. Zwei von ihnen holten den Anker ein, zwei weitere setzten das Segel. Träge verließ das Boot das Ufer. Korvellan stand am Bug, den Blick auf das Wasser gerichtet. Er sah nicht zurück.
    »Ich hoffe, dass wir ihn wiedersehen«, sagte eine Stimme hinter Schwarzklaue. Sie gehörte Wolkenauge, einem der ältesten Krieger des Lagers. Er hatte ihn von Anfang an begleitet.
    »Natürlich werden wir das.« Schwarzklaues Antwort klang barscher, als er es beabsichtigt hatte. »Vor der nächsten Blindnacht wird er zurück sein.«
    Wolkenauge trat neben ihn. Er kratzte sich am Kopf, spuckte aus und kratzte sich noch einmal. Seine seltsam grauen Augen musterten Schwarzklaue.
    »Was ist los?«
    Der alte Krieger zeigte mit einer Klaue auf das Boot, das allmählich im Regen verschwand. »Ich frage mich nur, wieso er diese Männer mitgenommen hat. Er hat sich die stärksten und ausdauerndsten Pferde ausgesucht. Das ist vernünftig. Aber diese Männer …«
    Er schüttelte den Kopf.
    Schwarzklaue sah dem Boot nach. Er kannte die Krieger nicht, die darauf standen. Sie waren wohl erst nach der letzten Schlacht zu ihnen

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